Kraftakt mit 4x4: Grafikbooster für den OpenGL-Workstation-Bereich

20.11.2003
Dieses Jahr ist alles anders. Bislang musste man circa drei Monate warten, bis die O-penGL-Derivate der Mainstream-Grafikkarten auf den Markt kamen. Die geringere Nachfrage in Zeiten der Stagnation hat bei den Herstellern scheinbar zu einem Umdenken geführt. Bei NVIDIA beispielsweise sollte kurz nach Einführung des Grafikchips NV35 (GeForce FX5900 Ultra) auch die OpenGL-Variante NV35GL pünktlich zur SIGGRAPH-Computermesse fertig sein, welcher auf der Quadro FX 3000 zum Einsatz kommt. ATi handelte gleichermaßen.

Wer im Marktsegment der OpenGL-Grafikkarten erfolgreich sein will, braucht nicht nur die Hardware. Das A und O ist Zuverlässigkeit. Käufer von Workstations zahlen oft mehr als das Doppelte für eine OpenGL-Karte, obwohl die Hardware nur homöopathische Änderungen im Vergleich zu ihren Mainstream-Pendants aufweist. Der wesentliche Unterschied liegt in der Treiberentwicklung. Etwas suspekt war uns die Sache schon. Ist es etwa NVIDIA und ATi gelungen, die Entwicklungszeiten für die Treiber erheblich zu verkürzen? Lediglich die Hardware im THG-Testlabor abzugeben ist zumindest kein Kunststück.

Wir testen in diesem Vergleich die FireGL X2-256 von ATi gegen die NVIDIA Quadro FX 3000. Neben diesen Highend-Produkten kommen auch die Budget-Karten Quadro FX 500 und FireGL T2-128 zum Zuge. Aktuell sind immer noch die FX 1000 und FX 2000 (http://hoover1/graphic/20030225/ index.html) sowie die X1 und Z1 (http://hoover1/graphic/ 20030308/index.html). Letztere mussten ebenso den Testparcours durchlaufen.

ATI FireGL X2-256: günstiger Sprinter

Die FireGL X2-256 von ATi basiert auf dem Radeon/FGL9800 (R350W).

Die VPU verfügt über circa 107 Millionen Transistoren. Bestückt ist das Board mit 256MB DDR-II-Speicher. Das Interface dazu besitzt eine Busbreite von 256Bit. Bei einem Speichertakt von 350MHz ergibt sich eine theoretische Bandbreite von 22.4GB/sek. Getaktet wird der Chip mit 380 MHz.

Zum wesentlichen Funktionsumfang des Chips gehören:

- 4 parallele Geometrie-Engines

- 8 parallele Pixel Pipelines

- Floating-Point-Präzision von 128Bit

- zwei integrierte RAMDACs mit 400 MHz und 10Bit pro Kanal

- maximal 8 Lichtquellen

- 16 Texturen pro Durchlauf (Pass)

- Frame Buffer Unterstützung mit 10Bit pro Kanal

- 2X/4X/6X Full Scene Anti-aliasing Modes

Die Bauweise der Karte belegt 1 Slot. Zum Vergleich: Die ältere X1-256 belegt zwei Slots auf einem Motherboard. Ausgestattet ist die X2 mit zwei DVI-I-Buchsen. Daran lassen sich digitale Flachbildschirme oder per mitgelieferten Adapter analoge Monitore anschließen. Die maximale Auflösung liegt pro Display bei 2048x1536 Pixeln. Eine Buchse für eine Stereobrille ist nicht vorhanden.

ATI FireGL T2-128: billiges Einsteigermodell

Im Vergleich zum Highend-Modell X2 wirkt die FireGL T2-128 erheblich kastriert. So wurden die Geometrie-Engines und Pixel-Pipelines auf die Hälfte reduziert. Das spiegelt sich auch in der Anzahl der Chip-Transistoren wieder. Mit 75 Millionen entspricht das 32 Millionen weniger als bei der X2. Positioniert wird die T2 sogar unter den Modellen Z1, X1 und X2. Deshalb kann das Produkt nur den Entry-Level-Anwendern mit kleinem Geldbeutel empfohlen werden.

Die Busbreite des Speicher-Interfaces beträgt 128 Bit. Ausgehend von einem Speichertakt von 300 MHz errechnet sich bei einer Bestückung mit DDR-I-Speicher (128MB) eine Bandbreite von 9.6 GB/sek. Durch die "schlanke" Core des FGL9600-Grafikchips (RV350W) kann ATi die Karte immerhin mit 400MHz takten. Dies ist sogar 20 MHz höher als bei der X2. Wie beim Mainstream-Modell Radeon 9600 (http://hoover1/graphic/20030416/index.html) benötigt das Board keine zusätzliche Stromversorgung.

