Kopierlust und Kopierfrust

24.02.2000
CD-Brenner erfreuen sich größter Beliebtheit. Auch CD-Rohlinge warten mit steigenden Absatzzahlen auf. Deutschland kopiert, was das Zeug hält. Nicht immer legal, aber die Branche boomt.

Um dem Anwender das Kopieren von Software so schwer wie irgend möglich zu machen, versuchen Hersteller mit immer raffinierteren Methoden, ihre Software zu schützen. Dabei versuchen sie aber nicht, professionelle Raubkopierer auszutricksen - denn gegen die haben auch die besten Programmierer keine Chance.

"Sinn des Kopierschutzes ist es hauptsächlich, die Schulhofkopiererei zu unterdrücken. Und das funktioniert mehr oder weniger gut", erklärt Ralf Wirsing, PR-Manager bei Ubi Soft gegenüber ComputerPartner. "Bei Spielen ohne Kopierschutz haben wir die meisten Verluste. Kommt ein neues Spiel auf den Markt, schnellen die erste Woche die Verkaufszahlen nach oben, um dann in den Keller abzurutschen. Einer kauft sich die Software, um sie dann 10- bis 20-mal zu kopieren und auf dem Schulhof zu verteilen. Deshalb sind alle Spiele von Ubi Soft mit einem Kopierschutz ausgestattet."

Kopierschutz im Detail

Als die ersten Software-Lösungen und Spiele auf CD-ROM angeboten werden konnten, atmeten die Hersteller auf. Denn CD-Brenner gab es damals noch nicht, und dem unrechtmäßigen Verbreiten von Software war ein Riegel vorgeschoben. Doch dann erschienen die ersten CD-Brenner auf dem Markt, und die Hersteller wurden unsanft aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt. Als erste Maßnahme gegen Raubkopierer wurden einfach CD-ROMs mit Überlänge produziert. Die konnten von normalen, einfachen CD-Brennern nicht mehr kopiert werden. Außerdem waren dafür auch keine Rohlinge verfügbar. Als auch das Kopieren von Audio-CDs in Mode kam, reagierten die Plattenfirmen ebenfalls. Mit sogenannten Bonus-Tracks verlängerten sie die Audio-CDs. Dadurch ließen sich auch die anfangs nicht mehr kopieren. Doch die Industrie reagierte auf die Nachfrage nach größeren Rohlingen. Zuerst kam die 700-MB-CD in den Handel. In der Werbung wurde sie großartig mit "50 Megabyte mehr Speicherkapazität für Ihre Daten" angepriesen. Doch in Wirklichkeit fand diese CD deshalb so reißenden Absatz, weil man damit Playstation-CDs von Sony kopieren konnte.

Kopierschutzverfahren

Um eine CD-ROM vor dem Kopieren zu schützen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Alle basieren aber auf Software-Tricks. Und deshalb lassen sich auch alle Tricks wieder per Software umgehen. Bei einen professionellen Hacker müssen solche Schutzmechanismen schnell wieder passen.

Eine weitere Methode sind sogenannte Dummy-Files, die dem Rechner viel größere Datenmengen vorgaukeln als tatsächlich auf der CD-ROM sind. Da kann plötzlich ein Image von der CD auf die Festplatte eine Größe von über 2 GB aufweisen. Solche DummyFiles werden häufig zusammen mit einem unzulässigen TOC (Table of Contents, das ist das Inhaltsverzeichnis der CD) eingesetzt. Dieser Schutz kostet den Hersteller praktisch nichts und verhindert das massenhafte Raubkopieren.

Manipuliert man die TOC, sieht es für den Brenner so aus, als ob ein zweiter Daten-Track auf der CD-ROM vorhanden wäre. Genau das erlaubt die ISO-Norm aber nicht, und schon steigt der Brenner aus.

