Kommentar

07.01.1999

Wie Thomas Bär, Microsoft-Produktmanager für Office 2000, am letzten Wochenende geschlafen hat, weiß ich nicht. Aber nach dem Anruf von ComputerPartner am Freitag nachmittag hatte er ein Problem.Auslöser der Misere war eine unscheinbare Fußnote in den Lizenzbestimmungen zu den neuen Officeprodukten. Danach erlöschen bei bestimmten Kombinationen von 0ffice-2000-Updates mit Office 97 bestehende Lizenzen. Wer beispielsweise von Office 97 Professional auf die 2000er Small Business Version upgradet, verliert die Lizenz für Powerpoint und Access. Das sagt Microsoft auch ganz deutlich in den Lizenzbestimmungen zu den Produkten.

Das bedeutet nun aber, daß eine teuer erworbene Software nach einem Update plötzlich als Raubkopie auf dem Rechner existiert. Mit dieser Aussage konfrontiert, versuchte Bär sich aus der Affäre zu ziehen. "Für die gesamte Office-Reihe gelten die Lizenzen nicht für Einzel-Applikationen, sondern für das komplette Paket." Damit erkennt der Softwaregigant bei bestimmten Kombinationen der Anwendungen den Usern selbstherrlich einige Applikationen einfach ab.

Diesmal ging der Schuß jedoch nach hinten los. Die Programmierer der Installationssoftware wußten nämlich offensichtlich nichts von diesem juristischen Schachzug. Geplant war, daß die Installationssoftware von Office 2000 nicht mehr lizenzierte Programme von der Festplatte löschen sollte. Das tut sie aber nicht. Beim Aufspielen des Upgradeprogramms ersetzen die neuen Office-2000-Versionen nur die alten Applikationen. Powerpoint und Access werden nicht angetastet. Um die Lizenzbestimmungen von Microsoft zu erfüllen, müßte jetzt der Anwender selbst Hand anlegen und die beiden Programme löschen. Doch wer kann das schon - und vor allem: Wer macht das auch? Damit werden wir automatisch ein Volk von Raubkopierern.

Bislang wußte offenbar niemand bei Microsoft von dem Fehler. Erst der Anruf von ComputerPartner brachte die Lawine ins Rollen. Schätzungsweise dürften am vergangenen Wochenende die Telefonleitungen nach Amerika geglüht haben. Denn ohne Absprache mit dem Mutterhaus in den Staaten wollte auch Bär keine weiteren Angaben machen. Entweder ändert Microsoft die Installationsroutine - oder aber der Softwaregigant muß zähneknirschend die Lizenzbedingungen ändern. Jedenfalls dürften die Juristen von Microsoft damit wieder ordentlich zu tun haben.

Hans-Jürgen Humbert

hhumbert@computerpartner.de

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