Konsolidierungs-Druck auf CRM-Hersteller steigt weiter an

22.11.2001
Der Shake-out von Unternehmen verschärft sich in Krisenzeiten. Dies bekommen jetzt auch die Hersteller von Lösungen für das Kundenbeziehungs-Management zu spüren. Die wachsenden Begehrlichkeiten der großen IT-Hersteller belegen aber die Bedeutung des CRM-Marktes.

Todeslisten wie am Neuen Markt wurden auf der CRM-Expo nicht geführt, aber die Bäume wachsen für Anbieter von Kundenbeziehungs-Software momentan nicht in den Himmel. Hersteller wie Orbis, Firepond und Cycos sowie Dienstleister wie Mummert und Partner sagten ihren Messeauftritt ganz ab, andere, wie die Brainware AG, gingen kurz davor in Konkurs oder schlüpften bei großen Anbietern unter, wie IDS Scheer bei SAP. Andererseits waren vor allem die Hersteller von Analyse-Software wie SAS Institute, Data Distilleries sowie Cognos stark vertreten, und auch einige CRM-Exoten wie Siemens und Hewlett-Packard machten ihre Aufwartung in Köln. "Mit 173 Ausstellern ist die Halle trotz der schwierigen Zeit zu 90 Prozent belegt", zeigte sich der Schirmherr der CRM-Expo Wolfgang Martin, Research Fellow bei der Metagroup, mit der Resonanz auf die Messe zufrieden.

Interact und Sage KHK raufen sich zusammen

Weniger zufrieden war dagegen Sybille Ehlers, Geschäftsleiterin bei Interact Deutschland: "Das ist die schlechtest organisierte Messe, die ich kenne." Die Tochtergesellschaft der Sage Group war im Gegensatz zum letzten Jahr selbst gar nicht auf der Messe vertreten, aber einige Vertriebspartner hatten gemeinsam einen Stand organisiert. "Wir erwarten Entscheidungsträger. Jeder in der Halle ist ein potenzieller Käufer der CRM-Lösung Saleslogix", begründet Uwe Schmidt, Managing Director bei SIT Consult, das Engagement der Interact-Vertriebspartner.

Günstig auf ihr Geschäft könnte sich auswirken, dass sich die bislang unklare Zusammenarbeit der beiden deutschen Tochtergesellschaften der Sage Group, Interact und Sage KHK, konkretisiert. "Wir bleiben rechtlich selbständig, fahren aber ab 21. November eine gemeinsame Vermarktungs-Strategie", erklärt Ehlers. Schnittstellen zu allen 42 Lösungen der Sage Group seien fertiggestellt. "Jetzt muss Sage KHK nur noch die notwendigen Treiber für die lokalen Versionen zum Download im Internet bereitstellen", berichtet Ehlers.

Microsoft sorgt für Unruhe

Weniger harmonisch nehmen die meisten CRM-Hersteller dagegen das sichtbar große Engagement der Microsoft-Division Greatplains auf: "Die haben hier nichts zu suchen", entrüstet sich Ehlers. Seit der Übernahme des ERP-Herstellers Ende letzten Jahres und dem damit verbundenen Eintritt in das Lösungsgeschäft wittern viele Independent Software Vendors (ISVs) auch Begehrlichkeiten der Redmonder im CRM-Geschäft. "Microsoft pusht Greatplains in den Markt und macht das Unternehmen auch zu einem ernst zu nehmenden Wettbewerber im CRM-Bereich", sorgt sich Wolfgang Matheis, Geschäftsführender Gesellschafter bei dem Frontrange-Partner Marathon-Computer.

Der ehemals unter Goldmine firmierende amerikanische CRM-Hersteller öffnet seine Lösungen jetzt zwar auch wie viele aus der Microsoft-Gemeinde gegenüber Datenbankplattformen des Microsoft-Erzrivalen Oracle, musste aber bereits Einsparungsmaßnahmen ergreifen. Sowohl die Stelle des Produktmanagers für das Lowend-Produkt Goldmine 5.5 als auch die des Managing Directors in Deutschland wurden gestrichen.

Die Befürchtungen der ISVs sind nicht von ungefähr, auch wenn die Microsoft-Division in Deutschland bislang außer einer adaptierten Siebel Midmarket-Edition im CRM-Bereich nichts zu bieten hat. Die Übernahmegerüchte für einen der beiden CRM-Hersteller Pivotal oder Onyx halten sich hartnäckig. Außerdem habe Microsoft auf einer Tagung der Vertriebspartner im amerikanischen Fargo eine CRM-Lösung für sein Mittelstandsportal "B-Central" vorgestellt, wie am Rande der Messe zu erfahren war.

Update.com will Makel der New-Economy abstreifen

Die Probleme des CRM-Herstellers Update.com aus Österreich sind dagegen hausgemacht. Der seit Juni amtierende Vorstandsvorsitzende Gerhard Schuberth will aber die Aufräumarbeiten zügig voran treiben "Bis Ende dieses Jahres erreichen wir den Break-even", gibt sich Schuberth optimistisch. Eher Kosmetik dürfte die erneute Namensänderung sein. Nach Update-Marketing will das Unternehmen jetzt den Makel der New-Economy abstreifen und streicht das .com aus dem Namenszug.

Mehr Aussicht auf Erfolg verspricht da schon der Ausbau des Vertriebspartner-Programms. Konkretes war zwar noch nicht zu erfahren, aber Partnerverantwortlicher Günter Trupp ließ durchblicken, dass der indirekte Vertrieb massiv ausgebaut werden soll.

Auch DD Synergy will unter neuer Flagge sichere Häfen ansteuern. Ab 1. Dezember bietet der System-integrator als Nextevolution Consulting Group seine Dienste für Lösungen der CRM-Hersteller Update, Epicor und Team Brendel an. Der IT-Dienstleister kam im September bei der Insolvenz seiner Muttergesellschaft Popnet unter die Räder. Ein Investor sei laut Nils Ottenau, Consultant bei DD Synergy, bereits gefunden. Dessen Namen dürfe er aber noch nicht bekannt geben.

www.crm-expo.com

ComputerPartner-Meinung:

Dem Hype folgt auch im CRM-Markt die Ernüchterung. Die gesamtwirtschaftliche Krise im Allgemeinen und Microsoft als Haifisch im Goldfischbecken im Besonderen bedrohen vor allem die auf den Mittelstand fokussierten Hersteller. Doch ein Shake-out unter den kleinen Anbietern ergibt sich zwangsläufig, wenn immer mehr IT-Unternehmen aus anderen Disziplinen ihr Glück in diesem Markt suchen. Vor allem die Großen unter ihnen wie Peoplesoft und SAP schnappen den Kleinen immer mehr Anteile weg. Dazu kommt, dass Best-of-Breed-Hersteller, wie CRM-Primus Siebel, ihr Herz für die mittelständische Klientel entdecken und in diesem Kundensegment wildern. Das Engagement der Großen zeigt aber auch eines deutlich: Diesem Markt gehört die Zukunft. VARs sollten deshalb zwar sorgfältig überlegen, für welchen Hersteller sie tätig werden wollen, sich aber dennoch schon heute engagieren. (hei)

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