KOMMENTAR: Pan-Europa ist gleich panischer Schrecken?

25.04.1997
In der heißen Mittagssonne Griechenlands trieb einst ein bocksbeiniger Gott sein Unwesen. Am liebsten verbreitete er den eigens nach ihm benannten Schrecken. Den panischen, nämlich.Jetzt, da in Europa bald die Grenzen fallen sollen, hält den Schalk mit der Flöte nichts mehr in seinem mythologisch abgegrenzten Bezirk. Pan-Europa: Welch Tummelplatz für einen Unruhestifter! Erfolgreich überzeugte er unsere Distributoren davon, Niederlassungen quer über den ganzen Kontinent zu verteilen. Die Vorarbeit hatte er bei den Herstellern geleistet, die mit einem Schlag vorrangig Anbieter suchten, die überall in Europa präsent sind, über Lager verfügen und möglichst noch lokal technischen Support bieten können. Auf einer Europartners-Konferenz in Paris Mitte letzten Jahres nannten beispielsweise AMD, National Semiconductor, Framatome Connectors und Harting Elektronik multinationale Präsenz als Hauptkriterium bei der Auswahl ihrer Vertriebspartner. IBM und Bay Network stießen in das gleiche Horn.

In der heißen Mittagssonne Griechenlands trieb einst ein bocksbeiniger Gott sein Unwesen. Am liebsten verbreitete er den eigens nach ihm benannten Schrecken. Den panischen, nämlich.Jetzt, da in Europa bald die Grenzen fallen sollen, hält den Schalk mit der Flöte nichts mehr in seinem mythologisch abgegrenzten Bezirk. Pan-Europa: Welch Tummelplatz für einen Unruhestifter! Erfolgreich überzeugte er unsere Distributoren davon, Niederlassungen quer über den ganzen Kontinent zu verteilen. Die Vorarbeit hatte er bei den Herstellern geleistet, die mit einem Schlag vorrangig Anbieter suchten, die überall in Europa präsent sind, über Lager verfügen und möglichst noch lokal technischen Support bieten können. Auf einer Europartners-Konferenz in Paris Mitte letzten Jahres nannten beispielsweise AMD, National Semiconductor, Framatome Connectors und Harting Elektronik multinationale Präsenz als Hauptkriterium bei der Auswahl ihrer Vertriebspartner. IBM und Bay Network stießen in das gleiche Horn.

Und plötzlich, schier über Nacht, war überall die Rede von der "Pan-Europäisierung der Distribution", es ruft das "Pan-Europageschäft", wir hören seine Flötentöne auf Pan-Europa-Kongressen und besorgte Marktforscher warnen in umfassenden Pan-Europa-Studien vor seinen Verlockungen. Kurz: Der Pan ist los in Europa.

Prompt findet er Anhänger, wo man sie nie vermutet hätte. Macrotron-Vorstand Richard Bladowski, der seine Anteilsmehrheit gerade an TechData vergeben hat, verbreitet Panik: "Nach der Währungsunion wird es in Europa nur noch zwei, drei große Player im Distributionsmarkt geben."

In der Dataquest-Studie "Distribution Trends Europe 1996" stellt der Marktforscher den meisten pan-europäischen Umtrieben der Distributoren wenig Erfolge in Aussicht. Darin ist die Rede von den unterschiedlichen Steuer- und Zollregelungen, Zahlungszielen zwischen 30 und 140 Tagen, vor allem aber fehle es an europaweit agierenden - und funktionierenden - Gütertransportunternehmen. Beispiele wie Peacock oder Actebis, die sich mit einzelnen Europa-Niederlassungen blutige Nasen geholt haben, ermuntern auch nicht gerade zur Nachahmung. Mancher hält sich nur mit Mühe und Not: Metrologie spielt außerhalb Frankreichs zumeist keine bedeutsame Rolle und mußte im vergangenen Jahr in Deutschland gleich das komplette Management auswechseln.

Andererseits treten hiesige Distributoren wie Computer 2000, J&W oder Raab Karcher auf, als fühlten sie sich in den fremden Märkten pudelwohl. Doch selbst, wenn die Auslandsniederlassungen profitabel arbeiten, tragen sie in der Regel vorerst nur wenig zum Gesamtumsatz bei. Raab Karcher beispielsweise, die Niederlassungen in sieben weiteren Ländern unterhält, versichert zwar, jedes dieser Büros arbeite profitabel, insgesamt soll der Beitrag dieser Niederlassungen zum angestrebten Gesamtumsatz (1,2 Milliarden Mark) aber höchstens bei hundert Millionen Mark liegen. Macht pro Niederlassung weniger als 15 Millionen Mark.

Reich wird man also zunächst nicht mit dem Europa-Geschäft. Im Grunde steckt wohl mehr die Angst vor der Verdrängung hinter der hektischen Expansion. Die amerikanischen Distributoren haben das große Markt-potential Europas entdeckt und sind sicher, auf geringen Widerstand zu stoßen: Rund 65 Prozent des Marktes werden von nur elf Distributoren gehalten, die drei größten waren laut Zahlen von 1996 Arrow Electronics Inc, Avnet Inc. (beide sowieso schon US-Unternehmen) und Raab Karcher in Deutschland.

US-Ego-Trips wie die von Ingram scheiterten zwar zumeist noch an der amerikanischen Unsitte, ihre Vertriebs- und Marketingkonzepte ohne Hinsehen der Länder stur weiterzufahren. Doch die Amerikaner holen auf und übernehmen eben gutlaufende Unternehmen und deren Strategien.

Die Rettung für europäische Anbieter ist die, daß US-Distributoren sich - abgesehen von den kontinentsübergreifenden Mentalitäts- und Währungsunterschieden - zusätzlich auf Gegebenheiten wie bis zu fünfmal höhere Transportkosten, für US-Märkte horrend hohe Einfuhrzölle und völlig uneinheitliche Zahlungsmodalitäten der Länder einstellen müssen.

Die Pan-Europäisierung ist also für europäische Distris, die eine Rolle im Markt behalten wollen, ein unvermeidbares Rennen gegen die USA und damit gegen die Zeit geworden - das sie noch gewinnen können. Doch eine Unbekannte läuft noch mit - SNI-Manager Sven Kielgas setzt auf einen Faktor, mit dem selbst Pan nicht rechnen konnte: "Die größte Gefahr für die Distribution ist die Ehe zwischen Internet und UPS."

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