Kommentar

06.04.1999

Nach dem Europaparlament im vergangenen Jahr hat jetzt auch der EU-Ministerrat dem neuen Gewährleistungsrecht abschließend zugestimmt. Bis 2001 muß die Regelung dann in nationales Recht umgewandelt werden. Für den deutschen Einzelhandel wird es künftig zwei einschneidende Änderungen geben: Erstens steht Endkunden künftig von seiten des Handels eine Garantie von zwei Jahren auf alle neuen Gebrauchsgüter - also auch Hard- und Software - und von einem Jahr auf gebrauchte Produkte zu. Bisher konnten Verbraucher in Deutschland gerade mal sechs Monate einfordern. Zweitens: Sobald die neue Gewährleistungsfrist in Kraft tritt, muß der Verkäufer belegen, daß die Ware zum Zeitpunkt des Verkaufs in Ordnung war. Bisher hat das geltende Recht dem Endkunden die Beweislast bei Reklamationen zugewiesen.Die Verbraucherverbände jubeln, der Einzelhandel knirscht mit den Zähnen. Zu Recht. Denn die Vorgabe aus Brüssel zielt alleine auf das Verhältnis zwischen Handel und Verbraucher ab. Greift der deutsche Gesetzgeber hier nicht ein - die konkrete Umsetzung der EU-Richtlinie bleibt immerhin den europäischen Einzelstaaten überlassen -, hat der Wiederkauf gegenüber der Industrie im schlimmsten Fall weiter nur Anspruch auf sechs Monate Garantieleistung. Denn Herstellergewährleistungen "sind zusätzliche Leistungen der Industrie, die freiwillig sind". Gewährleistung meint also "das gesetzlich verbriefte Recht des Verbrauchers gegenüber dem Einzelhändler". So jedenfalls definiert der HDE (Hauptverband des Deutschen Einzelhandels) das juristische Begriffschaos.

Der IT-Fachhandel sieht der Änderung dennoch größtenteils gelassen entgegen, weil er auf die Kooperation der Industrie setzt. Die IT-Hersteller, zumindest im Anpreisen von Partnerkonzepten und Fachhandelsunterstützung vorbildlich unterwegs, sind jetzt also gefordert. Lassen sie ihre sogenannten "Partner" am Point of Sale die von Brüssel eingebrockte Suppe alleine auslöffeln? Oder greifen sie ihrem so hochgelobten Vertriebskanal hier unter die Arme? Es wäre damit an den Herstellern, ihre Fachhandelskonzepte mit Leben zu füllen und Versprechungen einzuhalten: zum Beispiel durch zusätzliche Garantie- und Serviceleistungen, die dem Partner vor Ort zusätzliche Kosten und vor allem personalintensiven Arbeitsaufwand vom Hals halten.

Festzuhalten bleibt, daß einige Anbieter bestimmter Produktsegmente bereits vorbildliche Leistungen für Fachhandel und Endkunden bereithalten: Im Festplattenbereich geben bestimmte Hersteller sogar bis zu fünf Jahre Garantie; bei den Monitorherstellern ist das Minimum mittlerweile drei Jahre. Der Handel honoriert dieses Vorgehen, indem er weiter auf diese Anbieter setzt und ihre Produkte im Sortiment führt - auch wenn sich aufwendige Garantieleistungen im Verkaufspreis niederschlagen. Langfristig werden dementsprechend Hersteller von Billigprodukten mit nur minimaler Gewähr- und Serviceleistung aus den Sortimenten der Wiederverkäufer verschwinden.

Außerdem steigt auch das Risko für den Fachhandel nach Änderung des Verbraucherrechts: Schließlich liegt bald die Beweislast, ob Reklamationen richtig oder falsch sind, bei ihm und nicht mehr beim Käufer. Der Händler muß sich dann nicht nur auf die Serviceabteilung seines Lieferanten verlassen können, sondern neben Produktqualität auch noch auf verständliche Gebrauchsanweisungen.

Cornelia Hefer

chefer@computerpartner.de

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