Logistik- und Mitarbeiterkapazitäten hemmen Wachstum

Kritik an WKZ-Politik

19.11.2007
Also-Deutschland-Chef Michael Dressen findet im Gespräch mit CP-Redakteurin Beate Wöhe deutliche Worte für die seiner Meinung nach verfehlte WKZ-Ausschüttung an Online-Händler durch einige Hersteller. Zudem erklärt er, wie Also seine Expansion vorantreibt.

Wollen wir gleich zu Beginn über Ihr Lieblingsthema "Frachtkosten" sprechen?

Michael Dressen (lacht): Bin ich schon berüchtigt dafür? Nein, ich hätte einige andere Themen, etwa unseren aktuellen Quartals-bericht. Also Deutschland kann nun vier Jahre in Folge ein deutliches Wachstum ausweisen und hat in dieser Zeit natürlich von kleiner Basis aus auch den Gewinn deutlich stärker ausgebaut als den Umsatz.

Was ist das Erfolgsrezept?

Dressen: Unsere Entwicklung hat sehr viel mit der Konzentration auf nur 22 Hersteller zu tun. In diesem Jahr werden wir mit dieser Strategie die Ein-Milliarden-Euro-Umsatz-grenze überschreiten.

In welchen Bereichen läuft Ihr Geschäft derzeit gut?

Dressen: Eigentlich in allen. Aus manchen Bereichen kommt jedoch auch Gegenwind aus dem Markt.

Herstellerunabhängiger Gegenwind?

Dressen: Als herstellerunabhängig kann man das nicht betrachten. HP wächst zum Beispiel sehr gut. Andere Hersteller, die sich an der Spitze des deutschen Marktes bewegen, haben wiederum Probleme. Dort ist es auch für uns schwerer, zu wachsen.

Ist das Wachstum eines Distributors nur abhängig davon, wie seine Hersteller am Markt agieren?

Dressen: Nicht nur. Es kommt auch auf die Channel-Strategie an. Manche Hersteller konzentrieren sich immer deutlicher auf das Direkt-Business mit Online-Händlern. Das ist eine sehr interessante Entwicklung ...

... die Ihnen nicht sonderlich gefällt ...

Dressen: Es ist für die Distribution immer schwierig, einen Hersteller zu beeinflussen, wenn er sich fürs Direktgeschäft entschieden hat. Die genannte Direktbelieferung von Online-Händlern ist an sich kein Problem. Sie wird aber zu einem Problem und das ist leider der Fall , wenn zusätzlich Gelder ausgeschüttet werden, die im übrigen Markt für Distributoren und andere Händler nicht verfügbar sind.

Von Geldern welcher Größen-ordnung reden wir in einem solchen Fall?

Dressen: Wir reden hier nicht über wenig. Es handelt sich teilweise um fünf bis sechs Prozent WKZ, der dann bei den Onlinern in Form von Preisreduzierungen einfließt.

Wie wirkt sich ein solches Ge-schäftsgebaren eines Herstellers auf den Markt genau aus?

Dressen: Es geschehen zwei Dinge: E-Tailer können dem Fachhandel bessere Preise anbieten, und sie unterminieren damit die Distribution. Und in dem Moment, in dem ein E-Tailer neben Consumer-Kunden gleichzeitig auch Handelsgeschäfte macht, tritt er in Konkurrenz zum Fachhandel. Dann werden Geschäfte für den mittleren Händler unattraktiv. Er kauft Ware beim E-Tailer ein und tritt anschließend beim Kunden in Konkurrenz zu seinem Lieferanten. Diese Entwicklung führt dazu, dass nur noch der E-Tail-Kanal für den Hersteller Geschäfte macht.

Das könnte für Hersteller eine gefährliche Entwicklung sein.

Dressen: Solange der Online-Vertrieb wächst, ist es für ihn wunderbar. Aber in dem Moment, in dem sich der E-Tailer von diesem Hersteller abwendet, möchte ich nicht in dessen Haut stecken.

Sie sagten, Distributoren können wenig Einfluss auf Herstel-ler nehmen. Aber spricht man nicht trotzdem solche Miss-stände an?