Ein weiterer Schutz besteht darin, fehlerhafte Stellen auf der CD-ROM einzufügen. Zum Beispiel werden auf der CD-ROM 20 oder 30 Nullbytes hintereinander geschrieben. Damit kommt jede Fehlerkorrektur aus dem Tritt. Die interne Logik des Laufwerkes errechnet dann bei der Fehlerkorrektur eine falsche Prüfsumme und vergleicht diese mit der absichtlich falschen Prüfsumme auf der CD. Stimmen beide Werte nicht überein, bricht das Laufwerk den Brennvorgang ab.

Professionelle Schutzprogramme

Eines dieser Programme heißt Laser-Lock und besteht aus einem Hard- und Software-Kopierschutz. Per Laser wird eine unverwechselbare Kennung in die CD-ROM gebrannt. Die wird beim späteren Programmstart immer abgefragt. Deshalb müssen solche CDs ständig beim Spielen im Laufwerk liegen. Laser-Lock ist relativ teuer, je nach Presswerk werden zwischen 1,60 und 12 Mark Aufschlag pro CD verlangt.

Umgehung des Kopierschutzes

Man könnte nun auf die Idee kommen, mit einem entsprechenden Programm einfach alle Daten nacheinander von der CD-ROM einzulesen und wieder auf einen Rohling zu brennen. Solche Programme kursieren zuhauf im Internet. In den meisten Fällen funktioniert das aber nicht. Grund ist nicht die Software, die würde in jedem Fall eine 1:1 Kopie unterstützen. Der Brenner ist der Schuldige. Denn jeder Brenner enthält einen Minicomputer mit eigenem Bios, hier jetzt Firmware genannt, der alle Brennvorgänge steuert. Und dazu gehören neben der Fehlerkorrektur auch die Einhaltung des ISO-Standards für optische Datenträger. Kommt die Fehlerkorrektur aus dem Tritt, bricht der interne Computer den Brennvorgang ab. Die erst hinter dem Brenner sitzende Software hat keinerlei Möglichkeiten, dies zu beeinflussen.

Nachteile für den Anwender

So viele Vorteile die Hersteller auch beim Kopierschutz sehen, so gibt es auch ein paar Nachteile, die der ehrliche Anwender in Kauf nehmen muss. Zum Beispiel verlangen einige Spiele, dass die Original-CD im Laufwerk liegen muss. Manchmal erkennt das Spiel aber auch die Software nicht und weigert sich zu starten. Außerdem wird die teure Spiele-CD durch ständiges Einlegen und wieder Herausnehmen auch nicht besser. Die CD kann verkratzen und verschmutzen, wodurch die Anzahl der Lesefehler rapide ansteigt. Außerdem sind CD-ROM-Laufwerke langsamer als Festplatten. Durch einen CD-ROMSimulator ließe sich das Spiel auch auf die Festplatte kopieren, wenn da nicht der leidige Kopierschutz vorstehen würde.

Der Hersteller steckt also in einer Art Zwickmühle. Einerseits muss er einen Kopierschutz für seine Produkte vorsehen, damit er sie auch verkaufen kann. Andererseits darf der Kopierschutz den ehrlichen Käufer auch nicht zur Verzweiflung treiben.

Ehrliche Anwender bezahlen die Zeche

Viele Hersteller begründen die hohen Software-Preise eben mit der Raubkopiererei. Doch auf die direkte Frage: "Würden Sie die Preise senken, wenn die Raubkopiererei schlagartig aufhören würde?" antworten sie unisono mit einem klaren Nein. Dann müssen eben wieder die hohen Entwicklungskosten für die Software als Begründung herhalten. Nur darf man einerseits nicht die Raubkopierer für die hohen Preise verantwortlich machen, andererseits aber beim Wegfall die hohen Preise beibehalten. Und die Kosten für den Kopierschutz einer Software sind enorm hoch. Zwischen 50.000 und 100.000 Mark lassen sich die Hersteller einen Kopierschutz kosten. Zahlen darf ihn wie üblich der ehrliche Anwender. (jh)

www.ubisoft.de

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