KOMMENTAR: Das virtuelle Einkaufsnetz bleibt grobmaschig gestrickt

02.02.1996
Zu der Zeit, als Lotus Notes in aller Munde war, und die aufgrund dahinschmelzender Margen arg gebeutelten Distributoren die Köpfe zusammensteckten, um kluge Dinge miteinander zu besprechen, verständigte man sich während dieser konspirativen Treffen darauf, dem ebenfalls langsam in die Knie gehenden Handel ein Novum in puncto Informationsfluß zu präsentieren. In den Hirnwindungen der Anbieter hatte sich die Idee festgebissen, man könne sich und die Händler nur dann vor dem Untergang bewahren, wenn man ein gemeinsames Rettungsboot zusammennageln würde. Vom Stapel laufen sollte ein, wie auch immer gestaltetes, Händler-Informations-Bestell-Anfrage-Such-System auf Basis von Notes. Und alle, die von sich glaubten, im deutschen Distributionsgeschäft eine gewichtige Rolle zu spielen - und es waren nicht wenige die das glaubten -, wollten mitfingern. Wie uns die jüngere EDV-Handelshistorie jedoch gelehrt hat, wurde nix daraus, weil nämlich erstens zu viele Köche bekanntlich den Brei verderben und zweitens die angetretenen Rettungsbootbauer dann doch die Erkenntnis überkam, daß sie ja dann der versammelten Händlerschar so eine Art unfreiwilligen "Preis-Striptease" hätten vortanzen müssen.Also fummelten die Großisten weiter an ihren dedizierten Lösungen, und so kam es, daß die Gefahr wuchs, der eine oder andere Wiederverkäufer könnte von den zwischenzeitlich bedrohlich anwachsenden, mannshoch aufgestapelten Informationspapiertürmen erschlagen werden oder, wenn der Altpapiercontainer in rettender Nähe lag, war das Risiko eines autistisch anmutenden Rechners nicht geringer, weil die Datenströme der massenweise produzierten Anbieter-Info-CDs gnadenlos die Festplatten zuballerten. Doch bevor der Informationsinfarkt seine ersten Opfer fordert, sucht wieder eine verheißungsvolle Lösung den geplagten Handel heim - und kommt diesmal, wer hätte nicht schon darauf gewartet, aus dem sagenumwobenen Internet (siehe Seite 24). Dieter Kondek, ein alter Hase im Distributionsgeschäft, präsentiert dort genau jene Plattform, die die Anbietergemeinschaft damals mit Notes realisieren wollte. Ein preistransparentes Informations- und Bestellsystem mit allen Features, die eine gute Datenbank so hergibt, lauert jetzt in den Tiefen des Netzes aller Netze auf Kundschaft. Die Idee ist also keineswegs neu, Kondek nutzt lediglich die vorhandene Infrastruktur des Internets. Trotzdem: Als Kenner der europäischen Distributionsszene, sein Wissen um die Belange des Handels und seine weitreichenden Geschäftsverbindungen könnten dafür sorgen, daß sich unter dem Namen Trade'ex in absehbarer Zeit eine Alternative zu den herkömmlichen Einkaufsquellen bietet. Features wie Preisvergleiche, Suche von Ersatzprodukten, Anzeige der Verfügbarkeit, Lieferzeiten, Erledigung aller Formalitäten durch UPS bei einer Bestellung im weit entfernten Ausland kommen dem Handel sicherlich entgegen. Bis Kondek sein Ziel, ein umfassendes europäisches Angebot parat zu halten, verwirklicht hat, ist es jedoch noch ein langer Weg. Nicht jeder Einkaufsleiter nennt einen Internetzugang sein Eigen, die berechtigten Vorbehalte hinsichtlich der Sicherheit des WWW sind nach wie vor latent, und keiner weiß, wie hoch Kondek die Meßlatte der Seriosität an die Anbieter legt. Entpuppt sich das System erst einmal als Tummelplatz für Abzocker oder der erste Händler wird durch im Netz manipulierte Finanzaktionen in den Ruin getrieben (die Gebühren der Telekom nicht zu verschweigen), dann können wir Trade'ex als den Megaflop '96 in unsere nächste Jahresrückschau aufnehmen.

