KOMMENTAR: Die wunderbare ISDN-Welt der Telekom

24.05.1996
Die Szene kennen die Fernsehzuschauer unter Ihnen sicher: Sanfte Musik, harmonische Farben, eine junge Frau schlendert meditativ lächelnd durch die Wohnung, herzt und küßt das Kleinkind und hat sichtlich keine Eile, an ihren heimeligen PC-Arbeitsplatz im Nebenraum zu kommen. Dort läßt sie sich heiter nieder und nimmt per Videokonferenz Kontakt zu einer Redaktion auf. Ihr Job: Journalistin. Aber: "Sie hat Zeit", so belehrt uns die Fernsehwerbung der Deutschen Telekom. Denn sie hat ISDN.Das legt den Verdacht nahe, daß sich die Verantwortlichen für den Spot herzlich wenig unter dem Arbeitstag eines Journalisten vorstellen können. Ein zweites Beispiel: Statt sich semikriminellen Berliner Schulrabauken von Angesicht zu Angesicht stellen zu müssen, erteilt eine Paukerin laut Telekom-Vision entspannten Fernunterricht über den PC. Mir sind nur diese beiden Spots bekannt, aber das Szenario der wunderbaren ISDN-Welt in den Augen der Telekom läßt sich beliebig fortspinnen: Stellen Sie sich doch nur mal einen pfeiferauchenden Gemütsmenschen im Heimbüro vor, der seine Sportzeitung nur zur Seite legt, um am Bildschirm die eingehenden Fernaufträge entgegenzunehmen und zu bestätigen. "Er ist Computerfachhändler" könnte es dann in der Werbung heißen, "Er hat Zeit, denn er hat ISDN". Man hat in den Reihen der Verantwortlichen, so macht es den Anschein, noch nicht so ganz begriffen, daß es in der Industrie, also im wirklichen Leben, keineswegs so gelassen zugeht wie in den ehemaligen Amtsstuben der Deutschen Telekom.

Die Szene kennen die Fernsehzuschauer unter Ihnen sicher: Sanfte Musik, harmonische Farben, eine junge Frau schlendert meditativ lächelnd durch die Wohnung, herzt und küßt das Kleinkind und hat sichtlich keine Eile, an ihren heimeligen PC-Arbeitsplatz im Nebenraum zu kommen. Dort läßt sie sich heiter nieder und nimmt per Videokonferenz Kontakt zu einer Redaktion auf. Ihr Job: Journalistin. Aber: "Sie hat Zeit", so belehrt uns die Fernsehwerbung der Deutschen Telekom. Denn sie hat ISDN.Das legt den Verdacht nahe, daß sich die Verantwortlichen für den Spot herzlich wenig unter dem Arbeitstag eines Journalisten vorstellen können. Ein zweites Beispiel: Statt sich semikriminellen Berliner Schulrabauken von Angesicht zu Angesicht stellen zu müssen, erteilt eine Paukerin laut Telekom-Vision entspannten Fernunterricht über den PC. Mir sind nur diese beiden Spots bekannt, aber das Szenario der wunderbaren ISDN-Welt in den Augen der Telekom läßt sich beliebig fortspinnen: Stellen Sie sich doch nur mal einen pfeiferauchenden Gemütsmenschen im Heimbüro vor, der seine Sportzeitung nur zur Seite legt, um am Bildschirm die eingehenden Fernaufträge entgegenzunehmen und zu bestätigen. "Er ist Computerfachhändler" könnte es dann in der Werbung heißen, "Er hat Zeit, denn er hat ISDN". Man hat in den Reihen der Verantwortlichen, so macht es den Anschein, noch nicht so ganz begriffen, daß es in der Industrie, also im wirklichen Leben, keineswegs so gelassen zugeht wie in den ehemaligen Amtsstuben der Deutschen Telekom.

Doch Realitätsnähe der Werbung hin oder her, das Geschäft mit ISDN-Systemen zahlt sich in barer Münze aus, und das nicht nur für den klassischen Telekommunikations-Handel. Auch Anbieter von Remote-Access-Lösungen, Netzwerkprodukten, PC-Endgeräten, Karten, Modems und so weiter wittern Morgenluft. Doch wer in diesen Markt investiert, muß vorher dringend seine Hausaufgaben machen. Schon heute zeigen sich einige Furchen, die den Markt in nächster Zeit segmentieren werden.

Der profitable Großkundenbereich wird zumeist von den Herstellern direkt beliefert, wie einige Händler zu ihrem Verdruß erleben mußten. Kaufhausketten und Retailer liegen auf der Lauer, um den Massenmarkt für Privatanwender unter sich aufzuteilen. Für Systemhäuser und Händler bleibt der Soho- und Mittelstandsbereich. Neben dem reinen Produktgeschäft planen einige Anbieter vor allem Profit durch Consulting- und Serviceaufgaben. Dazu gehört allerdings das entsprechende Know-how, das nicht von heute auf morgen erlernt wird.

Doch - um den Kreis zu schließen - auch die bestausgebildete Mannschaft nutzt gar nichts, wenn die ISDN-Infrastruktur noch nicht paßt. Und um die ist es nicht ganz so gut bestellt, wie die Telekom uns das zumeist glauben machen möchte: Viele Computeranbieter bemängelten in Gesprächen mit der Redaktion, daß bei ihren Kunden von ISDN-Anschlüssen keine Spur zu finden ist. Hinzu kommt die geplante Streichung des ISDN-Förderprogramms. Selbst die Telekom ging Anfang 1996 davon aus, daß in absehbarer Zeit nur maximal zehn Prozent aller Telefonbenutzer auf ISDN setzen werden. Aber der - noch - unumschränkt herrschende ISDN-Monopolist läßt sich nicht hetzen. Er hat Zeit: Denn er hat ISDN...

- Das ISDN-Großkundengeschäft besetzen Hersteller und Direktanbieter, den Massenmarkt bedienen Telekom und Retailer

- In absehbarer Zeit werden maximal zehn Prozent der Telefonbenutzer auf ISDN umsteigen

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