Kommentar

04.08.1999

Sprüche wie "PDAs sind der PC-Markt der Zukunft" oder "Windows CE führt den Markt der Handheld-PCs nun zum Durchbruch", waren auf der diesjährigen Cebit keine Seltenheit.Jedoch suggerieren solche PR-Aussagen der zahlreichen Anbieter dem unvoreingenommenen Betrachter ein falsches Bild eines Marktes, der hierzulande noch gar keiner ist. Nach Schätzungen von Marktexperten gehen in Deutschland jährlich kaum mehr als 50.000 PDAs (Personal Digital Assistants) über die Ladentheken. Diesen ohnehin nicht gerade üppigen Kuchen teilen sich inzwischen Hersteller wie 3Com, Compaq, Everex, Hewlett-Packard, IBM, LG Electronics, Philips, Psion, Sharp und seit neuestem auch der Mobilfunkspezialist Ericsson. Im weltweiten Vergleich konnten bisher nur Marktführer 3Com mit seinen "Palm"-Geräten, Sharp mit Organizern und Psion im professionellen Umfeld ansehnliche Stückzahlen verbuchen.

Dabei ist die Zurückhaltung der Käufer vor den PC-Winzlingen hausgemacht. So tragen beispielsweise die Psion-Geräte trotz eigener Basis als einzige zu Recht das Logo "Designed for Microsoft Windows 95,98,NT", während die den Microsoft-Betriebssystemen eigentlich näher stehenden Windows-CE-Rechner paradoxerweise bereits bei der Übertragung einer einfachen Excel-Datei zwischen Arbeitsplatz-PC und Handheld ein sauberes Arbeiten durch "zerschossene" Tabellen verhindern. Weitere technische Unzulänglichkeiten, wie Batteriebetriebszeiten unter zwei Stunden oder Handschrifterkennungssysteme (bei Geräten ohne Tastatur), bei denen sich nicht das Gerät dem User anpassen muß, sondern umgekehrt, tun ihr Übriges, damit die kleineren Brüdern der Notebooks nicht zum Massenprodukt zu machen.

Doch es gibt ein Licht am Ende des Tunnels. Mit wenig Freude mußte die Konkurrenz mit ansehen, wie Psion in Kooperation mit Sun Microsystems in Hannover eine neue Serie von Handheld-Geräten basierend auf Suns Programmiersprache Java und dem hauseigenen Betriebssystem Epoc 32 vorstellte (siehe auch Artikel Seite 66). Realisiert das Team nur einen Teil der Ankündigungen, könnte sich Java sehr schnell zum neuen Standard bei den Kleinst-PCs mausern. Die Vorteile liegen auf der Hand: eine extrem offene und einfach zu programmierende Softwareschnittstelle sowie eine schon heute riesige Zahl an Programmierern für die Entwicklungsumgebung mit der Kaffeetasse. Marktexperten gehen davon aus, daß Java schon in Kürze auf etwa 60 Millionen portablen Geräten weltweit seinen Dienst verrichten wird - da bleibt nicht mehr viel Luft für Microsofts Betriebssysteme. Hans Stadler, Geschäftsführer bei Psion in Deutschland, ist sich seiner Sache jedenfalls sicher: "Windows CE ist Geschichte."

Dazu kommt, daß Psions Software-Division "Symbian" fleißig an der "Bluetooth"-Technologie werkelt, welche sich allem Anschein nach als zukünftiger Standard für die drahtlose Kommunikation etablieren dürfte. Damit wird die Anbindung von PDAs an Netzwerke, Handys oder Desktop-PCs zum Kinderspiel ohne Kabelgewirr oder lästige Konfiguration von Infrarot-Schnittstellen. Die Zeichen für den echten Durchbruch zum Massenmarkt stehen also so gut wie nie.

Andreas Klett

aklett@computerpartner.de

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