KOMMENTAR: Interfunk-Chef verkauft Hoffnung

04.12.1996
Auf der Interfunk-Messe in Oberstdorf vom 23. bis 29. März 1996 wurde die heile PC-Welt vorgeführt. Zwar peitschte kalter Wind Schneeregen durch die Gassen der Innenstadt, und wolkenverhangene Berge umstellten dunkel die niedrigen Häuser des Allgäuer Ferienorts, doch die nach Oberstdorf gepilgerten 670 Unterhaltungselektronik-Händler waren ohnehin nicht in Urlaubsstimmung, sondern interessierten sich für Vorträge wie "Was ist Multimedia?", "Überzeugen, begeistern und gewinnen - Wege zu Spitzenerfolgen" und "Der Fachhandel im Verdrängungswettbewerb".Interfunk-Vorstand Werner Winkelmann hatte sich offensichtlich fest vorgenommen, seine Händler mit der frohen Botschaft zu umgarnen: Wir, die Interfunk, fangen den Umsatzrückgang der UE-Branche, der jährlich bei zirka zehn Prozent liegt und jetzt das historische Tief von 19,2 Milliarden Mark gegenüber 25 Milliarden Mark im Jahr 1990 erreicht hat, durch die neu entdeckte Sparte PC auf.

Auf der Interfunk-Messe in Oberstdorf vom 23. bis 29. März 1996 wurde die heile PC-Welt vorgeführt. Zwar peitschte kalter Wind Schneeregen durch die Gassen der Innenstadt, und wolkenverhangene Berge umstellten dunkel die niedrigen Häuser des Allgäuer Ferienorts, doch die nach Oberstdorf gepilgerten 670 Unterhaltungselektronik-Händler waren ohnehin nicht in Urlaubsstimmung, sondern interessierten sich für Vorträge wie "Was ist Multimedia?", "Überzeugen, begeistern und gewinnen - Wege zu Spitzenerfolgen" und "Der Fachhandel im Verdrängungswettbewerb".Interfunk-Vorstand Werner Winkelmann hatte sich offensichtlich fest vorgenommen, seine Händler mit der frohen Botschaft zu umgarnen: Wir, die Interfunk, fangen den Umsatzrückgang der UE-Branche, der jährlich bei zirka zehn Prozent liegt und jetzt das historische Tief von 19,2 Milliarden Mark gegenüber 25 Milliarden Mark im Jahr 1990 erreicht hat, durch die neu entdeckte Sparte PC auf.

Hier, so Winkelmanns Credo, warten auf die Interfunk-Händler die Gewinne, die ihnen in den traditionellen Sparten der Unterhaltungselektronik so deutlich abhanden gekommen sind. Und um dies zu belegen, beugte sich Winkelmann über den Spiegel der Zahlen: Bereits 20 Millionen Mark Umsatz haben zirka 100 Interfunk-Mitglieder im Geschäftsjahr 1994/95 (30.9.) mit PCs erwirtschaftet. Im laufenden Geschäftsjahr sollen es bereits 60 Millionen Mark Umsatz sein. 60 Millionen Mark contra 6 Milliarden Umsatzeinbuße!

Die Botschaft über die tollen Geschäftsaussichten im PC-Markt verblüfft. Sollte der Interfunk-Vorstand nichts von den Absatzeinbrüchen und der Stagnation im PC-Bereich gehört haben? Und auch davon nichts, daß just der Consumer-PC-Markt, den die Interfunkler beackern sollen, mit den dünnsten Margen der Branche überhaupt glänzt? (Siehe Artikel S. 32)

Das kann nicht guten Gewissens unterstellt werden. Im Gegenteil: Winkelmann weiß genau, worüber er spricht. Er ist informiert, wie jedes Gespräch mit ihm zeigt. Doch es scheint, als hätte sich der Interfunk-Vorstand in eine fatale Position manövriert. Nämlich: Er muß etwas für seine Händler tun. Aber da kein echter Ausweg in Sichtweite ist, wurde der PC-Markt mit seiner vagen Verheißung Multimedia erfunden. Gesagt, getan. Seitdem propagiert Interfunk diesen Ausweg als Königsweg aus der UE-Krise. Das entspricht zwar nicht den Tatsachen, doch anscheinend klingt es gut. Und die Händler? Sie scheinen offensichtlich den dargereichten PC-Strohhalm für den erhofften Balken halten, auf dem sie das rettende Ufer erreichen können. Nur hat das mehr mit Glauben zu tun als mit den Tatsachen der PC-Branche selbst.

Aber nur damit ist die frohe Botschaft des Interfunk-Vorstands zu erklären. Die Interfunk eG ist angesichts der UE-Krise zur PC-Glaubensgemeinschaft mutiert!

Da mag sich das notwendige Gefühl von Geborgenheit einstellen. Aber einen wirklichen Ausweg aus der Krise bietet das Gefühl nicht. Das sollte Winkelmann bei Gelegenheit auch seiner Gemeinde sagen.Wolfgang Leierseder

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