Kommentar

25.02.1999

Sie waren angetreten, um die Deutsche Telekom das Fürchten zu lehren.Alternative Telefongesellschaften schossen wie die Pilze aus dem Boden, um den Markt nicht kampflos dem Ex-Monopolisten zu überlassen. Um ihre Produkte und Dienstleistungen an den Mann zu bringen, setzten die Neueinsteiger vorwiegend auf den Direktvertrieb. Doch die Grenzen dieses Absatzkanals waren schnell erreicht. Vor allem das Gros der mittelständischen Unternehmen zeigte den Carriern die kalte Schulter.

Was also tun? Auf der fieberhaften Suche nach zusätzlichen Vertriebswegen kam den Telefongesellschaften der IT-Fachhandel in den Sinn. Dieser - so die Überlegungen - habe schon seit langem Zugang zu dieser Zielgruppe und könne durch den zusätzlichen Verkauf von TK-Dienstleistungen sein Portfolio sinnvoll ergänzen. Zudem reden die Marktauguren nicht erst seit gestern von einem Zusammenwachsen der beiden Technologien.

Doch die Ernüchterung bei vielen IT-Händlern, die sich in das neue Geschäftsfeld wagten, folgte schon bald. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig. Kanalkonflikte sind an der Tagesordnung, das klare Bekenntnis zum indirekten Vertriebsweg hört für viele Telefongesellschaften dort auf, wo lukrative Profite locken. Nicht selten endet das Geschäft für viele IT-Händler deshalb nach der Beratung der Kunden. Bekommen die Key Accounts der Carrier von einem bevorstehenden Vertragsabschluß Wind, scheuen sie sich nicht, den Handel links liegenzulassen.

Auch die mit heißer Nadel gestrickten Partnerprogramme der Telefongesellschaften erweisen sich bei näherer Betrachtung vielfach als unausgegoren. Ein echter Benefit ist für viele Vertriebspartner kaum erkennbar. Was ebenfalls nicht vernachlässigt werden darf: Hat ein Carrier technische Probleme, muß der Kunde nicht selten auf das Netz der Deutschen Telekom zurückgeschaltet werden. Das schadet dem Image des Wiederverkäufers. Schließlich hat er dem Kunden den alternativen Carrier empfohlen.

Einer der Gründe für das laue TK-Geschäft über den IT-Fachhandel ist aber im Vermarktungssystem selbst zu finden. Viele potentielle Kunden belassen es bei der Möglichkeit, Call-by-Call-Gespräche zu führen. Hier ist für den Fachhändler nichts zu holen, denn es muß kein Vertrag abgeschlossen werden. Und was noch wichtiger ist: Nach den Preissenkungen zu Beginn dieses Jahres sucht man vergebens nach großen Tarifunterschieden zwischen den einzelnen Anbietern. Der Wechsel der Telefongesellschaft erscheint vielen daher nicht rentabel genug.

Kein leichtes Spiel also heutzutage für einen IT-Fachhändler, zusätzliche Umsätze durch ein Ausweiten des Angebotes mit Telekommunikationslösungen zu generieren. Aber vielleicht erledigen sich die Probleme in einigen Jahren auch von selbst, wenn etliche Carrier vom Markt verschwunden sind. Branchenkenner erwarten, daß von den derzeit über 50 Telefongesellschaften in Deutschland langfristig nur eine Handvoll überleben wird. Um keine böse Überraschung zu erleben, sollte ein Händler daher sehr genau darauf achten, mit welchem Unternehmen aus der Telekommunikationsbranche er sich einläßt.

Christian Töpfer

ctoepfer@computerpartner.de

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