KOMMENTAR: CeBIT '97: Die Suche nach den wahren Helden

03.07.1997
Wer sind wohl die wahren Helden der härtesten Computermesse der Welt?Nein, wir glauben nicht, daß sie in den Reihen des CeBIT-Veranstalters oder gar der Schar zur Anwesenheitspflicht verdonnerten Hersteller zu finden sind. Nein, es sind die schier unermüdlichen Präsentatoren auf den Ständen, die sich den Mund fusselig reden müssen, um einer von Jahr zu Jahr anwachsenden Laienschar hochkomplexe Programme und Gerätschaften zu erklären.

Wer sind wohl die wahren Helden der härtesten Computermesse der Welt?Nein, wir glauben nicht, daß sie in den Reihen des CeBIT-Veranstalters oder gar der Schar zur Anwesenheitspflicht verdonnerten Hersteller zu finden sind. Nein, es sind die schier unermüdlichen Präsentatoren auf den Ständen, die sich den Mund fusselig reden müssen, um einer von Jahr zu Jahr anwachsenden Laienschar hochkomplexe Programme und Gerätschaften zu erklären.

Wer sich nie als Standpersonal betätigt hat, kann es nicht wissen: Messefrau und Messemann erheben sich früh morgens um halb sechs aus ihren Klappbetten der im Großraum Hannober eigens errichteten Notunterkünfte namens Privatpensionen, um dann pünktlich 15 Minuten vor Messebeginn auf ihrem Stand anzutreten. Sodann versuchen sie,

sich mit lauwarmen Plastikbecherkaffee und staubtrockenen

Dauerkeksen so eine Art von geistiger und körperlicher Wachsamkeit einzuverleiben.

Nach Dienstschluß gibts dann im Messereastaurant für 22 Mark fünfzig die berühmt berüchtigte "Schlemmerplatte Rot" (Currywurst, Pommes, Ketchup) oder - wenn die Spesen es erlauben - auch mal ein Wischnipomisa (für alle Nicht-Insider: Wiener Schnitzel, Pommes mit Salat). Ein paar Bierchen vielleicht noch dazu und dann nichts wie ab in die Falle.

Bereits am zweiten Tag hat dann der Hemdkragen dem Messemann den Hals wundgescheuert, jede Kopfbewegung wird von einem schmerzverzerrten Gesichtsausdruck begleitet, am dritten Tag bricht das filigrane Fußgewölbe der Messefrau im 30-Minuten-Takt zusammen, nur

das beherzte Einkrallen beim nächststehenden Standheimsucher verhindert Schlimmstes. Am Tag Nummero vier (Sonntag, sprich Familientag) durchkreuzen systematisch

Invasionen von Tütenjägern und nach hochwertigen Werbegeschenken nachstellende Kids die Hallen. Es ist soweit. Die Präsentatoren beginnen zu reden, ohne sich selbst zuzuhören. Am fünften Tag - der nach der Standparty - sorgt Asprin dafür, daß bei Messefrau und Messemann der Blick auf die flimmernden Monitore nicht zum Brechreiz führt, während die geballte Frische von zuhauf eingeworfener Fishermen's Friend den Stand in einen Luftkurort verwandelt. Ab dem sechsten Tag klingt die Stimme dann schon im Bariton, am letzten Tag, der Stand ist Heimat geworden und der Kunde zum Sendboten des Teufels mutiert, wird abgebaut, der Rest der Woche gehört dem Messekater. Sind sie nicht mit uns der Meinung, daß sie die Heroen des digitalen Zeitalters sind? Was sind die Redakteure von ComputerPartner denn schon dagegen?

Gelassen und völlig unbeirrt produzieren sie eine neue Ausgabe nach der anderen. Ohne jeglichen Zeitdruck zu verspüren - es sind ja

ganze zwei Wochen Zeit bis zum nächsten Heft - sammeln sie

Artikel, durchstöbern Archive, fachsimpeln mit der Prominenz aus der IT-Branche, komponieren Zeile auf Zeile, feilen mit Muße am Satzgefüge, ringen stundenlang um die richtige Formulierung, brüten nächtelang über der treffenden Bildunterzeile, während Layouter und Grafiker geduldigst die schönsten Seiten entwerfen und mit dem reichlich vefügbaren Fotomaterial zu neuen Höchstformen auflaufen - und wer das glaubt, der glaubt auch einem Politiker.

Fremdautoren sind notorisch unpünktlich, Layouter gnadenlos, wenn es darum geht, die Seite "dicht zu machen", die Druckerei unerbittlich und der Leser stets zu anspruchsvoll.

Und falls Ihnen noch eine weitere Gruppe an Messebeiwohnern einfällt, die es ebenfalls verdient hätte, in den Reigen der Heroen des

digitalen Zeitalters aufgenommen zu, lassen sie es uns wissen.

Die nächste CeBIT kommt ganz gewiß und die Seite 6 der ComputerPartner will auch dann wieder gefüllt werden.

Christian Meyer

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