Kommentar

14.05.1999

500 Millionen Dollar, so heißt es, hat die IBM in ihre E-Commerce-Kampagne gepumpt. Und was ist das Ergebnis? "Für jede Mark die wir reinstecken", so erfahren wir in der deutschen TV-Werbung von IBM über E-Commerce, "bekommen wir zwei wieder raus." So einfach ist das. Ist es das? IT-Handelsunternehmen sehen das ganz anders. Sascha Hancke von der Hancke & Peter IT Service AG in Aachen beispielsweise: "Unsummen von Marketinggeldern werden in Phantasieprojekte wie E-Commerce und Direktvertrieb investiert, deren Kundennutzen mindestens so zweifelhaft bleibt wie die Gewinnprognosen der Internetfirmen am Neuen Markt", kanzelt er die aktuellen Bestrebungen seiner Lieferanten in seinem Antwortschreiben an die Redaktion ab (siehe Artikel Seite 16). Seien es Compaq, IBM oder Hewlett-Packard - alle versuchen sie zwar, mit lauen Bekundungen ("wir wollen nur Endkundenbedarf im Internet generieren", "wir holen die Aufträge ran, die Partner bekommen das Fullfillment" und so weiter), die berechtigte Skepsis ihrer Händler aufzuweichen. Doch jedem ist klar - trotz aller Lippenbekenntnisse: Im E-Commerce sehen viele große Hersteller die neue Heilsbotschaft. Und der Direktvertrieb ist das Credo.Mittlerweile gibt sogar Christian Hildebrandt, PC-Chef bei IBM, zu, daß er übers Internet generierte Neukunden auch gerne direkt beliefern würde - "wenn sie es wünschen". Und Sony verkündet: Viel mehr als bisher wolle man Kunden direkt ansprechen und ihnen Sony-Produkte verkaufen, ohne den Umweg über den Fachhandel. Vor allem das Notebook Vaio werde jetzt aktiv über die Webseite angeboten. "Weitere Produkte sollen folgen", heißt es weiter aus Köln.

Nach Meinung der großen Vertriebspartner und Distributoren schneiden sich die Hersteller da aber ganz gewaltig ins eigene Fleisch. Denn im Gegensatz zum "Schreckgespenst Dell", das laut Hancke "in jedem Meeting mit Herstellern am Tisch sitzt", haben sie schlicht gar nicht die Logistik und die interne Struktur für solcherlei Sperenzchen. Schon gar nicht im Mittelstands- und Endkundenbereich. "Auch nicht im Geschäftsfeld Business to Business", lehnen sich die großen Partner beruhigt zurück. Computacenter, Compunet, auch Distributoren wie Macrotron geben sich gelassen: "Das können wir aussitzen" scheint hier die Devise. "Erinnern Sie sich doch nur an das Desaster mit DEC direkt", hakt ein Distributor genüßlich nach. "Die Kunden haben zwar brav Digital-Rechner per Telefon geordert. Aber sie wollten HP-Drucker. Und Monitore von anderen Herstellern. DEC direkt war gegen Ende einer der größten Nokia-Lieferanten in Deutschland. Klar, daß Digital die Abteilung eingestampft hat. Ein Hersteller kann nicht herstellerunabhängig vertreiben. Das können nur die Partner", so sein Fazit.

So schwer es ihnen auch fällt: Die PC-Hersteller sollten sich damit abfinden, daß Dell hat, was sie nicht haben: eine gewachsene Direktvertriebsstruktur, das Financing, die Logistik und die Erfahrung. Dafür haben sie aber ihre Vertriebspartner. Dort sollten sie ihre Kräfte fokussieren und nicht, um nochmals Sascha Hancke zu zitieren, "am falschen Ende der Wertschöpfungskette."

Ute Dorau

udorau@computerpartner.de

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