Kommentar/

02.04.1999

Was haben wir uns nicht alles anhören müssen von den Analysten über die Betriebskosten der vernetzten PCs in den Unternehmen. 5.000, 6.000, ja sogar 11.000 Dollar würde die vielbeschworene Total Cost of Ownership (TCO) pro Arbeitsplatz und Jahr betragen. Da kam der sogenannte Netzwerk-Computer (NC) wie gerufen. Ohne eigene Festplatte und Betriebssystem sollte der amputierte PC diese horrenden Kosten senken helfen.Doch hier haben sich die Marktauguren mächtig getäuscht. Unternehmen, in denen NCs zu breitem Einsatz gelangen, kann man zumindest in Deutschland an einer Hand abzählen. Wollen tatsächlich alle Anwender ihre Festplatte behalten? Einige sicher, sie sind es von ihrem Heim-PC so gewohnt. Aber der Hund liegt gar nicht hier begraben. Die DV-Verantwortlichen in den Unternehmen würden liebend gern ihren "dummen" Usern die Oberhoheit über die Daten wegnehmen, und doch scheuen sie den Schritt zu plattenlosen Geräten.

Warum? Vordergründig spielen sicherlich die Anschaffungskosten eine große Rolle. Hier wird sich ein Systemhaus schwertun, den Kunden davon zu überzeugen, seine erst kürzlich erworbenen, hochgezüchteten Pentium-II-PCs auf den Schrott zu werfen und durch neue Netzwerk-Computer zu ersetzen. Aber auch wenn der bestehende PC-Pool bereits abgeschrieben sein sollte, sind mit der Einführung von NCs größere Anschaffungen für den Server verbunden. Auch die Kosten für Client-Lizenzen sind nicht zu verachten. Bei zehn Arbeitsplätzen belaufen sich diese leicht auf über 5.000 Dollar, inklusive der Server-Software.

Hinzu kommt der größere Administrationsaufwand am Server, was besonders kleineren Unternehmen zunehmend schwerer fallen wird - verfügen sie doch nur in den seltensten Fällen über einen kompetenten und gut ausgebildeten Fachmann, der auch noch genügend Zeit findet, sich vornehmlich um den Server zu kümmern.

Alles in allem handelt es sich beim Geschäft mit NCs um ein kaum bestelltes Feld, das Systemhäuser erst noch beackern müssen. Die größten Chancen dürften sie dabei im Umfeld von Banken und Versicherungen haben. Immerhin muß die Finanzbranche in den kommenden Jahren kräftig abspecken, will sie im europäischen Wettbewerb bestehen. Das Argument der sinkenden TCO dürfte dort auf fruchtbaren Boden fallen.

Ronald Wiltscheck

rwiltscheck@computerpartner.de

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