KOMMENTAR: Wer will auf Apple zwei Jahre warten?

17.01.1997
Im August 1996 warf Apple das lange angekündigte System 8 ("Copland") auf den Müllhaufen der Computergeschichte. Damit verschwand Apple definitiv aus den Investitionsplänen der Unternehmen zugunsten von NT oder UNIX. Und als die getreuen Apple-Anwender ("Macianer") allenfalls mit Peu-a-peu-Verbesserungen des System 7 abgespeist wurden, schwenkten auch sie zu Windows in all seinen Varianten über.Seitdem setzt nur noch auf Apple, wer sich emotional den Kaliforniern verpflichtet fühlt. Abgeklärte Apple-Händler hingegen ordern Unterlagen von Pentium-Rechnern.

Im August 1996 warf Apple das lange angekündigte System 8 ("Copland") auf den Müllhaufen der Computergeschichte. Damit verschwand Apple definitiv aus den Investitionsplänen der Unternehmen zugunsten von NT oder UNIX. Und als die getreuen Apple-Anwender ("Macianer") allenfalls mit Peu-a-peu-Verbesserungen des System 7 abgespeist wurden, schwenkten auch sie zu Windows in all seinen Varianten über.Seitdem setzt nur noch auf Apple, wer sich emotional den Kaliforniern verpflichtet fühlt. Abgeklärte Apple-Händler hingegen ordern Unterlagen von Pentium-Rechnern.

Soweit so schlecht. Aber da das nicht so bleiben konnte, versucht man seitdem in Cupertino, doch noch einmal die profitablen Unternehmens-Märkte anzugehen.

Seit dem 20. Dezember 1996 nun will es Apple geschafft haben. Software-Anbieter Next, gegründet 1986 von Apple-Gründer Steven Jobs nach seinem Rausschmiß in Cupertino, wurde gekauft - für knapp 600 Millionen Mark. Das ist angesichts der Bilanzen sehr viel Geld. Doch das Kalkül von CEO Gilbert Amelio lautet: Mit Hilfe des objektorientierten Nextstep, der Entwicklerumgebung Openstep und Objectweb kann Apple eine hardwareunabhängige Internetumgebung auf den Markt bringen. Genau das, was Unternehmen suchen, die es leid sind, sich bei ihrer Client-Server-Architektur mit täglich neuen Kompatibilitätsproblemen hauptsächlich lahm zu legen. Damit wäre für die zu stark SOHO-lastigen, von der Wintelfraktion zum PC-Mitläufer degradierten Kalifornier der drohende Ruin abgewendet.

Keine schlechte Überlegung. Sie war an der Zeit.

Doch was sich gut anhört, existiert noch lange nicht. Apples Internet-Computing-Fahrplan sieht vor, System 8 frühestens Ende 1998 auf den Markt zu bringen (unterstellt, daß der angekündigte Zeitplan eingehalten wird!). Wie bitte? Ende 1998?

Und bis dahin? Bis dahin, erklärt Amelio, werde man das existierende MacOS (System 7), naheliegenderweise ohne Kompatibilitätsgarantie für das System 8, weiterentwickeln! Für wen? Für den SOHO-Markt? Aber liegt nicht gerade hier, in diesem Bereich, der Niedergang von Apple begründet?

Glaubt Amelio, als knallharter Sanierer angetreten, also ernsthaft, etwaige Gewinne aus dem SOHO-Markt könnten während der kommenden zwei Jahre ausreichen, die Nextstep-Portierung auf Power-PCs zu finanzieren? Glaubt er, Unternehmen würden auf Internet und Intranets bis 1998 oder auch 1999 warten?

Weiß Amelio denn nicht, mit welcher Geschwindigkeit sich dieser Markt entwickelt? Ob er 1998/1999 noch dort ist, wo Apple jetzt hin will, erscheint zweifelhaft. Gewiß aber ist, daß Unternehmen jetzt ihre Internet- und Intranet-Investitionen tätigen. Mit der momentan verfügbaren Software. Die stammt allerdings nicht von Apple.

So steht Amelio vor dem Problem, ein Unternehmen sanieren zu müssen, dessen Einnahmen die nächsten zwei Jahre gering sein werden und das von einer Perspektive lebt, die für den Markt zu spät kommt. Die Konsequenz für Apple: Sanierung, vielleicht bis zum Kahlschlag, indem man sich beispielsweise von der Hardware trennt. Aber die ISVs und Entwickler werden nicht warten, sondern jetzt zu NT, Java, Notes oder Compound-Tools umschwenken. Und Apple-Händler werden es bald leid sein, zwei Jahre lang zu erklären, daß die Umwälzung von Apple, von der PC-Company zur Internet-Company, nur auf dem Papier steht? Wer will das schon hören?

Die Perspektive für Apple erscheint also trostlos. Ob System 8 nun kommt oder nicht. Schade, wirklich schade.

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