Kommentar

15.10.1998

Das war's dann wohl. Der Kauf der Vobis-Gruppe samt Maxdata und Peacock durch den amerikanischen Broadliner CHS Electronics ist allem Anschein nach aufgrund finanzieller Probleme geplatzt. Zwar wird der Fehlschlag derzeit noch nicht bestätigt. Dennoch dürfte ein Eingeständnis des Scheiterns von offizieller Seite her nur noch eine Frage von wenigen Tagen sein. CHS-Boß Claudio Osorio müßte damit eine große Schlappe einstecken.Dabei schien alles schon in Sack und Tüten: Beide Parteien, die Kölner Metro AG und CHS, waren sich bereits im Juli über den Deal einig, das Kartellamt hatte zugestimmt, und die Pläne, die die Beteiligten kurz nach Bekanntwerden der spektakulären Übernahme bekanntgegeben hatten, schienen wohl durchdacht. So war beispielsweise für den kurzzeitigen Vobis-Chef Joachim Gut der Umbau des Unternehmens in eine lupenreine Einzelhandelskette beschlossene Sache. Die Highscreen-Produktion sollte künftig unter der Regie von Maxdata in Marl laufen. Nach Abschluß der Sanierungs- und Umbauarbeiten bei Vobis wollte man den Verkauf des PC-Händlers in Erwägung ziehen. Maxdata-Geschäftsführer Holger Lampatz ließ sich schon als "President Private Label" bei CHS feiern und sah seine Eigenmarken Belinea und Artist auf dem Weg zu Weltmarken. Und der deutsche CHS-Statthalter Helmut Schmitt frohlockte angesichts der Möglichkeit zur PC-Assemblierung. Vor allem die Aussicht auf Channel-Assembly ließ bei dem ehemaligen Merisel-Manager Freude aufkommen. Sein damaliger Kommentar: "Es gibt keinen großen PC-Markenhersteller, der sich noch nicht bei uns gemeldet hat und mit uns zusammenarbeiten will."

Doch nun ist vieles davon nur noch Makulatur, und die Spekulationen um die Zukunft der Vobis-Gruppe nehmen ihren Lauf: Werden die Besitzverhältnisse von Vobis, Maxdata und Peacock vielleicht neu geordnet? Kauft CHS dann vielleicht nur Vobis? Ohne die PC-Produktion allerdings dürfte der PC-Händler für den Disti nutzlos sein. Oder kommen nun vielleicht andere Kaufinteressenten, die im Sommer ebenfalls Interesse an der Metro-Tochter geäußert hatten, zum Zug, und geht CHS am Ende völlig leer aus?

Wie auch immer: Der kaufwütige CHS-Chef Osorio, über dessen Finanzierungskünste sich schon mancher Branchenkenner gewundert hat - immerhin leistete sich der Venezolaner in den vergangenen vier Jahren mehr als 30 Firmen -, dürfte jetzt mehr als ein Problem haben: Nachdem die Akquisitionen in Europa weitgehend abgeschlossen waren, wollte sich Osorio in diesem Jahr verstärkt in Amerika umschauen. US-Großhändler mit einem konsolidierten Umsatzvolumen von 2,5 Milliarden Dollar sollten eingekauft werden. Und damit nicht genug: Die anvisierten Unternehmen müßten unbedingt profitabel arbeiten, gab Deutschland-Chef Schmitt vor. Zwar ist Osorio in Amerika bereits mit der Übernahme des Telekommunikationsdistributors Brightstar Corp. ein Deal gelungen. Dennoch dürften weitere Aufkäufe aufgrund der augenscheinlich schlechten finanziellen Situation schwierig werden. Die Aufholjagd im Kampf um die weltweite Vorherrschaft unter den Distributoren könnte damit jäh gestoppt sein.

Susann Naumann

Zur Startseite