"Konvergenz ist für viele Händler die Zukunft"

15.07.2004
Vor rund einem Jahr trat Marcus Adä seinen Job als Geschäftsführer der Tech Data Deutschland an. Seither wird derBroadliner wieder als berechenbarer Partner im Markt wahrgenommen. Über die Entwicklung und Ziele des Unternehmens, Markttrends und Prognosen sprach der Manager mit ComputerPartner-Redakteurin Cornelia Hefer.

Herr Adä, wie laufen denn dieGeschäfte?

Adä Grundsätzlich gut. Im ersten Quartal hatten wir eine Steigerung von 20 Prozent. Auch im zweiten Quartal sind wir im zweistelligen Bereich gewachsen, was in Ordnung ist. Trotzdem fehlt der große Hype im deutschen Markt: Nach einem guten Jahresbeginn wird der Geschäftsverlauf wieder flacher. Der Mai war zum Beispiel für die ganze Branche überraschend schlecht. Und wir sehen uns in Deutschland mit einem extremen Preiskampf konfrontiert.

Ihr Chef, Zentraleuropa-Chef Andreas Dürst, kündigte vergangenen Juli im Interview mit ComputerPartner "eine neue Tech Data" an. Zitat: "Eine schlanke, agile, hemdsärmlige Organisation, die gut läuft." Hat Tech Data das geschafft?

Adä Ja, wir haben uns in den vergangenen Monaten stark verändert: Die deutsche Organisation wächst wieder, ist viel vertriebsorientierter und aggressiver als vorher aufgestellt. Das zeigt die verstärkte Ausrichtung auf mittelständische Partner und die Erfolge bei der Neukunden-Akquise. Wir konnten im SMB-Segment Marktanteile gewinnen. Tech Data ist für Lieferanten und Händler viel umgänglicher geworden. Das Image der Armani-Fraktion haben wir hinter uns gelassen. Und in diese Richtung - als flexibler, schneller und zuverlässiger Distributor - wird sich Tech Data weiter bewegen.

Ein wichtiger strategischer Punkt auf Ihrer To-do-Liste war der Umsatzausbau mit den SMB-Partnern: Das entsprechende Händlerkonzept wurde unter dem Namen "Tech-Select" angekündigt. Über SMB-Aktivitäten hat man von Tech Data in den vergangenen Monaten viel gehört, über die Entwicklung von Tech-Select dagegen nicht. Ist das Programm tot?

Adä Nein, im Gegenteil. Nicht alle SMB-Aktivitäten von Tech Data sind gleich Tech-Select. Tech-Select ist ein sehr herstellerorientiertes Mittelstandskonzept, in das wir Potenzialkunden aufnehmen: Partner, mit denen wir wachsen wollen. Wir arbeiten hier mit 8 Herstellern und 450 Händlern zusammen, die eine spezifische Unterstützung von uns und den beteiligten Lieferanten erhalten. Zehn Mitarbeiter unter Leitung von Christian Hedinger betreuen diese Partner. Wir können hier mittlerweile einige Erfolgsgeschichten vorweisen: Ein Händler hat früher bei uns für 60.000 Euro eingekauft, heute macht er mit uns einen Millionenumsatz.

Und was haben Sie für den Umsatzausbau mit SMB-Händlern getan?

Adä Zum Beispiel die entsprechende Vertriebsmannschaft aufgestockt, um dedizierte Ansprechpartner für diese Zielgruppe anzubieten. Wir haben auch die Finanzierung für Neukunden stark vereinfacht: Bei entsprechender Auskunft bekommt jeder neue Händler ein Sofortlimit von 1.500 Euro. Früher musste jeder Neukunde x-mal bei uns kaufen, um überhaupt mit uns ins Geschäft zu kommen. Im Klartext: zu 99 Prozent keine Vorkasse mehr bei Tech Data. Außerdem haben wir den Autorisierungsprozess für Neukunden extrem erleichtert: Heute geht das innerhalb eines Tages, was vorher auch länger gedauert hat.

Eine weitere Weichenstellung Richtung SMB-Händler haben Sie mit dem Thema digitale Konvergenz - bei Tech Data unter "Living IT" geführt - vorgenommen. Wie wird das bisher von den Partnern angenommen?

