Kommentar: Compaq/DEC: Die rasche Integration entscheidet über den Erfolg

02.06.1998

Was die Börse von dem 9,6-Milliarden-Deal des PC-Marktführers in gewohnt rascher Analyse hielt, ist eindeutig: Wenig. Denn für Investoren, weltweit vagabundierend auf der Suche nach hoher Rendite, gaben die Börsenanalysten folgende Einschätzung: Die auf Compaq zukommenden Integrationsprobleme könnten die Pläne des ebenso ehrgeizigen wie erfolgreichen Compaq-Chefs Eckhard Pfeiffer, zu "Big Blue" endlich aufzuschließen. als "One stop shop" für unternehmensweites Computing, wie eine Seifenblase platzen lassen.Sie könnten recht behalten. Diverse Megafusionen in der IT-Branche schlugen fehl; was blieb, war ein Scherbenhaufen. Das zeigte beispielsweise die Fusion der Netzwerker 3Com und Chipcom, und die der PC-Hersteller NEC und Packard Bell zeigen es aktuell (siehe S. 119 dieser Ausgabe ComputerPartner 1/98, S. 3).

Doch man braucht nicht das Raunen der Börse, um zu dieser Einschätzung zu kommen: "Wenn der Merger nicht sensibel ausgeführt wird, wird DEC Compaq wie eine Kröte im Hals steckenbleiben", gibt ein DEC-Händler aus Rheinland-Pfalz seinen Eindruck wieder.

Und exakt darum geht es bei der Milliardeninvestition. Denn die 53.000 Mitarbeiter von DEC sind, trotz deutlich nach unten verlaufender Erfolgskurve, seit jeher damit beschäftigt und vertraut, weltweit unternehmensweite Rechnerlandschaften zu installieren. Welche Kompetenz sie hierin haben, zeigt die entsprechende, 25.000 Leute starke Service- und Supportabteilung von DEC: Sie erwirtschaftete im letzten Jahr zirka sechs der insgesamt 13 Milliarden Dollar Umsatz.

Zwar hat Compaq gerade mit dem Einkauf von Tandem sich einen wichtigen Anbieter von Servern, vor allem für Banken, einverleibt. Doch die durchgehend proprietäre Server-Architektur und die nahezu ausschließliche Konzentration auf ein Segment erlaubt den zirka 19.000 Angestellten von Pfeiffer noch lange nicht, im IT-Konzert eine stimmgewaltige Solorolle besetzen zu können.

Mit der finanziellen Verausgabung aber will Compaq diese Rolle für sich buchen können. Was in der Konsequenz heißt: Um die DEC-Kunden auch an Compaq zu binden, müssen zwar nicht die bekannten DEC-Eigenheiten erhalten bleiben ,jedoch die Möglichkeit von DEC: In Unternehmen ein und auszugehen.

Dazu ist Fingerspitzengefühl notwendig. Bei gleichzeitig zügiger Integration der Produkte und der DEC-Mannschaft.

Weshalb, wie ebenfalls aus dem Handel zu hören war, Compaq gefordert ist, eine klare Marschrichtung hinsichtlich Produkte und Vertrieb vorzugeben. Und darzustellen, wie es mit den nunmehr insgesamt 73.000 Mitarbeitern umzugehen gedenkt.

Eines ist nämlich klar: Zögert Compaq, sorgt es für Unklarheit bei Mitarbeitern und im Handel, wandern die Unternehmenskunden ab. Etwa zu IBM. Für den Handel hieße das dann: Der Deal ist ein Verlustbringer. Das aber ist weder im Sinne Pfeiffers noch dient es dem Handel. Der Compaq-Chef ist also gefordert, schnell zu handeln. Wolfgang Leierseder

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