Krieg der Scheiben: DVD will die CD vom Thron stoßen

10.05.2001
Noch erfreut sich der Markt für CD-R/RW-Laufwerke und CD-R-Medien zweistelliger Wachstumszahlen. Der Peak ist aber bereits überschritten. Hat Memorex weltweit die Nase vorn, heißen die Top-Player in Europa TDK, Traxdata und Verbatim.

Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben von Marktforscher Understanding & Solutions 34,7 Millionen CD-R/RW-Laufwerke und knapp 3,5 Milliarden CD-Rohlinge verkauft. Gegenüber 1999 bedeutet das einen Zuwachs von 141 respektive 80 Prozent. Für 2001 geben die Marktforscher nur noch ein Wachstum von 50 Prozent für die Laufwerke und 40 Prozent für die Rohlinge an.

Im Jahr 2004 soll der Markt für CD-R/RW-Laufwerke mit 185,43 Millionen installierten Geräten bereits derart gesättigt sein, dass sich dann erstmals ein Minuswachstum einstellen wird. Für Rohlinge gehen die Analysten im Jahr 2004 nur noch von einem kleinen Plus von fünf Prozent auf 6,51 Milliarden verkauften Silberscheiben aus. Alle diese Zahlen verstehen sich exklusive CD-R-Audio. Ein Grund für die schrumpfenden Wachstumszahlen im CD-R-Markt ist sicherlich, dass in Zukunft verstärkt beschreibbare und wiederbeschreibbare DVDs gekauft werden. Traxdata, in Deutschland noch vor Europa-König TDK Nummer eins im Markt für CD-Rohlinge, will zum Beispiel in der zweiten Hälfte einen DWD+RW-Brenner auf den Markt bringen. Der Preis steht noch nicht fest, wird aber laut Peter Stelter, Vorstand von Exklusiv-Distributor E&K Data AG, bei weniger als 1.000 Mark liegen. "Wir hoffen, damit einer der Ersten zu sein", sagt Stelter, räumt aber ein, dass Ricoh, Philips und Hewlett-Packard auch nicht schlafen. Der Vorteil von DVD+RW liege in der Rückwärtskompatibilität zu CD-RW, während andere Lösungsansätze wie das Panasonic-Kind DVD-RAM die Nutzung der Geräte stark einschränken. Auf eine DVD+RW-Scheibe sollen bis zu 4,7 Gigabyte Daten passen, genug für einen kompletten abendfüllenden Spielfilm. Einen Haken haben DVD-Brenner jedoch: Nach dem Willen der Filmindustrie ist eine Kopie von Kauf-DVDs nicht möglich. Windige Trickser werden wohl einen Weg finden, den Kopierschutz zu umgehen. Für Otto Normalverbraucher beschränkt sich die Nutzung damit aber auf die Archivierung von Videoaufnahmen und die Nutzung als Speichermedium, beispielsweise für hochkapazitäre Anwendungen. "Bedenkt man, dass heute auf eine Scheibe nicht mehr als 650 Megabyte passen, ist das schon ein gewaltiger Schritt nach vorn", schwärmt Stelter.

Während Traxdata in Zukunft vor allem auf DVD+RW setzt, will sich TDK als Medienanbieter nicht auf ein Format festlegen. "Ob DVD-ROM, -RAM, oder +RW, das ist uns eigentlich egal. Wir haben die Technologie für alle Formate und arbeiten mit allen Entwicklern eng zusammen", erklärt Jean-Paul Eekhout, TDK-Marketing-Manager Eu-rope. Allerdings hat der japanische Hersteller unlängst angekündigt, sich von der CD-Produktion völlig zu verabschieden. Bei den Taiwanern ist die Freude groß, denn bisher wurden sie mit OEM-Aufträgen von TDK nicht gerade überschüttet.

Lizenzen und Dumping: Taiwan und Europa im Clinch

Mit einem Exportvolumen von einer Milliarde Dollar ist Taiwan nach eigenen Angaben größte Produktionsstätte von CD-Rohlingen. Schwer zu schaffen machen den Herstellern von der Insel allerdings die Lizenzgebühren, die Philips erhebt. Laut Ritek, nach eigenen Angaben mit einem Anteil von rund 40 Prozent größter OEM-CD-R-Produzent weltweit, hatte Philips zu einer Zeit, als die Scheiben noch drei bis vier Dollar kosteten, den taiwanischen Unternehmen 2,72 Dollar abverlangt. Heute lägen die CD-R-Preise bei 20 bis 25 Cent, von denen Philips 8,3 Cent einstreicht. Durchschnittlich lägen die Royalty-Fees, die Philips erhebt, somit also bei "königlichen" 32 bis 41 Prozent.

Zuviel, meinen die taiwanischen Hersteller und haben vor der einheimischen Fair Trade Commission gegen Philips einen Kartellrechtsprozess wegen unlauterer Monopolisierung des Marktes angestrengt. Zugleich hat die Regierung in Taipeh einen Antrag von Philips auf Steuerbefreiung für die Lizenzen abgeschmettert. Der Zwist zwischen Philips und Taiwan ist aber nur die Spitze des Eisberges. Denn viele Insulaner sehen es gar nicht ein, die als europäische Schutzzölle verstandenen Lizenzgebühren abzudrücken. "In Rotterdam stehen manchmal Container-weise CD-Rohlinge herum und werden nicht auf dem europäischen Markt zugelassen, da der Verdacht besteht, dass es sich um lizenzlose Dumping-Angebote handelt", weiß Traxdata-Vertriebspartner Stelter zu berichten. Traxdata müsse zwar ebenfalls Patentabgaben leisten, habe aber verschiedene, zum Teil wesentlich günstigere Quellen, weshalb die Lizenzen bei den Stückkosten nicht so sehr ins Gewicht fielen, so Stelter.

Hintergrund der Lizenzstreitigkeiten mit Philips, die zu einem europäisch-taiwanischen Handelskrieg auszuarten drohen, ist die Tatsache, dass der Löwenanteil der taiwanischen Exporte in die Europäische Union wandert und den hiesigen Herstellern durch Preisdumping mehr und mehr das Wasser abgräbt. Jüngsten Meldungen zufolge warnt das taiwanische Außenhandelsamt die einheimischen Hersteller bereits vor EU-Sanktionen in Form von Anti-Dumping-Steuern. Sollte es tatsächlich dazu kommen, wären die taiwanischen Hersteller gezwungen, in Europa 20 bis 30 Prozent höhere Abgaben zu leisten. Das wiederum hieße, dass die Preise für CD-Rohlinge in Zukunft wieder leicht steigen dürften.

www.uands.com

www.memorexlive.com

www.traxdata.com

www.tdk.com

ComputerPartner-Meinung:

Als OEM-Paradies ist Taiwan den Markenherstellern nur recht und billig, lassen viele von ihnen doch dort produzieren und drü-cken dann ihr eigenes Label drauf. Kein Wunder, dass selbst der OEM-Riese Ritek als größter CD-R-Produzent weltweit weder in Europa noch in Amerika unter den Top Ten zu finden ist. Wenn einige europäische Anbieter nun gegen Dumping-Angebote aus Fernost zu Felde ziehen, könnte der Schuss schnell nach hinten losgehen. Denn wie heißt es so schön: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. (kh)

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