Kommentar

24.09.1998

Seit fast zehn Jahren prophezeien PC-Hersteller den endgültigen Durchbruch des Notebooks als Erstgerät auch bei Privatkunden. Doch bisher ist davon wenig zu spüren. Das liegt zuallererst an dem immer noch beträchtlichen Preisunterschied zum gleich gut ausgestatteten Schreibtisch-PC. Auch wenn mobile Einstiegsgeräte Anfang nächsten Jahres unter 2.000 Mark zu haben sein sollten - wie das Winfried Hoffmann, Europa-Chef von Fujitsu, vollmundig verspricht -, so ist damit zu rechnen, daß vergleichbare Desktop-Maschinen gleichzeitig immer noch um ein paar hundert Mark billiger angeboten werden.Da für den Privatkunden der Preis bei weitem das wichtigste Auswahlkriterium ist, wird er sich vornehmlich für den stationären PC entscheiden. Es mag sein, daß in Japan jeder zweite verkaufte Computer tragbar ist, doch spielen sicherlich die winzigen Wohnungen im Land der aufgehenden Sonne eine nicht unerhebliche Rolle. In Deutschland hingegen stehen im Schnitt jedem Bewohner fast 40 Quadratmeter zur Verfügung, dem kaufkräftigeren PC-Nutzer sicherlich noch mehr. Will also ein etwas ambitionierterer Anwender seinen PC nur in seinen eigenen vier Wänden nutzen, kauft er sich ein Desktop-Gerät. Für den Fall, daß er auf seinem Computer nicht nur Briefe schreiben, sondern auch anspruchsvolle PC-Spiele oder Edutainment-Angebote nutzen möchte, kommt er um einen größeren Bildschirm und bessere Upgrade-Möglichkeiten mit Sound-, Grafik- und Video-Equipment nicht umhin. Müßte der Kunde dafür einmal seinen PC aufschrauben, stünde er mit einem Notebook ohnehin auf verlorenem Posten.

Deshalb sollte der Fachhandel nicht etwa den technisch versierten Anwender ins Visier nehmen, sondern den PC-Anfänger. Vor allem Frauen sind die großen Kisten auf dem Schreibtisch oft ein Greuel im Auge. Ein kleines schickes Notebook würde hingegen der Ordnungsliebe meiner Frau ganz gewiß entgegenkommen. Konsumenten, die nur ihren üblichen Schreibkram zu Hause erledigen wollen, ohne sonstiges Multimedia-Brimborium, genügt also ein einfach ausgestattetes Notebook. Hier wäre dann auch der Preis kein Kaufhindernis, da bei einem Einstiegsgerät sicherlich kein 14,1-Zoll-TFT-Bildschirm, 64 MB Arbeitsspeicher oder ein DVD-Rom-Laufwerk vonnöten wären.

Trotzdem ist ein einfach ausgerüstetes Notebook für den PC-Anfänger erklärungsbedürftig. Und genau darin liegt die große Chance des Fachhandels. Er sollte dieses Feld nicht den Retailern oder Supermarktketten überlassen. Um so mehr als im Falle eines Defekts auch ein technisch bewanderter Kunde oft vor einer unlösbaren Aufgabe steht. Hier liegt es sicherlich nahe, dem Endverbraucher den Kauf eines Markengerätes zu empfehlen, schon um die manchmal notwendigen Serviceleistungen seitens der Hersteller zu gewährleisten. Der Preis ist dann nicht mehr das alleinige Kaufmotiv.

Sobald jedoch der Erstkäufer von seinem PC aus auch ins Internet möchte, ist er mit einem Notebook denkbar schlecht beraten. Der Preis der dazu notwendigen PCMCIA-Karten übersteigt (noch) das häusliche Budget. Hier ist der Endverbraucher mit einem gängigen Desktop-PC immer noch besser bedient. Man könnte ihm aber das Notebook als Zweit-PC schmackhaft machen, ähnlich dem Handy bei vorhandenem Festnetzanschluß oder dem Zweitwagen. Immerhin haben diese Optionen ihre Daseinsberechtigung mehr als einmal bewiesen, sei es weil die Tochter wieder mal stundenlang telefoniert oder die Ehefrau den großen PKW für den Wochenendeinkauf gebraucht hatte.

Ronald Wiltscheck

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