Kommentar

07.09.1998

Derzeit ist eigentlich nur eins klar: nämlich daß nichts klar ist. Diejenigen, die es wissen müßten, sagen entweder aus Tradition nichts (Metro) oder befinden sich im Urlaub. VobisChef Gert Hügler tuckert mit Frau und seinen beiden Töchtern im Wohnmobil durch Frankreich, und auch sein Kollege Holger Lampatz von Maxdata in Marl hat pünktlich mit Beginn der Schulferien mit Frau, Sohn und Tochter die Urlaubskoffer gepackt.Somit ist die Branche bei der Frage, ob und an wen die Metro ihre Tochter Vobis mitsamt den Enkelkindern Maxdata und Peacock verkauft, auf sich gestellt und kann der Phantasie freien Lauf lassen. Das Ergebnis: Fast jeden Tag wird eine andere Sau durchs Dorf gejagt. Angeblich haben bereits Kaufinteresse signalisiert:

- der britische PC-Filialist Dixons (soll schon wieder einen Rückzieher gemacht haben)

- Kingfisher, seit kurzem Mehrheitseigner der deutschen Wegert-Gruppe ("Promarkt")

- die amerikanischen Großdistributoren CHS, Ingram und Tech Data

- sogar Fujitsu soll, wie man hört, in dieser Sache das Feld sondiert haben.

Die US-Distis sind sicherlich nur an Maxdata und Peacock interessiert. Kein Distributor wird so dumm sein, sich eine Einzelhandelskette ans Bein zu binden und damit in Konkurrenz zu seinen Kunden zu treten. Der designierte Ingram-Macrotron-Chef Michael Kaack signalisierte inzwischen seinen Leuten, daß Ingram mit Vobis nichts am Hut habe.

Eine Schlüsselrolle in diesem Szenario spielt Maxdata-Chef Lampatz. Denn er hält nicht nur 36 Prozent der Geschäftsanteile von Maxdata, sondern zudem 51 Prozent der Stimmrechte. Und: Bevor er am 26. Juni in seinen dreiwöchigen Urlaub aufbrach, hat er seiner Führungscrew noch hinterlassen: "In den nächsten drei Wochen passiert in dieser Angelegenheit nichts."

Schließlich geht es auch ums Geld. Mehr als eine Milliarde Mark, die als Kaufpreis gehandelt werden, sind eine Menge Holz. Zumal hinter den Perspektiven des Einzelhandelsgeschäftes der Vobis AG (Verlust 1997: fast 20 Millionen Mark) ein dickes Fragezeichen steht. Die zunehmende Konkurrenz branchenfremder Vertriebskanäle (Aldi, Lidl) macht Vobis & Co. schwer zu schaffen. Es mehren sich sogar Stimmen, die die PC-Shops ê la Vobis, Comtech und Schadt als Auslaufmodell bezeichnen. Nach einer IDC-Prognose werden die sogenannten "Vendor Stores" weiterhin an Marktbedeutung einbüßen. Laut Fujitsu-Geschäftsführer und RetailSpezialist Uwe Mottner etwa hat der "spezialisierte Computer-Retailer mittel- bis langfristig keine Überlebenschance." Er sieht die sogenannten "Non dedicated retailer" wie die Elektronikketten (Media-Markt, Saturn) auf der Gewinnerstraße im Privatkundengeschäft mit PCs.

Den interessierten Beobachtern des PC-Marktes bleibt in puncto Vobis-Verkauf derzeit nur eins: abwarten, wie sich die Dinge weiterentwickeln. Getreu dem bayerischen Motto: "Schau'n wir mal, dann sehn wir's schon."

Damian Sicking

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