Zum wesentlichen Funktionsumfang des Chips gehören:

- 2 parallele Geometrie-Engines (halb so viele wie FireGL X2)

- 4 parallele Pixel Pipelines (halb so viele wie FireGL X2)

- Floating-Point-Präzision von 128Bit

- zwei integrierte RAMDACs mit 400 MHz und 10Bit pro Kanal

- maximal 8 Lichtquellen (HW-beschleunigt)

- 16 Texturen pro Durchlauf (Pass)

- Frame Buffer Unterstützung mit 10Bit pro Kanal

- 2X/4X/6X Anti-aliasing Modes

Ein VGA-Anschluss (Sub-D 15 pin) und eine DVI-I-Buchse findet man auf der FireGL T2-128. Eine Dual-Display-Konfiguration mit ausschließlich digitalen Displays ist deshalb nicht möglich. Immerhin lässt sich eine solche realisieren, wenn mindestens ein Bildschirm für analog ausgelegt ist. Heute ist der Anteil an analogen Monitoren - Flachbildschirme eingeschlossen - immer noch bedeutend höher als digitale Modelle.

Für die Grafikkarten FireGL X2, T2, X1 und Z1 gibt es den gleichen Treiber. Abgesehen von wenigen Abweichungen in der Hardware-Funktionalität ergibt sich deshalb für den Anwender de facto eine nahezu identische Bedienung.

NVIDIA/PNY Quadro FX 3000: Flaggschiff

Das neue Workstation-Flagschiff von NVIDIA heißt Quadro FX 3000 und ist mit 256MB Videospeicher ausgestattet. Was viele nicht wissen: dieses Modell ist in zwei Versionen erhältlich. Die Unterschiede beschränken sich jedoch nur auf die Ausstattung, wie Sie gleich erfahren werden. Im Vergleich zur älteren FX2000 fällt die deutlich abgesenkte Geräuschkulisse positiv auf.

Herzstück der FX 3000 ist der NV35GL-Grafikchip. Dieser ist ein direktes Derivat des NV35, der bereits seit längerem auf der Spielekarte GeForce FX 5900 Ultra (http://hoover1/graphic/20030512/index.html) verbaut wird. Getaktet wird der GeForce FX 5900 Ultra übrigens mit 450 MHz im 3D-Modus, die FX 3000 ist 50 MHz langsamer. Doch Vorsicht: Der Zusammenhang zwischen Taktrate und Performance lässt sich im Gebiet der Workstation-Applikationen nicht eindeutig herstellen. Die Quadro FX 3000 schlägt seine sieben Gegner in nahezu allen Benchmark-Disziplinen.

NVIDIA gibt eine maximale Speicherbandbreite von 27.2GB/Sek. an. Ausgehend von einer Speicher-Busbreite von 256Bit errechnet sich daraus ein Speichertakt von 425MHz be-ziehungsweise von "850MHz DDR". Insgesamt hat NVIDIA 12 Shader-Pipelines (FX2000/1000 besitzt 8) auf dem 130-Millionen-Transitor-Chip untergebracht. Unter der Haube berechnen diese bis zu 100 Millionen Dreiecke/sek. sowie 3.2 Milliarden Texels/sec.

In Sachen Auflösung will NVIDIA Rekorde brechen. So erreichte man auf den Luxusmonitoren IBM T221 und Viewsonic VP2209b satte 3840x2400 Pixel. Wem es interessiert: diese Auflösung trägt das unaussprechliche Standardkürzel QUXGA-W.

NVIDIA/PNY Quadro FX 3000G: Die Edelversion

Für Kunden mit ganz besonderen Wünschen hat NVIDIA die Variante FX3000G entwickelt, die gleich $1000 mehr kostet. In Sachen Performance gleicht sie der normalen FX3000. Den Unterschied machen zusätzliche Buchsen.

Oben rechts sehen Sie eine BNC-Buchse für den Genlock. Damit lässt sich die Karte mit einer externen Referenzsignal synchronisieren. Eine typische Anwendung ist der so genannte House Sync bei Fernsehsendern (On-Air Broadcast). Damit lässt sich sicherstellen, dass alle Monitore einheitlich flimmern, was weniger anstrengend für das Personal ist. Ebenso benutzt man den Genlock für die Post Production in Studios:

- Compositing

- Editing Solutions

- Sync to Audio

- Sync to character generator

Die zwei Anschlüsse, die wie RJ45-Netzwerkbuchsen aussehen, dienen dem Framesync. Dadurch lässt sich eine Multi-System-Synchronization herstellen.

NVIDIA/PNY Quadro FX 500: Entry-Level

Wie ATis FireGL T2 ist die Quadro FX 500 ein OpenGL-Einsteigermodell. Er basiert auf dem NV34GL-Grafikchip. Der klassische NV34 findet sich übrigens auf der GeForce FX 5200 (http://hoover1/graphic/20030307/index.html) wieder. Als Speicher setzt NVIDIA 128MB DDR-I-Module ein. Diese ermöglichen aufgrund des 128-Bit-Busses eine maximale Bandbreite von 7.8 GB/sek bei 300MHz Takt. Etwas kläglich wirkt der Output der Grafik-Pipeline: Gerade einmal 45 Millionen Dreiecke/sek. und 1.1 Milliarden Texels/sek Füllrate lässt schon jetzt ein Urteil zu: Die Quadro FX 500 eignet sich nur für Käufer mit geringen Anforderungen an die Rendering-Leistung. Der typische Anwender erstellt damit Pläne für den Bau (Grundrisse, Gebäudeausstattung etc.) oder einfache mechanische Bauteile.

