Künstliche intelligenz bei spielen

02.11.1999

MÜNCHEN: Die Ansprüche, die ein Spieler an ein Game stellt, werden immer größer. Zum Beispiel sollen Monster nicht nur blind durch die Gegend stolpern, sondern "intelligent" agieren. Mit der Leistung heutiger Computer sollte so etwas doch schon möglich sein - oder etwa nicht? ComputerPartner zeigt, was es mit der künstlichen Intelligenz bei Spielen auf sich hat.Kommt ein neues Spiel auf den Markt, findet man dort mit Sicherheit den Hinweis "KI-unterstützt". KI oder auch "Artificial Intelligence" AI steht für künstliche Intelligenz und soll den Computergegner menschlich agieren lassen. Die streng wissenschafftliche Definition von KI lautet:

Künstliche Intelligenz ist die Nachbildung menschlicher Intelligenz durch einen Rechner.

Hinter dem Grundgedanken, KI in Computerspielen einzusetzen, steckt, den Spielablauf unvorhersehbar und damit noch spannender zu gestalten. Wie das technisch realisiert wird, ist dabei zweitrangig. Oft reicht es schon aus, dem Computer zwei oder drei Ausweichmöglichkeiten auf die Reaktionen des Spielers zu geben. Schon dieser Punkt genügt, um im Spiel für überraschende Wendungen zu sorgen.

Fährt man beispielsweise in einem Strategiespiel mit einem Panzer über einen Hügel, löst ein im Hügel versteckter Schalter eine Gegenoffensive aus. Befinden sich nun zwei Schalter im Hügel, startet der Computer je nach dem, ob man mehr rechts oder links über den Hügel fährt, unterschiedliche Gegenoffensiven aus. Wird der Schalter jetzt noch mit einem Zufallsgenerator gekoppelt, erscheint die Reaktion des Computergegners schon fast menschlich. Ob ein Spiel KI-unterstützt ist, fällt auch dem erfahrenen Spieler oft nicht einmal auf den zweiten Blick auf. Denn heutige Spiele sind so komplex, daß kleine Abweichungen vom ersten Spielverlauf oft unbemerkt bleiben. Der Spieler findet aber das gleiche Game auch nach dem dritten oder vierten Durchlauf immer noch spannend.

Während jeder sofort hinter einem Schachprogramm künstliche Intelligenz vermutet, findet sich KI auch in einer Vielzahl anderer Spielegenres. Die Palette reicht dabei von Actionspielen, in denen man sich gegen Monster wehren muß, über Autorennen bis hin zu den klassichen Strategiespielen.

ComputerPartner sprach mit Rainer Foetzki und Marcus Pukropski von der Firma Blue Byte über das Thema künstliche Intelligenz bei Computerspielen:

Was bedeutet KI in Computer-spielen?

Pukropski: Das charakteristische Merkmal des menschlichen Denkens ist die enorme Leistungsfähigkeit des Netzwerkes in unserem Gehirn, die zu Entscheidungen führt, die wir intuitiv, spontan oder innovativ nennen können. Der Begriff "künstliche Intelligenz" KI bezeichnet den Versuch, Entscheidungsfindungen in Annäherung an die menschliche Denkweise zu simulieren. In der Wissenschaft werden dazu beispielsweise aufwendige "Neuronale Netze" entwickelt, mit denen die Struktur und Arbeitsweise unseres Gehirns nachempfunden werden soll. Solche Systeme sind teuer, benötigen enorme Rechenleistung und viel Rechenzeit. Eine KI in diesem streng wissenschaftlichen Sinne findet sich in Computerspielen nur äußerst selten, und wenn, dann auch nur in Ansätzen. Wenn im Zusammenhang mit Computerspielen von künstlicher Intelligenz die Rede ist, sind damit weniger aufwendige Verfahren gemeint. Dies sind meistens Regelkreise, die bestimmte Situationen des Programms abfragen und - je nach Situation - vorgegebene Reaktionen auslösen. Auch hier liegen der Game-KI mathemathische Operationen zugrunde, die die Abläufe des Spiels "wirklicher" erscheinen lassen sollen.

Welche Vorteile bietet KI dem Spieler?

Foetzki: KI steuert den Computergegner oder bringt korrespondierende Elemente des Spiels - wie etwa den Wirtschaftskreislauf in "Die Siedler III" - in Einklang. Letztendlich trägt eine gute KI dadurch zu mehr Spielspaß bei, denn ein Computergegner, der nicht so leicht zu durchschauen ist, ist eine größere Herausforderung für den Spieler.

Wie funktioniert KI?

Pukropski: Ein grundlegendes Prinzip von KI in Computerspielen ist der Regelkreis. Ein solcher Regelkreis steuert beispielsweise die Holzfäller in der Siedler-Wirtschaft. Stark vereinfacht fragt er nach dem Bedarf an Holz. Besteht Bedarf, beginnt der Holzfäller seine Arbeit; ist kein Holz erforderlich, muß auch nicht gearbeitet werden. Solche sogenannten "rule-based" Regelkreise schließen noch viele weitere Abfragen ein. Um zu vermeiden, daß alle Entscheidungen eines Regelkreises vorhersehbar sind, werden zufällige Komponenten in die Regeln eingebaut. Eine andere Art der Regelkreise sind "State-Machines". Hier ist die Reaktion auf eine bestimmte Situation abhängig von verschiedenen vorgegebenen Zuständen. Erreicht beispielsweise die militärische Macht des Computergegners ein bestimmtes Maß, schaltet der Zustand der militärischen Einheiten von defensiv auf aggressiv.

Wie unterscheidet sich die Siedler-KI von anderen Produkten?

Foetzki: Das Spiel "Die Siedler III" bedient sich verschiedener Konzepte der KI und setzt diese auf verschiedenen Ebenen ein. Eine Low-Level-KI steuert das Verhalten der einzelnen Siedler und stellt grundlegende Routinen zur Verfügung. Eine High-Level-KI macht den Computergegner aus. Sie behält für ihn übergreifende Zusammenhänge im Auge, beobachtet den Ressourcenbedarf, trifft Stellungsbewertungen und sorgt für den Zusammenhang des Wirtschaftssystems. (jh)

Hätten Sie es gewußt? Die kleinen Männchen aus dem Spiel Die Siedler III agieren intelligent.

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