Kommentar

22.04.1999

Nach jahrelangem Gerangel um den richtigen Standard sollen in diesem Sommer nun endlich die ersten DVD-RW-Laufwerke auf den Markt kommen. Auf einen einheitlichen Standard hat man sich zwar immer noch nicht einigen können, aber was soll's! Der Markt verlangt nach solchen Geräten, also werden sie geliefert. Nun zeigen die jahrelangen Bemühungen der DVD-Hersteller erste zarte Blüten, und es ist abzusehen, wann die DVD die CD-Rom verdrängt haben wird. Leider hat die Industrie es versäumt, den Kunden darauf hinzuweisen, daß nicht einmal die neuesten DVD-Laufwerke auch selbstgebrannte DVD-RWs lesen können. Erst Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres gedenken die DVD-Hersteller dieses Manko zu beheben. Für den Anwender heißt es dann, er muß wieder in die Tasche greifen und sich ein neues Gerät der vierten oder sogar fünften Generation zulegen. Wie man als Händler seinem Kunden diesen Umstand schmackhaft machen soll, bleibt unbeantwortet. Ein Firmware-Upgrade, das der Endkunde zu Hause per Diskette erledigen könnte, ließe sich vielleicht noch erklären.Zur Erinnerung: Marketingstrategen der großen DVD-Rom-Hersteller suggerieren in Werbekampagnen Zukunftssicherheit. Gerade daher solle der geneigte Interessent sich ja für ein DVD-Laufwerk entscheiden. Dabei käme er mit einem CD-Rom weit billiger weg. Doch schließlich soll er ja auch im nächsten Jahr noch sicher alle Arten von DVDs lesen zu können. Diese Zukunftsicherheit wird sich aber mit der Einführung der DVD-RW als Seifenblase entpuppen. Um auch diese Scheiben lesen zu können, ist wieder neue Hardware fällig. Ich weiß schon, daß die Hersteller mit den neuen DVD-RW-Medien große technische Probleme haben. Nur wer jetzt mit

einem neuen DVD-RW-Laufwerk auf den Markt kommt, das nicht kompatibel zu den schon existierenden Laufwerken ist, wird die Verunsicherung unter den Kunden auf die Spitze treiben. Warum soll ich mir jetzt ein DVD-Laufwerk zulegen, wenn ich im nächsten Jahr schon das nächste Modell kaufen muß, um up to date zu sein. So wie ich werden auch viele Kunden denken, und der allmählich steigende Absatz von DVD-Laufwerken wird wieder stagnieren. Damit stellt sich die Industrie selbst ein Bein, und die Einführung der DVD als Datenträger der Zukunft wird wieder ein Stück hinausgeschoben. Das wirft nicht nur die Softwarehersteller zurück, die gerade die DVD als Medium entdecken, auch Laufwerksproduzenten werden Schwierigkeiten haben, Geräte der dritten Generation an den Mann oder die Frau zu bringen.

Und was sagt der Handel dazu? Rät man dem Kunden vom Kauf eines DVD-Roms ab, macht das Geschäft ein anderer. Verkauft man ihm ein Gerät, kommt er über kurz oder lang schimpfend wieder. Denn kaum ein Kunde wird sich beim Hersteller beschweren, Ablaßventil für den Unmut ist und bleibt wieder mal der Handel.

Hans-Jürgen Humbert

hhumbert@computerpartner.de

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