Konkurrenz im eigenen Haus

06.01.2005
IT-Online-Händler Avitos und die COS Distribution ziehen zusammen.Der Schulterschluss der beiden Konzernschwestern, der vor allem Kosten senken soll, könnte Konfliktpotenzial bergen. Von ComputerPartner-Redakteur Dr. Thomas Hafen

Avitos und COS Distribution schmeißen zusammen. Bis 1. Februar 2005 wird der Online-Händler sein Lager in das der Konzernschwester integriert haben - so der Plan. "Wir können die Logistikkosten um 70 Prozent senken und die Verfügbarkeit stark steigern", ist sich Avitos-Chef Bassam Doukmak sicher.

Der Umzug ist eine jener Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Geschäftsbereiche des Schweizer Konzerns COS Computer Systems AG auf Kurs zu bringen. Die Holding hatte Ende Oktober 2004 verkündet, dass alle Beteiligungsgesellschaften innerhalb der kommenden zwei Jahre eine Eigenkapitalrendite von 20 Prozent vorweisen müssen - keine leichte Aufgabe, vor allem für den Großhandel (ComputerPartner berichtete).

Peter Becker, Mitglied der Konzernleitung und Konzernbereichsleiter Distribution, sieht?s gelassen: "Das Ziel ist erreichbar." Die Eigenkapitalrendite sei nur ein Aspekt. Genauso wichtig sei doch, ob ein Unternehmen profitabel arbeitet und Wachstumspotenziale bietet. Die sieht Becker für die Distribution durchaus. Mehr Umsatz, mehr Händler und mehr Bedeutung bei den Partnern, das sind die erklärten Wachstumsziele für das kommende Jahr. Mehr Umsatz soll vor allem der E-Shop bringen: "Ein Drittel unserer Händler kauft regelmäßig online, in der Schweiz sind es bereits über die Hälfte", sagt Becker. COS will außerdem mehr Händler an sich binden und bei diesen der bevorzugte Distributor werden. Das Disti-Sterben kommt Becker dabei ganz recht: "Ich hoffe, die Konsolidierung geht weiter."

Konsolidieren, optimieren, Synergien schaffen - das sind die Zauberworte, mit denen COS und Avitos intern an der Kostenschraube drehen. Nach dem Lagerumzug wollen die Unternehmen Rechnungswesen und RMA-Abwicklung weitgehend zusammenführen. Die Umstellung auf SAP, die bereits für Anfang 2004 geplant war, soll weitere Einsparpotenziale bieten. Als Abschlusstermin für das Projekt hat COS nun das zweite Quartal 2005 anvisiert.

Für viele Mitarbeiter wird die Potenzialsteigerung jedoch unangenehme Folgen haben: Sie müssen gehen. Betroffen sind vor allem die Bereiche Verwaltung, RMA-Abwicklung, Logistik, Buchhaltung Controlling und die Avitos-eigene Assemblierung, deren Aufgaben der konzerneigene Auftragsfertiger Topedo übernimmt. "Wir müssen die Personalkosten an den Markt anpassen", begründet Becker die Maßnahmen.

Kein Problem scheint dagegen die Zusammenarbeit zwischen Distributor und Online-Händler für die Kunden von COS zu sein. Laut Becker hätten bisher nur zwei Partner über Einbußen geklagt. Kein Wunder: Das Konfliktpotenzial war gering. Während sich Avitos auf technikbegeisterte Privatkunden konzentrierte, lieferte COS vornehmlich an Händler, deren Kunden kleine und mittelgroße Unternehmen sind.

Und genau die hat Avitos nun für sich entdeckt: "Wir sind durch Zufall in den Geschäftskundenmarkt geraten", sagt Doukmak. Eine Kundenanalyse habe ergeben, dass sich unter den 400.000 Nutzern des Webshops 50.000 gewerbliche Besteller aus Unternehmen mit bis zu 250 Computer-Arbeitsplätzen befänden.

Darauf will Avitos aufbauen: "Wir wollen der bevorzugte IT-Supplier für diese Unternehmen werden", erklärt Doukmak. Für den Manager ist der Geschäftskundenbereich der Wachstumsmarkt schlechthin. Die Online-Umsätze im B-to-B-Bereich sollen hier zu Lande laut Branchenverband Eito (European Information Technology Observatory) bis 2007 auf 732 Milliarden Euro steigen - rund fünfmal so viel wie 2003.

Meinung des Redakteurs

Mit der Entwicklung in den Geschäftskundenmarkt wird Avitos direkter Konkurrent zur Klientel der Konzernschwester COS Distribution. Wer sich darüber aufregt, hat den Markt nicht verstanden. Denn der entwickelt sich in Richtung Online-Handel - ob mit oder ohne Avitos.

Zur Startseite