Kleiner Chip, große Wirkung

01.11.2001
Heutige Mainboards sind Träger hochentwickelter Elektronik. Neben dem Prozessor und dem Speicher beeinflussen sie maßgeblich die Geschwindigkeit eines Computers. Zusätzlich müssen sie noch weitere Funktionen übernehmen.

Moderne Prozessoren reagieren sehr empfindlich auf zu hohe Temperaturen. Kein Wunder: Schließlich wird in die kleinen, Daumennagel-großen Chips zwischen 40 und 80 Watt an elektrischer Leistung hinein gepumpt. Ohne aufwendige und leistungsfähige Kühlkörper würden sie innerhalb weniger Sekunden durchbrennen. Sieht man von modernen Heatpipes ab, arbeiten alle Kühlsysteme mit einem elektrischen Lüfter, der die Abwärme der CPU in das Rechnergehäuse bläst. Doch was passiert bei einem Lüfterausfall?

In der Regel sollte das Mainboard in der Lage sein, einen Lüfterausfall zu bemerken und selbstständig Gegenmaßnahmen einzuleiten. Doch nicht alle Motherboards besitzen solche Mechanismen. Das beginnt schon bei der Messung der Temperatur des Chips. Auf den meisten Boards befindet sich unterhalb der Prozessorfassung ein Temperaturfühler, der die abgestrahlte Wärme der CPU erfasst. Da dieser aber nicht direkt am Chip befestigt ist, braucht er eine gewisse Zeit, um eine Temperaturerhöhung registrieren zu können. Außerdem erfasst er nicht die tatsächliche Temperatur, sondern, bedingt durch den Abstand zur CPU, einen geringeren Wert.

Intel hat deshalb schon seit längerem in seine Prozessorchips eine so genannte Messdiode integriert. Hierüber lässt sich anhand des Temperaturkoeffizienten von Silizium (2mV pro Grad Celsius) sehr genau und reproduzierbar die tatsächliche Temperatur des Dies ermitteln. Selbstverständlich hat es Intel auch nicht versäumt, eine Schutzschaltung in den Prozessor einzubauen. Steigt die Temperatur an, erniedrigt die Schutzschaltung automatisch die Taktfrequenz, und der Chip kühlt ab.

Im Fehlerfall arbeitet der Prozessor dann einfach langsamer. Keineswegs darf die Taktfrequenz für die CPU komplett abgeschaltet werden, denn das würde einen Programmabsturz und somit Datenverlust bedeuten.

Den neuen CPUs von AMD haben die Entwickler ebenfalls eine Temperaturmessdiode spendiert. Mit speziellen Motherboards lässt sich nun auch bei AMD-Prozessoren recht genau die Temperatur innerhalb des Chips messen. Allerdings haben die Entwickler auf eine interne Schutzschaltung verzichtet. Das bedeutet: Ein AMD-Prozessor kann bei Ausfall der Kühlung durchbrennen. Eigentlich ist es unverständlich, auf diesen Schutzmechanismus zu verzichten. Denn die Technologie dafür besitzt AMD schon lange. Alle Notebook-CPUs des Chip-Herstellers sind mit diesem Mechanismus ausgestattet.

Thermal-Management

Die internen Schutzmechanismen sollen das Überleben des Prozessors auch unter ungünstigsten Voraussetzungen sichern. Mit einer intelligenten Steuerung der Lüfter durch das Motherboard kann der PC aber auch wesentlich geräuschärmer werden. Die meisten Lüfter sind auf extreme Bedingungen hin ausgelegt. Nun wird aber nicht jeder PC direkt neben einem Heizkörper platziert, wo allein schon die Umgebungstemperatur vollen Lüftereinsatz fordert. In vielen Fällen reicht ein reduzierter Luftstrom völlig aus, um die CPU genügend zu kühlen. Hierbei spielt die interne Messdiode im Prozessor eine entscheidende Rolle. Da die Messung jetzt direkt auf dem Chip stattfindet, kann die Regelung um einiges schneller eingreifen und die Drehzahl des Lüfters dementsprechend einstellen.

Fujitsu Siemens baut in seine Motherboards einen speziellen Chip ein, der Temperaturen und Betriebsspannungen überwacht. Der Chip reguliert sämtliche Temperaturen (CPU, System und Zuluft). Dazu überprüft er den Prozessor-, den Netzteil- und, falls vorhanden, auch den Gehäuselüfter. Außerdem werden die Spannungen des Netzteils (5 und 12 Volt) überwacht. Und schließlich kontrolliert der Chip noch den CPU-Takt.

Vorteile dieser Hardware-Lösung: Vom Prozessor wird keine wertvolle Rechenzeit abgezogen. Das System ist, ohne Anpassungen vornehmen zu müssen, für alle CPUs und Betriebssysteme geeignet.

Und das System bietet hohe Zuverlässigkeit auch bei Funktionsstörungen des Prozessors.

Die Motherboards von Fujitsu Siemens erlauben drei Einstellungen des Lüfterverhaltens im Bios:

Silent:

- geringstmögliche Geräuschentwicklung durch Heruntertakten der CPU, bevor der Lüfter hochgeregelt wird;

- bei den meisten Office-Anwendungen ist es nicht nötig den Lüfter überhaupt einzuschalten, da hier nicht unbedingt eine hohe Rechenleistung erforderlich ist.

Auto:

- maximale Performance bei möglichst geringer Geräuschentwicklung.

Maximum Performance:

- Maximale Kühlung durch volle Drehzahl aller Lüfter.

Mittels einer speziellen Software (Deskview) lassen sich alle gemessenen Parameter auf dem Bildschirm anzeigen.

Mit Intel-CPUs arbeitet die Hardware problemlos zusammen. Mit den neuen Athlon-XP-Prozessoren aber nur bedingt. Zwar enthalten die CPUs auch eine Messdiode, mit der sich die Drehzahl des Lüfters steuern lässt, aber das Heruntertakten funktioniert noch nicht zufriedenstellend. Nach Aussage eines Mitarbeiters von Siemens kühlen sich AMD-CPUs nach Erniedrigung der Taktrate nicht ab. Sie heizen sich weiter auf. Und ein komplettes Abschalten der CPU würde einen Datenverlust nach sich ziehen.

ComputerPartner Meinung:

Der Prozessor gehört mit zu den teuersten und thermisch am meisten beanspruchten Bauteilen eines Computers. Deshalb ist ein Schutz- und Überwachungsmechanismus für diesen Chip unverzichtbar. Besonders wichtig ist das bei Servern. Denn hier zieht ein Absturz mit nachfolgendem Datenverlust einen Stilstand des gesamten Systems nach sich. Und der ist auf jeden Fall teurer als ein ausfallsicherer Schutzmechanismus. (jh)

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