Kredite im Dienstleistungssektor: Banken lenken ein, scheuen aber noch das Risiko

10.10.1997
HAMBURG: Eine Bank und eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft haben sich zusammengesetzt und sich Gedanken über den Multimediamarkt gemacht. Anhand eines fiktiven Fallbeispiels wollten sie in einem Seminar vor rund 50 Unternehmern aus der Medienbranche beweisen, daß es für Banken und Multimediafirmen - trotz gegenteiliger Behauptungen - doch ein lukratives Miteinander gibt.So kann man es auch sehen: "Innovative Unternehmen aus dem Multimediabereich müssen auch mit ihren betriebswirtschaftlichen Strategien neue Wege beschreiten, wenn Sie langfristig am Markt Erfolg haben und expandieren wollen", lautet das Fazit aus einer Fallstudie der Vereins- und Westbank sowie der HWF Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung. "Augenblick mal" mag sich da manch ein EDV-Manager denken - normalerweise sind es doch gerade die Banken, die den Expansionsgelüsten durch ihre konservative, sehr strenge Kreditregelung einen Riegel vorschieben.

HAMBURG: Eine Bank und eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft haben sich zusammengesetzt und sich Gedanken über den Multimediamarkt gemacht. Anhand eines fiktiven Fallbeispiels wollten sie in einem Seminar vor rund 50 Unternehmern aus der Medienbranche beweisen, daß es für Banken und Multimediafirmen - trotz gegenteiliger Behauptungen - doch ein lukratives Miteinander gibt.So kann man es auch sehen: "Innovative Unternehmen aus dem Multimediabereich müssen auch mit ihren betriebswirtschaftlichen Strategien neue Wege beschreiten, wenn Sie langfristig am Markt Erfolg haben und expandieren wollen", lautet das Fazit aus einer Fallstudie der Vereins- und Westbank sowie der HWF Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung. "Augenblick mal" mag sich da manch ein EDV-Manager denken - normalerweise sind es doch gerade die Banken, die den Expansionsgelüsten durch ihre konservative, sehr strenge Kreditregelung einen Riegel vorschieben.

Doch das zuzugeben, wäre wohl zuviel der Selbstkritik für die Bank, die zusammen mit dem Wirtschaftsförderungsunternehmen HWF ihr zweites Seminar für junge Unternehmen der Medienwirtschaft veranstaltete. Ulrich Meineke, Vorstandsmitglied der Vereins- und Westbank, erklärte gar, daß seine Bank dem Mediensektor eine "herausragende Bedeutung" beimesse und gerade erst ein Team von Branchenexperten für die Betreuung von Medien-Unernehmen und -Projekten in diesem Bereich gebildet habe.

Fallbeispiel: Das fiktive Multimediaunternehmen NewCo will expandieren

Wie ein gesundes Miteinander in der Praxis denn funktionieren könne, wurde anhand des fiktiven Unternehmens "NewCo" aufgezeigt.

NewCo, so wurde im Vorfeld festgelegt, will nach Abschluß einer dreijährigen Startphase nun Investitionen von rund drei Millionen Mark finanzieren. Damit verbunden wäre eine Steigerung der Beschäftigtenzahl von zehn auf 30, die Verdreifachung des Umsatzes von rund einer Million Mark auf rund sechs Millionen, Software-Entwicklungen in weiteren Geschäftsfeldern und der Umzug in neue Räumlichkeiten.

"Diese Situation ist typisch für Unternehmen unserer Branche, die sich durch schnelles Wachstum auszeichnet", bestätigten unisono die Hamburger Axel Kühn (Geschäftsführer CKS digital world), Fritz Mathys (GF Kabel New Media) und Jens Bley (LAVA, Gesellschaft für Digitale Medien mbH). Sie hatten sich bereiterklärt, das fiktive Unternehmen NewCo in der Fallstudiendiskussion als "virtuelle Geschäftsführer" zu vertreten. Als Unternehmensberater stand ihnen der Steuerfachmann Rolf Hammerstein zur Seite.

Als Vertreter der "Gegenseite" argumentierten Hagen Behring für den Bereich Medienwirtschaft bei der Vereins- und Westbank, HWF-Geschäftsführer Dr. Dietmar Düdden sowie Klaus Täubrich, stellvertretender Verlagsleiter der zum Gruner & Jahr Verlag gehörenden Zeitschrift TV Today.

