Krise trotz der "besten Geschäftszahlen seit Beginn"

26.10.2000
Das Zahlenwerk, das Apple Deutschland für das abgelaufene Geschäftsjahr vorlegen konnte, beeindruckt. Doch wer glaubt, Apple habe damit eine bessere Grundlage für das neue Jahr geschaffen, irrt: Die Probleme der Jobs-Company schlagen auch hierzulande durch.

Das wie immer dürre Zahlenwerk, das Reiner Deichmann, Interims-Geschäftsfüher der Apple Deutschland GmbH, für das abgelaufene Geschäftsjahr vorlegt, taugt zum Resümee "das beste Geschäftsergebnis, das wir in Deutschland je hatten". "30 Prozent Neukunden" hat er auf seiner Liste vermerkt, ebenso "62 Prozent Umsatzplus" - was einen Umsatz von grob geschätzten 500 Millionen Mark ergeben haben dürfte. Doch Deichmann weiß genau, dass diese Zahlen, die Erfolge im Retail-Kanal und Weiteres mehr derzeit nicht mehr wirklich wichtig sind. Denn seit das US-Hauptquartier vor drei Wochen mit Gewinnwarnungen und seine Börsenkurs zerschlug, machen sich Analysten und Apple-Kenner Sorgen, ob damit nicht das Ende des dreijährigen Höhenfluges erreicht sei. Erneut wird die Zukunft der Jobs-Company in Frage gestellt (siehe Artikel auf Seite 29 dieser Ausgabe).

"Es gibt keinen Grund, nicht auf Apple zu setzen"

Eben weil Deichmann das alles weiß, fällt es ihm schwer, die Geschäftsergebnisse mit dem gebotenen Optimismus darzustellen. Dennoch findet er drei Themen, die ihn vergessen lassen, dass Pascal Cagni, Apples Europachef, beispielsweise gerade erzählte, wie unverständlich Apple in den USA gewirtschaftet habe: In der klassischen Domäne Bildung (Schulen und Universitäten), so berichtet Cagni, habe Apple im ausschlaggebenden dritten Quartal sämtlichen Account-Manager die Kunden entzogen und stattdessen eine Handvoll neuer Sales-Manager das sensible Terrain bearbeiten lassen. Die Quittung: Apple konnte den an Dell verlorenen Führungsstab im so genannten Education-Bereich nicht wieder zurückgewinnen.

Erstens. "Wir haben im Verlagsbereich, also dort, wo wir wirklich Geld verdienen, bis zu 90 Prozent Marktanteile", stellt Deichmann fest. In dieses Segment, in dem "Stammkunden auf Apple schwören", weil das Unternehmen das Zusammenwachsen von "Inhaltserstellung und -verteilung" am bes-ten lösen könne, werde Apple mit Hochdruck investieren. Alle Unternehmen, kleine und große, seien auf der Suche nach dem geeigneten Anbieter.

"Das ist die wirkliche Chance des Fachhandels", unterstreicht er gegenüber ComputerPartner. Dieser, den er keineswegs, wie Kritiker meinen, ausgedünnt sieht, kenne die Kunden und deren Bedürfnisse. Klagen darüber, die Apple-Stores nähmen dem Fachhandel Marge und damit die Lust, im wachsenden Content-Markt zu agieren, lässt er nicht gelten. "Wer so denkt, versteht sein Geschäft als Fulfillment. Das ist definitiv verkehrt. Es geht um Lösungen, um Service und um Support. Da liegt das Geld."

Zweitens. Apple werde für eine SMB-Offensive sorgen. "Dazu muss unsere Präsenz im Retail-Kanal durch Qualifikation der Verkäufer verbessert werden", sagt er. Das sei in Arbeit. "Den Kunden muss klar werden: Wir haben alles, was für die digitale Erstellung und Bearbeitung nötig ist." Als möglichen positiven Effekt für den Fachhandel sieht er zum Beispiel, dass Heimbenutzer in ihrer Arbeitsumgebung für Apple votierten. Im besten Fall wie bei Microsoft und Office ...

Drittens werde Apple weiterhin gezielt in den Bildungsbereich investieren. "Wir haben hier den steinigen Weg gewählt", erklärt er unter Hinweis auf die Apple-Strategie, in ausgewählten Bildungszentren Lehrern die Möglichkeiten der multimedialen Lehr- stoffvermittlung beizubringen. "Das ist schwieriger, als PCs in die Schulen zu stellen, aber dafür lernen Lehrer, dass und wie es möglich ist, Schüler für neue Methoden und Inhalte zu begeistern." Auf die Dauer komme kaum eine Schule darum herum, sich mit den "Content Creation"-Werkzeugen auseinander zu setzen, die Schüler - und übrigens auch Eltern - zu Hause verwendeten.

"Wir haben im schwierigen PC-Bereich unsere Marktanteile erhöht, wir sind profitabel, und wir können viel dazu beisteuern, dass Deutschland zum Internet-Land wird", fasst Deichmann seine Punkte zusammen. Dass er damit insgesamt nur wenig an der neuen und doch so bekannten Ausgangslage von Apple ändert, gehört zu seinem Job. (wl)

www.apple.de

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