Kommentar

16.09.1999

Compaq macht sich auf den Weg zum Lösungsanbieter. Vom reinen PC-Verkauf wollen sich die Texaner verabschieden. Eingeleitet hatte diese strategische Entwicklung noch Eckhard Pfeiffer. Seine Überzeugung, Compaq könne als reiner Computerhersteller bei sinkenden Margen und immer schärferem Wettbewerb nicht mehr überleben, mündete in der Übernahme von Digital.Der Weg zum IT-Unternehmen mit einem lösungsorientierten Angebot gestaltet sich für die Texaner aber äußerst problematisch: Erstens ist die DEC-Integration kostenintensiv und geht nur schleppend vorwärts. Zweitens setzt Compaq künftig verstärkt auf das Online-Geschäft, um auch weiter gegen Wettbewerber Dell bestehen zu können (siehe dazu auch Artikel auf Seite 22 und 23 dieser Ausgabe). Und damit macht sich der Hersteller in seinem traditionellen Vertriebskanal nicht nur Freunde.

Derzeit ist das Schlagwort "Lösungsanbieter" nur eine Vision, die von Compaq und seinen Partnern erst einmal mit Leben gefüllt werden will. Der Pfeiffer-Nachfolger, Michael Capellas, setzt auf technologische Innovation: So sieht er in der drahtlosen Kommunikation große Chancen und führt bereits strategische Gespräche mit Unternehmen aus der Mobilfunkbranche. Mit welchen Firmen er eine Allianz anstrebt, verrät er allerdings noch nicht.

Das verstärkte Engagement des Herstellers im Internet - unter dem Namen "Non-Stop-Solutions" - sieht die deutsche Systemhausszene pragmatisch. Compaq bleibe nichts anderes übrig, wenn sie weiter im Geschäft bleiben wollten, lautet die gängige Antwort der Partner. Die wenigsten werden sich künftig auf ausschließlich einen Anbieter verlassen: Denn Direktanbieter Dell hat den Weg aufgezeigt und die anderen werden folgen müssen, wenn sie im Geschäft bleiben wollen.

Dennoch funktioniert der deutsche Markt anders als der nordamerikanische: Während der Direktanbieter in den USA unbestrittene Erfolge vorweisen kann, bleibt der deutschen Dell-Niederlassung der Durchbruch nach wie vor verwehrt. Compaq, vom Handel hierzulande als "stark partnerorientiert" bezeichnet, konnte dagegen seinen Marktanteil im zweiten Quartal 1999 von 9,1 Prozent im Vorjahr auf 12,8 Prozent in diesem Jahr ausbauen. (Dell sieht sich dagegen erst in zwei Jahren mit einem Marktanteil von zehn Prozent, so Deutschlandchef Bernadi.) Laut Dataquest verkaufte Compaq von April bis Juni 171.000 Rechner. An diesem Erfolg waren auch die Partner nicht unbeteiligt: Denn 85 Prozent seines Deutschlandumsatzes macht das Unternehmen hier über den Handel, so ein Marktkenner.

Ob nun Lösungsanbieter oder reiner PC-Verkauf, so schnell wie so mancher vermutet, kann sich der Hersteller nicht von seinen Partnern an der Verkaufsfront trennen: die Logistik für einen flächendeckenden und reibungslosen Vertrieb sowie spezifische Serviceleistungen fehlen dem Hersteller. Die Partner haben sie, teilweise für viel Geld, aufgebaut.

Im Zuge der Wandlung - sollte die DEC-Integration dann Ende des Jahres vielleicht doch abgeschlossen sein, wie Capellas verspricht - wird Compaq auch seine Partnerliste einer genauen Prüfung unterziehen: Im Geschäft werden Händler und Systemhäuser bleiben, die selber Service und Lösungen anbieten. Für Kistenschieber wird dann auf der Compaq-Homepage kein Platz mehr sein.

Cornelia Hefer

chefer@computerpartner.de

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