Dressen: Natürlich spricht man darüber, und die Reaktion ist eigentlich immer dieselbe. In Deutschland wächst heute eigentlich nur noch das Online- und Retail-Geschäft. Der traditionelle Fachhandel wächst summa summarum eher nicht mehr. Somit sind die Großen schon vom Volumengedanken her für einen Hersteller von jeher interessanter. Aber die Gefahr ist, und darauf weisen wir hin, dass damit der traditionelle Fachhandel unterminiert wird und sich unter Umständen anderen Dingen zuwenden muss.

Das hört sich nach einem Arma-geddon für den Fachhandel an.

Dressen: Es gibt noch genügend Hersteller, die sehr fachhandelstreu sind. Sie beliefern nach wie vor die E-Tailer über die Distribution. Dann entstehen nicht diese enormen Preisunterschiede, und ein normaler Wettbewerb bleibt bestehen.

Kommen Online-Superschnäpp-chen wirklich nur über die Direktbelieferungen durch manche Hersteller zustande? Liegt es nicht auch am unterschiedlichen Bestellvolumen von E-Tail/Retail und einem kleineren Systemhaus?

Dressen: Natürlich gibt es Unter-schiede zwischen dem Einkaufspreis eines Händlers, der viel Umsatz macht, und einem, der wenig Umsatz macht. Eine weitere Rolle spielt auch ein Mix aus zusätzlichen Preis-komponenten wie Frachtkosten oder unterschiedliche Zahlungsziele. Aber in der Menge liegt der durchschnittliche Preisunterschied bei 1,5 Prozent. Und diese geringe Differenz kann nicht dazu führen, dass der Kleine gegenüber dem Großen keine Chance hat.

Sollten die Marketinggelder der Hersteller an die E-Tailer, die direkt beliefert werden, gestrichen werden? Besteht dann wieder die Chance auf einen fairen Wettbewerb?

Dressen: Man müsste ein Verfahren finden, dass diese Gelder nachvollziehbar eingesetzt werden.

Die Hersteller schütten an die E-Tailer WKZ aus, ohne zu kontrollieren, wofür das Geld verwendet wird?

Dressen: Inwieweit der eine oder andere Hersteller das kontrolliert, kann ich nicht beurteilen.

Burteilen können Sie aber die Themen, die bei Also derzeit im Vordergrund stehen. Welche sind das?

Dressen: Wir haben zum Beispiel im vergangenen Jahr in Braunschweig unser neues Logistikzentrum eingeweiht und mussten schon jetzt für das Jahresendgeschäft ein Zusatzlager anmieten.

Sie haben aber doch keine weiteren Lieferanten aufgenommen.

Dressen: Wir machen sehr viel mehr Volumen und wachsen mit einigen Herstellern sehr stark. Im nächsten Schritt werden wir mit zusätzlichen 15.000 Quadratmetern unsere jetzige Lagerkapazität fast verdoppeln. Im Winter werden wir dafür den Grund-stein legen; die Eröffnung der Lagererweiterung ist für Mitte 2008 geplant.

Also Deutschland platzt aus allen Nähten?

Dressen: Wir haben vier Jahre Wachstum mit durchschnittlich 25 Prozent hinter uns. Jetzt spüren wir, dass wir auch sehr viel von unseren Mitarbeitern verlangen. Wir haben aber extreme Schwierigkeiten, Mit-arbeiter in der Region Straubing zu finden. Unser Wachstum ist Stand heute aufgrund physischer Grenzen bereits begrenzt.

Das Wachstum der Also-Gruppe wurde seit der Akquisition von GNT Ende August 2006 zwar gesteigert, das Ergebnis wurde durch den Zukauf allerdings nach unten gedrückt. Wie geht es mit GNT weiter?

Dressen: GNT ist mit Niederlassun-gen in sieben Ländern und Broad-line-Geschäft eine neue Erfahrung für uns.

Überprüft man vor einer Akquisition nicht ausführlich die Bücher des Kandidaten?

Dressen: GNT war eine Herausfor-derung, die etwas größer geworden ist, als wir erwartet haben. Aber das letzte Quartalsergebnis zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Die Firma Also hatte bisher ihre Prognosen in sehr hohem Maße immer eingehalten. Seit der Konsolidierung von GNT war das nicht mehr der Fall.

Dressen: Das ist für mich kein Beinbruch. Entscheidend ist, wie man mit einem solchen Problem umgeht. Wir haben mit dem Kauf gewisse Erwartungen bei der Profi-tabilität gesetzt. Dort sind wir im Moment noch nicht, aber ich habe keine Zweifel, dass wir unsere Ziele erreichen werden.

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