Kommentar

27.08.1998

Mit Freunden soll man bekanntlich keine Geschäfte machen. Freundschaft, lautet eine Redewendung, hört da auf, wo das Geld anfängt. Im Geschäftsleben ist das ganz anders. Wo im normalen Leben eine Freundschaft endet, da beginnt sie im Geschäftsleben erst: beim Geld. Insofern ist der Ausdruck "Geschäftsfreund", legt man den alltäglichen Sprachgebrauch zugrunde, ein Unwort, weil er für ein Verhältnis steht, was es eigentlich gar nicht gibt. Richtig wäre es demzufolge, immer nur von "sogenannten Geschäftsfreunden" zu sprechen.Wie auch immer: Geld ist für eine "Freundschaft" ein verdammt dünnes Fundament. Wie dünn, das mußte zum Beispiel der kleine Distributor Icon Systems GmbH in Oberhaching Ende letzten Jahres erfahren. In groben Zügen lautet die Geschichte so: Am 18.11.1997 erhielt Icon-Geschäftsführer Markus Winkler ein Telefax von Mathias Lehmann, General Manager bei der Sun Microsystems GmbH in Grasbrunnn und verantwortlich für den Geschäftsbereich Sunsoft, sowie von Sun-Justitiarin Ulrike Weinbrenner. Der Inhalt des Schreibens: Fristlose Kündigung des Distributionsvertrages. Der Grund für die Beendigung der "Geschäftsfreundschaft": das Geld. Icon stand bei Sun mit rund 215.000 Dollar in der Kreide. Auch eine Frist zur Tilgung der Teilschuld hatte Icon verstreichen lassen. Das war für Sun der letzte Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte. Die Konsequenz: siehe oben.

Noch am selben Tag verschickte Sun-Manager Lehmann E-Mails an Kunden von Icon und erklärte, daß "mit heutigem Datum der Distributionsvertrag zwischen Sunsoft und der Firma Icon Systems aufgelöst" worden sei und man sich "für zukünftige Bestellungen" an die Distributoren CHS, Schneider & Koch sowie Workstation 2000 wenden solle. Ebenfalls am selben Tag schrieb Sun-Mitarbeiterin Gabriele Kaczmarek an den Geschäftsführer der IPS GmbH in Bremen, daß Icon Systems "ab dem heutigen Datum keine Sunsoft-Produkte mehr verkaufen" dürfe, und fügte hinzu: "Bitte stornieren Sie schriftlich/Fax sämtliche laufenden Bestellungen bei Icon und führen diese Bestellungen 1:1 der DNS zu."

Pech nur für die Briefeschreiber bei Sun: Sie waren zu einer Kündigung rein formal gar nicht berechtigt. Denn Icon hatte einen direkten Vertrag mit der amerikanischen Sunsoft Inc. in Kalifornien, und die deutsche Vertretung konnte keine Vollmacht vorweisen.

Klar, daß sich die beiden "Geschäftsfreunde" vor Gericht wiederfanden. Durch die rechtlich nicht gültige Kündigung sowie vor allem durch den auch vom Gericht bestätigten Boykottaufruf von Sun-Mitarbeitern an die Icon-Kunden sei, so Icon, dem Distributor ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstanden. Konsequenterweise klagte der Distributor daraufhin auf Schadensersatz. Das Verfahren ist noch anhängig.

Eins ist klar: Von Freundschaft kann hier sicher keine Rede sein. Zu kitten ist in diesem Verhältnis zwischen Icon und Sun auch nichts mehr. Und noch ein zweites ist klar: Beide Parteien haben Mist gebaut. Der eine mußte zahlen und konnte nicht, der andere wollte kündigen und durfte nicht. Sollen doch beide einen Schlußstrich unter die Sache ziehen und ihre Energie wieder auf das wesentliche konzentrieren: Kunden gewinnen, Umsatz generieren, Gewinn erwirtschaften. Damian Sicking

Zur Startseite