Kriminologie-Professorin warnt vor der Wachstumsbranche Korruption

20.07.2005
Korruption ist in Deutschland derzeit die einzige Wachstumsbranche - sagt jedenfalls die Kriminologie-Professorin und Autorin Britta Bannenberg. Sie fordert schärfere Kontrollen: "Bei neun von zehn Unternehmen werden Sie fündig".

Die deutsche Wirtschaft droht nach Einschätzung der Bielefelder Kriminologie-Professorin und Autorin Britta Bannenberg, in Korruption zu versinken. "Bei neun von zehn Unternehmen werden Sie fündig", sagte sie in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Bestehende Kontrollmechanismen hätten versagt. "Die Strukturen haben sich verselbstständigt", so Bannenberg mit Blick auf Netzwerke von Scheinfirmen und verdeckte Geldwäsche. Sie beziffert den volkswirtschaftlichen Schaden in Deutschland auf 350 Milliarden Euro pro Jahr.

Bei den Tätern handele es sich längst nicht mehr um einzelne gierige Personen. "Es sind die Leistungsträger", so Bannenberg. "Sie bilden sich ein, sich über Recht und Gesetz hinwegsetzen zu können." Die Bereitschaft der Unternehmen, gegen bereits etablierte Strukturen anzugehen, sei außerdem äußerst spärlich ausgeprägt. Zwar würden ertappte Manager öffentlichkeitswirksam vor die Tür gesetzt. Dann zahle jedoch die Firma Anwaltskosten und Kautionen für sie. Häufig mache ein- und derselbe Manager wenig später in einer Tochtergesellschaft des Konzerns erneut Karriere. Opfer seien die Unwissenden, die gar nicht mitbekommen, warum etwa Aufträge an ihrer Firma vorbeigehen.

Bannenberg forderte dazu auf, die Kontrollen gegen Korruption in den Unternehmen wirksam zu verstärken. Das Risiko, entdeckt zu werden, müsse erhöht werden. Gleichzeitig müsse eine neue Wertediskussion geführt werden. Allerdings sei Deutschland im internationalen Vergleich noch nicht am Ende der Korruptionsskala angelangt: "Erschossene Staatsanwälte gibt es bei uns noch nicht", sagte die Professorin. (mf)

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