Zu der Zeit, als Lotus Notes in aller Munde war, und die aufgrund dahinschmelzender Margen arg gebeutelten Distributoren die Köpfe zusammensteckten, um kluge Dinge miteinander zu besprechen, verständigte man sich während dieser konspirativen Treffen darauf, dem ebenfalls langsam in die Knie gehenden Handel ein Novum in puncto Informationsfluß zu präsentieren. In den Hirnwindungen der Anbieter hatte sich die Idee festgebissen, man könne sich und die Händler nur dann vor dem Untergang bewahren, wenn man ein gemeinsames Rettungsboot zusammennageln würde. Vom Stapel laufen sollte ein, wie auch immer gestaltetes, Händler-Informations-Bestell-Anfrage-Such-System auf Basis von Notes. Und alle, die von sich glaubten, im deutschen Distributionsgeschäft eine gewichtige Rolle zu spielen - und es waren nicht wenige die das glaubten -, wollten mitfingern. Wie uns die jüngere EDV-Handelshistorie jedoch gelehrt hat, wurde nix daraus, weil nämlich erstens zu viele Köche bekanntlich den Brei verderben und zweitens die angetretenen Rettungsbootbauer dann doch die Erkenntnis überkam, daß sie ja dann der versammelten Händlerschar so eine Art unfreiwilligen "Preis-Striptease" hätten vortanzen müssen.Also fummelten die Großisten weiter an ihren dedizierten Lösungen, und so kam es, daß die Gefahr wuchs, der eine oder andere Wiederverkäufer könnte von den zwischenzeitlich bedrohlich anwachsenden, mannshoch aufgestapelten Informationspapiertürmen erschlagen werden oder, wenn der Altpapiercontainer in rettender Nähe lag, war das Risiko eines autistisch anmutenden Rechners nicht geringer, weil die Datenströme der massenweise produzierten Anbieter-Info-CDs gnadenlos die Festplatten zuballerten. Doch bevor der Informationsinfarkt seine ersten Opfer fordert, sucht wieder eine verheißungsvolle Lösung den geplagten Handel heim - und kommt diesmal, wer hätte nicht schon darauf gewartet, aus dem sagenumwobenen Internet (siehe Seite 24). Dieter Kondek, ein alter Hase im Distributionsgeschäft, präsentiert dort genau jene Plattform, die die Anbietergemeinschaft damals mit Notes realisieren wollte. Ein preistransparentes Informations- und Bestellsystem mit allen Features, die eine gute Datenbank so hergibt, lauert jetzt in den Tiefen des Netzes aller Netze auf Kundschaft. Die Idee ist also keineswegs neu, Kondek nutzt lediglich die vorhandene Infrastruktur des Internets. Trotzdem: Als Kenner der europäischen Distributionsszene, sein Wissen um die Belange des Handels und seine weitreichenden Geschäftsverbindungen könnten dafür sorgen, daß sich unter dem Namen Trade'ex in absehbarer Zeit eine Alternative zu den herkömmlichen Einkaufsquellen bietet. Features wie Preisvergleiche, Suche von Ersatzprodukten, Anzeige der Verfügbarkeit, Lieferzeiten, Erledigung aller Formalitäten durch UPS bei einer Bestellung im weit entfernten Ausland kommen dem Handel sicherlich entgegen. Bis Kondek sein Ziel, ein umfassendes europäisches Angebot parat zu halten, verwirklicht hat, ist es jedoch noch ein langer Weg. Nicht jeder Einkaufsleiter nennt einen Internetzugang sein Eigen, die berechtigten Vorbehalte hinsichtlich der Sicherheit des WWW sind nach wie vor latent, und keiner weiß, wie hoch Kondek die Meßlatte der Seriosität an die Anbieter legt. Entpuppt sich das System erst einmal als Tummelplatz für Abzocker oder der erste Händler wird durch im Netz manipulierte Finanzaktionen in den Ruin getrieben (die Gebühren der Telekom nicht zu verschweigen), dann können wir Trade'ex als den Megaflop '96 in unsere nächste Jahresrückschau aufnehmen.

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