Kommentar

21.01.1999

Neben Linux bleibt Java ein weiteres heißes Thema in der IT-Branche. Mit der Freigabe der Version 1.2 des Java Development Kits und seiner gleichzeitigen Umbenennung in "Java 2" Ende des vergangenen Jahres ist Sun zweifellos ein Coup gelungen. Die Experten sind voll des Lobes über die neue Java-Plattform, sowohl hinsichtlich der erhöhten Sicherheit als auch der einfacheren Handhabbarkeit.Doch auch sonst ist Java derzeit in aller Munde. Einerseits im für Sun positiven Sinne, denn die Zahl der Entwickler und Anwender nimmt ständig zu, andererseits sorgt Microsoft mit Windows-spezifischen Java-"Erweiterungen" für negative Schlagzeilen. Hier drängt sich natürlich die Frage auf, wozu ein ans Betriebssystem angepaßtes Java gut sein soll. Eigentlich ist es paradox, denn Sun entwickelte diese Programmiersprache genau dazu, um die Grenzen zwischen den verschiedenen Plattformen zu überwinden.

Die Antwort wird wohl der Markt liefern. Momentan sieht es für Gates schlecht aus, denn ein US-Bezirksgericht hat Suns Antrag auf einstweilige Verfügung entsprochen, derzufolge Microsoft gezwungen wird, alle Windows-spezifischen Features in seinen Java-Werkzeugen und -Anwendungen nicht mehr zu benutzen. So bleibt es fraglich, ob Microsoft Java weiterhin unterstützen wird.

Andererseits richten sich die von Systemhäusern angebotenen Lösungen vor allem an Firmen, die durchaus auch unternehmenskritische Anwendungen mit Java verwirklicht sehen wollen. Und die Kundenakzeptanz steigt ständig. Was vor einem Jahr noch undenkbar war, ist heute Realität: Die Anwender verlangen nach Java als Entwicklungsplattform für ihre Datenbankanbindung. Da wird Microsoft nicht außen vor bleiben wollen und zähneknirschend die von Sun diktierten Standards akzeptieren.

Auch die bisher bemängelte schlechte Performance von Java scheint kein großes Hindernis mehr zu sein, denn neue Software beschleunigt merklich die Ausführungsgeschwindigkeit von Java-Anwendungen. Eine Sackgasse stellt hingegen die Entwicklung von speziellen Java-Chips dar, wie das beispielsweise Sun vorhat. In diesem Falle würde die sonst hoch gepriesene Plattformunabhängigkeit den Bach runter gehen, frei nach dem Motto:

"Java optimized for Sun-Chip".

Für Systemhäuser tun sich mit Java völlig neue Geschäftsfelder auf, sie müssen von den Verantwortlichen nur rechtzeitig besetzt werden, ohne lange abzuwarten. Immerhin präsentiert Sun den Interessenten ein verlockendes Angebot: Alle Entwickler können die gesamte Java-Plattform kostenlos nutzen und nach Belieben verändern. Erst wenn sie fertige, mit Java entwickelte Produkte verkaufen wollen, werden Lizenzzahlungen an Sun fällig. Wer da nicht zugreift, ist selber schuld.

Ronald Wiltscheck

rwiltscheck@computerpartner.de

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