Kommentar

15.04.1999

PC-Assemblierer genießen einen hohen Stellenwert in der IT-Branche. Marktanalysen zeigen, daß europaweit etwa 30.000 VARs, Systemhäuser und Fachhändler zum Schraubenzieher greifen, um Rechner nach Kundenwunsch zusammenstellen. Trotz Verpflichtung zur CE-Zertifizierung und diffuser Regelungen zur Abgabe von Patentgebühren an IT-Riesen wie Big Blue und Konsorten. So verlassen in Deutschland jährlich rund 600.000 PCs die Werkstätten der Assemblierer. Addiert werden muß zudem die unbestimmte Zahl an Komplettsystemen der großen Markenhersteller, die ebenfalls erst dann den Weg zum Kunden finden, nachdem Händler Komponenten ausgetauscht, zusätzlich eingebaut oder entfernt haben.Das Gros der assemblierten Rechner kommt in kleineren und mittelständischen Betrieben (Small and Medium Business) zum Einsatz. Ein Marktsegment, das die etablierten PC-Fabrikanten lange verschmähten. Doch nachdem sie erkannt haben, daß die Absatzzahlen gerade im Großkundenbereich kaum noch wachsen, steht der Mittelstand als innig geliebte Klientel jetzt im Fokus. Spezielle Vertriebs- und Marketingkonzepte wurden ausgebrütet, um den SMB-Markt zu knacken, und der Handel sollte dazu zu bewegt werden, den mittelständischen Betrieben statt eigenassemblierter Rechner besser Markengeräte zu verkaufen. Und damit die "Schrauber" ernsthaft motiviert werden, ihre Werkzeugkiste zu zu lassen, zauberten sie neue Produktionskonzepte für ihre PCs aus dem Hut. Nahezu allen namhaften Hersteller rühmen sich inzwischen damit, Kleinserien individuell konfigurierter Rechner auflegen zu können. Doch der Erfolg blieb bisher aus. Deutschlands Assemblierer denken offensichtlich gar nicht daran, ihren Beruf an den Nagel zu hängen.

Viele PC-Hersteller quält deshalb die Frage, warum ihr Konzept nicht den gewünschten Erfolg bringt, obwohl sie doch, teilweise sogar zu Recht, in puncto Wirtschaftlichkeit die besseren Argumente vorweisen können. Ihnen muß der mühsame Zugang zum SMB-Markt wie der Versuch vorkommen, Pudding an die Wand nageln zu wollen. Immer wieder werden die SMB-Programme gekippt, neu aufgelegt oder umgestrickt. Für viele Händler ist dies sicherlich ein Zeichen dafür, das die PC-Anbieter mit der Stange im Nebel herumstochern. Stellt man PC-Integratoren und VARs die Frage nach den ursächlichen Gründen, warum sie ihren Kunden statt BTO-Ware oftmals lieber eigenassemblierte Rechner verkaufen, fallen die Antworten eindeutig aus.

1. Der PC Marke Eigenbau wird von vielen als ein hervorragendes Mittel zur Kundenbindung angesehen. Im Problemfall oder bei Fragen der technischen Aufrüstung bleibt der Händler stets Ansprechpartner und Kontaktadresse Nummer eins.

2. Die BTO-Programme erweisen sich (noch) nicht als flexibel genug, um wirklich maßgeschneiderte Lösungen in Kleinserie bereitzustellen.

3. Die Margen fallen nach wie vor höher aus, und über den Lieferstatus der eigenen "Ware" ist man bestens im Bilde.

Zudem darf nicht vergessen werden, daß der Großteil der VARs über die Software ein Entree bei Kunden bekommt. Die wollen beispielsweise ihr Controlling, ihre Logistik oder andere Arbeitsprozesse optimieren. Diese Probleme lösen VARs durch den Einsatz geeigneter Software. Die Frage danach, welche Hardware zudem eingesetzt wird, ist gerade für mittelständische Unternehmen meist nebensächlich. Gegen PCs, die der IT-Haus- und Hoflieferant selbst zusammenstellt, haben sie selten etwas einzuwenden. Das darf getrost auch als einer der Gründe dafür gesehen werden, warum PC-Hersteller im SMB-Markt nur schwerlich Fuß fassen können.

Christian Meyer

cmeyer@computerpartner.de

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