In der Diskussion wurde den Veranstaltern zufolge sehr schnell deutlich, daß die klassische Finanzierungsform des gesicherten Bankdarlehens für ein Dienstleistungsunternehmen wie NewCo nicht infrage kommt, weil dem Kredit keine Anschaffungswerte in Form von Grundstücken und Maschinen gegenüberstehen. Die Unternehmens-finanzierung könne also nur auf den erwarteten Markterfolg abstellen.

Wenn Banken nichts riskieren wollen: Kredit auf feste Projekte aushandeln

Doch Klaus Täubrich warnte: "Individuelle Softwarelösungen enden nur zu oft im Nirwana und werden niemals fertig. Gleichzeitig entwickeln sich am Markt durch die Macht der großen US-Firmen unerwartet schnell neue technische Standards, und die Eigenentwicklung verliert dann ihren Wert. Das ist ein Risiko, das man keinem Finanzpartner aufbürden kann." Anders zu bewerten sei es, wenn das Unternehmen über den definierten Entwicklungsauftrag eines soliden Kunden verfüge, meinte Banker Hagen Behring. In diesem Falle könne die Finanzierung auf dieses konkrete Projekt abgestellt werden.

"Multimedialeute sprechen über ihre Angebote immer noch

viel zu abstrakt!"

Das Problem der mangelnden "Handgreiflichkeit" von Dienstleistungen stelle sich auch bei der Inanspruchnahme von Fördermitteln, ergänzte HWF-Geschäftsführer Dietmar Düdden. "Obwohl die Förderung in der Regel nur die Produktion materieller Güter begünstigen kann, findet Software doch meist in Sachgütern ihre Anwendung. Diesen Zusammenhang sollten Dienstleister verdeutlichen können!", riet er. Dazu meldete sich auch ein Seminarteilnehmer aus der Filmwirtschaft zu Wort: "In unserer Branche hatten wir anfangs ähnliche Probleme. Inzwischen läuft die Finanzierung reibungslos über internationale Bankkonsortien, weil sich eben jeder unter einem Kinofilm auch etwas vorstellen kann. Multimedialeute sprechen über ihre Angebote immer noch viel zu abstrakt."

"Anschauliche Vorstellbarkeit von Beteiligungsangeboten erleichtert es uns tatsächlich zum Beispiel kleine Gruppen wohlhabender Privatleute zu einer Investition in Form sogenannter ,Club Deals' zusammenzuführen", bestätigte Hagen Behring als Vertreter seiner Bank. Auch Beteiligungsprojekte über Fonds seien der Bank im Prinzip nicht fremd - sie scheiterten im Multimediabereich bislang jedoch an den hohen Hürden der Haftungsverpflichtungen für Fondsinitiatoren, wenn die Projekte nicht den erwarteten Erfolg haben sollten. Der bessere Weg für NewCo bestehe deshalb in der Suche nach einem neuen strategischen Partner, der das Unternehmen mit frischem Eigenkapital versorgt. Verlagsmann Täubrich riet allerdings: "Wenn ein kleiner Partner in einer solchen Kooperation seine Eigenständigkeit behalten will, dann darf er nicht in einem ähnlichen Geschäftsfeld wie das Seniorunternehmen tätig sein, sondern er muß eine ganz andere, ergänzende Leistung bieten."

Schließlich könnten auch typische Beteiligungsgesellschaften ins Spiel kommen, die meist keine Mehrheitsbeteiligungen anstreben und an einem späteren Börsengang interessiert sind. Fazit: Auch wenn sich Banken offenbar derzeit mit EDV- und vor allem dort agierenden Dienstleistungsunternehmen stärker beschäftigen - Wunder an Risikobereitschaft darf man offenbar von ihnen noch nicht erwarten. Wer einen Kredit oder eine Förderung in Anspruch nehmen will, sollte zumindest feste Aufträge als Sicherheit bieten - und seine Pläne auch für Bankleute verständlich formulieren und darlegen können. Das Seminar soll fortgesetzt werden: Am 19. November wird laut Veranstalter "eine konkrete Expansionsstrategie vorgestellt, die auch die Zukunft von NewCo sein könnte". (du)

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