Kuriose Gerichtsurteile (Folge 10): Keine Schusswaffe für Beamte des Sozialamts

26.01.2007
Von anwaltsseiten24.de 
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Ein Beamter der Sozialabteilung einer Gemeinde war bereits 1996 ein Waffenschein zum Führen einer "Pistole Walther P 5" im Dienst erteilt worden. Gegen die zweite Verlängerung dieses Waffenscheins im Jahre 2002 klagte die Aufsichtsbehörde und bekam Recht.

Der Beamte war für die Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern zuständig. Dabei suchte er die Asylbewerberunterkünfte auch nachts alleine auf, um Streitigkeiten unter den Bewohnern oder mit Nachbarn zu schlichten. Zudem unterstützte er die Polizei, indem er eigene Ermittlungen zu Sozialhilfebetrug und Observierungen durchführte und in Verfahren als Zeuge und Mitteilender auftrat.

Die Gemeinde trug für die Verlängerung des Waffenscheins vor, dass sich der Beamte mit der Waffe gegen Gefahren für Leib und Leben durchsetzen müsse, die bei den nächtlichen Einsätzen und insbesondere im Rahmen von Abschiebungen bestünden. Es habe mehrfach Morddrohungen gegeben. Als "letzte Warnung" sei sogar eine ertränkte Katze auf die Türschwelle seines Hauses gelegt worden. "Um beherzt auftreten zu können, brauche er das Bewusstsein, im Extremfall eine Waffe einsetzen zu können."

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz verweigerte dennoch eine Verlängerung des Waffenscheins. Es führte aus, dass dem entscheidenden Senat zwar durchaus bekannt sei, dass Mitarbeitern der kommunalen Sozialämter häufiger gedroht werde. Diese Drohungen würden jedoch in aller Regel nicht in die Tat umgesetzt. Die Unterstützung der Polizei bei Strafverfahren und das Auftreten als Zeuge sei zudem nicht mehr, als das, was von jedem Sozialamtsmitarbeitern zu erwarten sei, ohne dass daraus "allgemein eine Notwendigkeit zur Schusswaffenführung" abgeleitet werden könne. Soweit der Beamte darüber hinaus eigene Ermittlungen und Observationen durchführe, sei nicht ein Waffenschein, sondern eine Änderung seines Aufgabenbereichs erforderlich - solche Maßnahmen seien nämlich Sache der Polizei und Staatsanwaltschaft. Darüber hinaus sei es mit der Fürsorgepflicht der Gemeinde gegenüber ihrem Beamten nicht vereinbar, diesen "- ob mit oder ohne Schusswaffe - allein und auch zur Nachtzeit in Konflikt- und Unruhesituationen in derartigen Sammelunterkünften einzusetzen."

Das Gericht stellte schließlich fest, es sei anzuerkennen, dass der Beamte durch sein außergewöhnliches berufliches Engagement dazu beigetragen habe, Sozialhilfebetrug aufzuklären oder zu verhindern. Dass dies mit Gefahren verbunden sei, könne aber nicht dazu führen, "dass Beamte der Sozialverwaltung mittels Schusswaffen quasi zu Ersatzpolizisten aufgerüstet werden." (Az. 12 A 11775/03.OVG). Quelle: Anwaltseiten24.de (mf)

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