Konstanz und Transparenz

09.09.2004
Seit fünf Jahren hat sich IBM auf Business-Produkte konzentriert und sich dem Fachhandel geöffnet. Mit Erfolg. Seit drei Quartalen wächst das Geschäft mit Second-Tier-Partnern am stärksten, wie Marc Fischer, PCD-Chef bei IBM Zentral-Region, im Exklusiv-Gespräch mit ComputerPartner berichtet. Von ComputerPartner-Redakteurin Ulrike Goressen

In den ersten beiden Quartalen 2004 schoss der Notebook-Verkauf raketengleich in die Höhe und verschönte auch die Marktzahlen für den PC-Markt. Dabei kamen nicht nur Shootingstars wie Acer auf ihre Kosten. Das erste Halbjahr 2004 verlief auch sehr zufrieden stellend für IBM und erst recht für Marc Fischer, seit Anfang 2003 Direktor der Personal Computer Devision Zentral-Europa bei Big Blue. Dabei erfreuten ihn vor allem die guten Ergebnisse in Deutschland und Österreich, während die Geschäfte in der Schweiz ruhig noch ein bisschen besser hätten laufen können, so seine Einschätzung.

Das Positive: Im ersten Halbjahr 2004 stiegen nicht nur die verkauften Stückzahlen, sondern auch die Umsätze. Während in der ersten Jahreshälfte 2003 die Preise dramatisch um 30 bis 35 Prozent fielen, auch im Commercial-Segment, kam die Preiserosion in diesem Jahr zum Stillstand - zumindest für IBM. Wie der PCD-Chef berichtet, habe er von verschiedenen Distributoren erfahren, dass viele andere Hersteller weitaus mehr "preisgebeutelter" wären als IBM. Das wären sicherlich vor allem die Anbieter, die über die Distis auch massiv den Retail bedienen würden, mutmaßt Fischer. Und das wäre wohl ein Grund, warum HP, FSC und Acer im zweiten Quartal laut Context über 55 Prozent Marktanteil in der europäischen Distribution hatten und IBM als "kleinerer A-Brand" geführt wurde.

Signifikantes Wachstum im Channel

IBM ist alles andere als klein, auch oder gerade im indirekten Kanal, betont der PCD-Chef. Allein in den drei vergangenen Quartalen sei IBMs Distributionsvolumen signifikant gestiegen. Auch wenn Fischer in typischer zurückhaltender IBM-Manier keine Zahlen auf Deutschland-Ebene herunterbricht, definiert er zumindest "signifikant" als "deutlich über 30 Prozent Wachstum". Und krönt diesen hohen Wert mit der Aussage, dass der SMB-Umsatz derzeit noch etwas geringer sei als der des Corporate-Business, es eventuell schon in einem Jahr zu einer Patt-Situation kommen könnte. Darauf ist Fischer besonders stolz, zumal IBM historisch gesehen, also im Jahr 2001/2002, tatsächlich noch eine "kleine Nummer" im SMB-Segment war.

Nun will er die Channel-Breite noch mehr erhöhen. Das heißt konkret: mehr Erstkäufer und mehr treue Partner. Und das will er erreichen, indem er den Partnern Mehrwert bietet. "Unsere Partner erkennen, dass unsere Angebote mehr als Me-too-Produkte sind", erklärt er leidenschaftlich. "Wir bieten nicht nur Standardkomponenten, sondern entwickeln ständig weiter, um immer bessere Produkte anzubieten." Einen weiteren Pluspunkt sieht Fischer im transparenten Kurs von IBM: "Wir waren in den vergangenen zwei Jahren sehr berechenbar für unsere Partner. Wir haben nicht jede Modebewegung mitgemacht. Denn nichts im Partnergeschäft ist schlimmer als zu schnelle Strategiewechsel."

Dennoch gibt auch er zu, dass der deutsche Markt in der Vergangenheit eine schlimme Zeit durchmachen musste. Da aber die vergangenen sieben Monate so gut liefen, könne IBM gemeinsam mit den Partnern nun auch wieder etwas entspannter spannende Themen angreifen.

Beim Ausblick auf das Geschäft bis Ende 2004 ist sich Fischer sicher, dass die Mobilen weiter wachsen werden, auch auf Kosten der Desktops. Daraus würden sich aber viel versprechende Themen entwickeln: Je mehr Notebooks im Einsatz sind, desto akuter wäre das Thema Security für Unternehmen. Welche Backup-Lösungen gibt es? Besteht WLAN-Bedarf? Wenn ja, welche Lösungen, etwa Management-Tools, werden in den Unternehmen gebraucht? Der Bedarf nach lösungsorientierten Angeboten ist auch für die IBM-Partner eine neue Chance, so Fischer. Und sie sollten schon allein aus reinem Selbstschutz diese Lösungsansätze nutzen und anbieten. "Denn reine Kistenschieber werden durch Retailer und Internet-Händler gebenchmarked" ist sich Fischer sicher. Wer nicht Value-Add anbietet, für den würde es in den nächsten anderthalb Jahren sehr eng. Die Internethändler hätten beim Kistenschieben einfach alle Trümpfe in der Hand: Sie seien preisaggressiv, allein schon dank ihrer einfachen Logistik, und böten hohe Verfügbarkeit.

Ohne Mehrwert geht kaum noch was

Da sei es doch viel besser für den Händler, sich mit Mehrwert, etwa mit Unterstützung von IBM, abzugrenzen. Denn auch mit Hardware und entsprechenden Lösungen könne man Umsatz und Profit machen. Selbstverständlich sei mit Hardware nicht die gleiche Marge zu erreichen wie mit Software. Wichtig seien nur eine realistische Selbsteinschätzung und das Erreichen der "Best-in-Class-Position". Fischer: "Nach dem schmerzlichen Strategiewechsel 1999, als wir uns aus dem Consumer-Segment zurückgezogen haben, hat sich seit einiger Zeit auch bei uns im PC-Bereich der Erfolg eingestellt und somit weltweit steigende Umsätze und Profite beschert." Auch wenn das PC-Segment im IBM-Konzern nicht die größte Nummer sei, wäre der Erfolg doch erkennbar. So habe Sam Palmisano, oberster IBM-Chef, in seinem letzten Konzernbericht den PC-Bereich explizit positiv herausgestellt.

Für IBM seien eben Konstanz und eine langfristige Perspektive über alle Bereiche wichtig. Deshalb passten IBMs Ambitionen im Games-Geschäft auch bestens zur On-Demand-Strategie. Online-Gamer bräuchten nun mal weltweit hohe und flexible Storage- und Server-Kapazitäten, und Kapazität und Flexibilität wären doch genau das Herzstück der IBM-Philosophie. Online-Gaming ist laut Fischer ein frisches Marktsegment mit besten Wachstumschancen und deshalb sei es gut, wenn IBM ein Geschäftssegment begleitet, das zum eigenen Brand passt.

Meinung der Redakteurin

Konstanz, Transparenz und Berechenbarkeit: Das sind tatsächlich drei wichtige Grundsätze für eine faire Partnerschaft. Und Marc Fischer zeigt noch einen anderen, entscheidenden Charakterzug: Leidenschaft. Gerade Letztere benötigen auch die Fachhandelspartner, um das aktuell verbesserte Investitionsklima zu nutzen, das Fundament für eine einträgliche Zukunft zu legen.

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