Kommentar

12.10.1998

Lohnt sich ein Engagement im CAD-Markt für mich?" Diese Gretchenfrage stellt sich so mancher VAR aus gutem Grund. Die derzeitigen Kenndaten dieses Marktsegments können sich sehen lassen und klingen verlockend. Rund 1,9 Milliarden Mark setzte die Branche im vergangenen Jahr mit dem Verkauf von Softwarelizenzen und Dienstleistungen in Deutschland um. Das kommt einer Steigerung von 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr gleich. Und auch für 1998 rechnen die Anbieter mit satten Gewinnen, und inzwischen schreiben fast alle beteiligten Hersteller wieder schwarze Zahlen. Das war nicht immer so und ist sicherlich auch einer der Gründe, warum sich so mancher VAR zögerlich zeigt, im CAD-Markt tätig zu werden. Denn kaum ein anderer IT-Markt ist so vom Hoch und Tief der Konjunktur abhängig wie der CAD-Bereich. Brummt der deutsche Maschinen- und Anlagenbau, geht es der Automobilbranche wie der Elektroindustrie gut, dann klingeln bei CAD-Anbietern wie auch ihren Partnern die Kassen. Doch was, wenn Deutschlands Vorzeigeindustrie mal wieder am Boden liegt? Ist dann nicht gleich die ganze Existenz gefährdet? Für die Riege der Hersteller kann ein derartiges Szenario tatsächlich lebensbedrohend sein. Doch die Chancen, als VAR in solchen Krisenzeiten zu überleben, sind ungemein höher. Denn er kann im Gegensatz zum Hersteller flexibler auf Marktentwicklungen reagieren. Wer rechtzeitig erkannt hat, daß mit dem Lizenzgeschäft von CAD-Software kaum noch Margen zu erzielen sind und selbst der Verkauf hochwertiger Hardware keine nennenswerte Gewinne mehr abwirft und deshalb in Nischenmärkten im CAD-Umfeld oder gar in der Dienstleistung sein Heil suchte, reibt sich heute die Hände. Alleine der Umsatz im Servicebereich schnellte um fast 25 Prozent (!) von 483 Millionen Mark in 1996 auf 600 Millionen Mark im vergangen Jahr hoch. Tendenz: Weiterhin stark steigend.Die Triebfeder für diesen Anstieg ist schnell ausgemacht: Kamen früher vorwiegend Großunternehmen nicht umhin, sich von Spezialisten ihre CAD-Lösungen auf die sich ständig ändernden Produktionsprozesse und Verfahrensketten anpassen zu lassen, sehen sich heute vermehrt auch mittlere und kleinere Unternehmen diesem Zwang ausgesetzt, wollen sie ihre Wettbewerbsfähigkeit behalten. Die Zulieferindustrie in der Automobilbranche weiß ein Lied davon zu singen. Hier bieten sich gerade für Systemhäuser und VARs gute Verdienstmöglichkeiten.

Doch selbst für IT-Lösungsanbieter, die sich noch nicht fit genug fühlen, Kunden CAD-Dienstleistung aus einem Guß anzubieten, kann es sich lohnen, in diesen Markt einzusteigen. Zu beobachten ist nämlich auch, daß beispielsweise die Nischenmärkte "Architektur" und "Grafische Informationssysteme (GIS)" prima gedeihen. Marktbeobachter stellen fest, daß gerade von Architekturbüros, in denen zumeist Zeichenbretter noch das Arbeitsmittel Nummer Eins darstellen, ein enormer Nachholbedarf in Sachen IT-Ausstattung ausgeht. Die Marktauguren erklären das damit, daß eine neue Generation an Baumeistern herangewachsen sei, die CAD bereits als integralen Bestandteil ihrer Ausbildung kennen- und offensichtlich schätzengelernt haben. Wer also als VAR erste Erfahrungen im CAD-Markt machen möchte, überschaubare Projekte sucht und Erfahrung im Servicebereich sammeln will (z.B. Übernahme von Altzeichnungen), ist hier sicherlich gut aufgehoben.

Christian Meyer cmeyer@computerpartner.de

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