Zum wesentlichen Funktionsumfang des Chips gehören:

- Floating Point Pipeline mit voller IEEE 128 Bit Präzision

- 32 Bit Color-Präzision pro Komponente

- 12 Bit Sub-pixel Präzision

- Hardware 8x Full-Scene Anti-aliasing (FSAA)

- OpenGL und DX9.0 Programmierbarkeit

Lab Notes: Treiber müssen noch reifen

In den vergangenen Jahren liefen OpenGL-Karten bei THG immer stabil. Diesmal sorgte ein Lockup im Applikationsbenchmark 3D Studio Max für einiges Kopfzerbrechen. Er betraf lediglich die Quadro FX 3000 und die FireGL T2. An einer bestimmten Stelle im Benchmark zeigte sich eine Fehlermeldung. Kurioserweise zeigte sich bei NVIDIA und bei ATi der Fehler an der gleichen Stelle. Alle anderen sechs Kandidaten liefen tadellos.

Während beide Karten den Grafikteil des Benchmarks mit Bravour bestanden, erzeugte der CPU-Test die Meldung Insufficient Memory for Shadow Buffer for Light "Spot SUN". Um einen Hardware-Fehler der E7505-Plattform auszuschließen, bauten wir unsere Testanordnung mit einem i875P-Board erneut auf und installierten Windows auf eine frisch formatierte Festplatte. Wieder das gleiche Problem. NVIDIA schickte uns daraufhin einen neuen Interim-Treiber, der Abhilfe schaffte - zumindest wenn man im BIOS des Motherboards die AGP Aperature Size auf 256MB beließ. Andere Einstellungen wie 128MB funktionierten nicht. NVIDIA ist der Sache also auf der Spur: Man sagte uns, dass kleine Veränderungen am Treiber vorgenommen wurden, die die Speicherallokation von Video- und Systemspeicher betreffen.

Bei ATi löste sich das Problem durch die neue Plattform auf. Stellte man beim i875P-Motherboard die AGP Aperature Size auf 128MB verschwand der Fehler (beim E7505 blieb es trotzdem dabei). Hier zeigt sich, dass die Treiber von NVIDIA und ATi noch auf wackeligen Beinen stehen. Veränderungen der AGP Aperature Size dürfen nicht zu Lockups führen, sondern dürfen sich nur in der Performance bemerkbar machen.

Preisvergleich und Wertung

Dieses Mal wollten wir das Preis-/Leistungsverhältnis genauer untersuchen. Deshalb haben wir alle grafiksensitiven Benchmark-Ergebnisse dieses Vergleichs auf den jeweils höchsten Wert normalisiert (100%) und daraus den arithmetischen Mittelwert gebildet. Daraus ergibt sich das normalisierte Mittel aller Grafikergebnisse und stellt das relative Performance-Rating aller Karten dar.

Fazit

Die Quadro FX 3000 von NVIDIA ist unangefochtener Performance-Sieger dieses Vergleichstests. Jedoch müssen Kunden für diese Karte eine Menge Geld hinlegen. Straßenpreise von $2000 bei der FX3000 und sogar $3000 für die FX3000G will nicht jeder ausgeben. Für $900 ist die FireGL X2-256 dagegen schon ein Schnäppchen. Und die Performance kann sich sehen lassen.

Generell zeigt dieser Test: das bessere Preis-/Leistungsverhältnis kann ATi für sich verbuchen.

Für Ingenieurbüros mit geringen Anforderungen an die Rendering-Leistung und kleinem Budget ist die FireGL T2-128 zu empfehlen. Dieses Entry-Level-Produkt kostet zwar $50 mehr als die Quadro FX 500, bietet jedoch auch bessere Leistungsdaten. Die Quadro FX 3000 und die FireGL T2-128 stürzten anfangs im 3D-Studio-Max-Benchmark ab. Dieses Problem ließ sich sogar auf zwei unterschiedlichen Testplattformen mit E7505- und i875P-Chipsatz reproduzieren. NVIDIA konnte letztendlich das Problem durch ein Treiber-Update beheben, ATi schaffte diesen Teiltest derzeit nur auf dem i875P-System mit einer bestimmten AGP-Aperature-Einstellung. Es gilt also nach wie vor die alte Regel: OpenGL-Hardware kann man schnell produzieren, Treiber brauchen etwas länger. Immerhin sollten die größten Bugs heute ausgemerzt sein.

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