Arbeitsrechtliche Entscheidungen

Kommentierte Rechtsprechung, Teil 2

04.10.2012
Welche Bedeutung arbeitsrechtliche Urteile für die Praxis haben, erläutert Christoph J. Burgmer. Im Detail: Krankheit und Pflichtverletzung, Massenentlassungsanzeige sowie Weihnachtsgeld bei Langzeiterkrankung.
Werden Mitarbeiter betriebsbedingt gekündigt, muss der Arbeitgeber zahlreiche Formalien beachten.
Werden Mitarbeiter betriebsbedingt gekündigt, muss der Arbeitgeber zahlreiche Formalien beachten.
Foto: fotolia.com/Peter Atkins

In den drei kommentierten Urteilen geht es um die Themen Krankheit und Pflichtverletzung, Massenentlassungsanzeige sowie Weihnachtsgeld bei Langzeiterkrankung.

Urteil 1: Verhaltensbedingte Kündigung bei Krankheit - Vorwerfbarkeit der Pflichtverletzung
Gericht: BAG, Urteil vom 03.11.2011, 2 AZR 748/10

Leitsätze:

1. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer seine Vertragspflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt.

2. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer seine Vertragspflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt.

3. Ist dem Arbeitnehmer die Pflichterfüllung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen subjektiv nicht möglich ist er von der Pflichterfüllung befreit, so dass eine verhaltensbedingte Kündigung ausscheidet.

Bedeutung für die Praxis:

Dem klagenden Arbeitnehmer stand zu ausschließlich dienstlichen Zwecken ein Dienstwagen zur Verfügung. Er war angewiesen, bei Arbeitsunfähigkeit den Fahrzeugschlüssel und das Fahrtenbuch im Betrieb abzugeben. Dieser Pflicht kam er trotz Abmahnungen mehrfach nicht nach. Anfang 2009 nahm der Kläger die Kfz-Utensilien mit nach Hause und war dann einige Wochen arbeitsunfähig krank. Auch während seiner Abwesenheit reichte er die Sachen nicht bei der Arbeitgeberin ein. Daraufhin kündigte die Beklagte dem Kläger. Der Kläger meint, er sei aufgrund einer akut depressiven Phase nicht in der Lage gewesen, sich an die Arbeitsanweisungen zu halten.

Das BAG entschied, dass eine Kündigung dann nicht aus verhaltensbedingten Gründen erfolgen könne, wenn wegen einer akuten depressiven Phase die Einhaltung der Arbeitsanweisung für den Arbeitnehmer subjektiv unmöglich ist.

Beruft sich der Arbeitnehmer auf krankheitsbedingte Gründe könne es erforderlich sein, dass er substantiiert darlegt, woran er erkrankt war und weshalb er deshalb seine Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen konnte. Zum Beispiel kann der Arbeitnehmer seinen Arzt von der Schweigepflicht entbinden. Dem Arbeitgeber müsse dann die Möglichkeit gegeben werden, den Vortrag des Arbeitnehmers zu entkräften.

Ist dem Arbeitgeber bekannt, dass ein Arbeitnehmer unter einer Krankheit leidet, die ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich macht, sollte er darauf achten, dass er die Kündigung zumindest auch auf personenbedingte Gründe stützt. Eine rein verhaltensbedingte Kündigung kann in diesen Fällen unwirksam sein.

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