Adä Insgesamt ist die Resonanz extrem positiv. Digitale Konvergenz wird für viele Partner die Zukunft sein. Für uns ist das strategisch ein langfristiges Konzept und erfordert entsprechende Investitionen. Heute arbeiten wir mit 30 Pilotpartnern im Bereich Living-IT zusammen. Diese Händler hat Tech Data mit günstigem Demo-Equipment, Info- und Marketing- Material ausgestattet. Digitale Konvergenz betrachten wir als Gesamtlösungsthema: In Zukunft wird es Partner geben - ähnlich wie in den USA -, die sich bereits beim Hausbau mit der gesamten Vernetzung beschäftigen. In Deutschland läuft das Geschäft vielleicht 2005 an, vielleicht erst 2006. Sicher ist aber, dass das Thema kommen wird.

Baut Tech Data für Living IT eine eigene Abteilung auf?

Adä Zum 1. Juli haben wir einen neuen Business-Unit-Manager für den Bereich Living IT eingestellt: Max Bertl. Seine Aufgabe ist es, sich damit auseinander zu setzen, wie Tech Data dieses Thema für den Markt und natürlich für die Partner aufbereiten kann: zum Beispiel mit welchen Schulungen, welchem POS-Material. Außerdem ist er für die Lieferanten-Koordination und die Akquise neuer Hersteller verantwortlich. Es geht hier nicht um kurzfristigen Profit, sondern um die Implementierung einer langfristigen Strategie.

Mit welchen Produkten oder Lösungen wird der Handel im laufenden Geschäftsjahr Geld verdienen?

Adä Wichtig ist vor allem, dass Partner sich in Richtung Lösungsgeschäft orientieren und nicht mehr auf den reinen Produktverkauf setzen. Das kann eine Anwendungs-, Technologie- oder in Zukunft Konvergenz-Lösung sein. Denn die reinen Produktmargen gehen für Hersteller, Distributoren und Händler in den Keller. Positives Wachstum sehe ich insbesondere im Bereich mobile Solutions: Denn hier besteht zu den Themen wie Wireless, reibungslose Einbindung in Unternehmensnetzwerke noch ein großer Beratungsbedarf. Im Softwarebereich verbuchen wir ein gutes Wachstum mit Security-Produkten.

Im vergangenen Jahr um diese Zeit zettelte Tech Data einen umstrittenen Preiskampf unter den Distributoren an. In diesem Jahr ist Actebis sehr aggressiv unterwegs - insbesondere mit der gesamten HP-Produktpalette. Sie gelten zwar als Freund stabiler Margen, trotzdem müssen Sie mitziehen. Verdirbt das nicht jeden Spaß am Job?

Adä Nein, das gehört dazu. Tech Data ist in puncto Pricing zwar nach wie vor aggressiv, aber marktadäquat aufgestellt. Im deutschen Markt ist aber klar, dass Preise und Margen weiter nach unten gehen werden. Das ist der Trend. Um hier mithalten zu können, braucht man eine entsprechende Struktur und ein angepasstes Kostenmodell, sonst kann man in unserer Branche nicht mehr profitabel agieren.

Im Markt heißt es, Tech Data habe kürzlich Leute entlassen.

Adä Wir haben keine Mitarbeiter im großen Stil entlassen. Es gibt natürliche Fluktuationen, und wir haben auch wieder Ressourcen aufgebaut - zum Beispiel für Living IT. Trotzdem überprüfen wir permanent in puncto Kostenmodell unsere Struktur.

Wie lautet Ihre Prognose für das Jahresendgeschäft - wird es mit der deutschen IT-Branche endlich wieder aufwärts gehen?

Adä Wir sehen fürs vierte Quartal einen verhaltenen Optimismus im Markt: ein Wachstum im einstelligen Bereich. Der Ersatzbedarf bei den gewerblichen Endkunden aus dem Jahr 2000 ist da. Und ich bin sicher, dieses Geschäft wird im Jahresendgeschäft kommen. Was wir derzeit nicht sehen, sind neue, bahnbrechende Innovationen. Den großen Durchbruch erwarte ich also nicht.

Eine letzte Frage hätten wir noch ....

... Herr Adä, vor rund zwölf Monaten, am 1. Juli 2003, sind Sie mit einigen Vorschusslorbeeren bedacht zum Geschäftsführer der Tech Data Deutschland aufgestiegen. Was haben Sie nach einem Jahr vorzuweisen, worauf Sie richtig stolz sind?

Adä: Eigentlich müssten das ja andere beurteilen ... Aber wir haben hier zwei Dinge gleichzeitig durchgezogen: Marktanteile in den Segmenten gewonnen, die wir definiert hatten. Und gleichzeitig hat Tech Data Deutschland die SAP-Einführung extrem erfolgreich überstanden, obwohl wir großen Respekt vor dem Projekt hatten. Aber das war nicht mein Erfolg, sondern der Erfolg der engagierten Mitarbeiter.

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