Kuriose Klagen und Urteile: Handynutzung im Auto bei ausgeschaltetem Motor zulässig

01.06.2007
In Kooperation mit Anwaltsseiten24.de präsentieren wir Ihnen jeden Freitag die kuriosesten Klagen und Gerichtsurteile.

Das Amtsgericht hatte einen Autofahrer zu einem Bußgeld von 40 Euro verurteilt, nachdem dieser in der Stadt an einer großen Kreuzung mit roter Ampel angehalten, den Motor abgestellt und sodann mit seinem Handy telefoniert hatte. Das Oberlandesgericht Bamberg hob die Entscheidung mit Beschluss vom 27.09.2006 jedoch wieder auf und verwies auf den Wortlaut der maßgeblichen Vorschrift, dem § 23 Absatz 1a der Straßenverkehrsordnung, in dem heißt:

"Dem Fahrzeugführer ist die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist."

Das Amtsgericht war davon ausgegangen, dass sich der zweite Satz nur auf einen längeren Stillstand beziehe, also "z.B. im Stau oder bei längerem Halt vor einer geschlossenen Bahnschranke", nicht dagegen für ein Stehen an einer verkehrsreichen Kreuzung im Stadtgebiet. Die rote Ampel habe jederzeit auf Grün umspringen können. An der Kreuzung sei deshalb die "ungeteilte Aufmerksamkeit erforderlich (gewesen), um den Anfahrvorgang durchzuführen".

Dieser Auslegung widersprach das Oberlandesgericht und sah darin sogar einen Verfassungsverstoß, weil eine Bußgeldvorschrift in unzulässiger Weise ausgedehnt werde. Eine Strafvorschrift müsse nach dem Grundgesetz möglichst bestimmt sein. Deshalb müsse für den betroffenen Bürger "jedenfalls im Regelfall - wenigstens das Risiko einer Bestrafung bzw. einer ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ahndung voraussehbar sein."

Diese Vorgaben stünden den Annahmen des Amtsgerichts entgegen. Nach § 23 Absatz 1a der Straßenverkehrsordnung sei die Benutzung eines Mobiltelefons erlaubt, wenn das Kraftfahrzeug steht und der Motor ausgeschaltet ist. Den Begiffen "stehen" und "ausgeschaltet" könne "ein bestimmtes Zeitmoment im Hinblick auf die Dauer des jeweiligen Zustandes oder eine Abhängigkeit zu einer bestimmten Verkehrssituation im möglichen Tatzeitpunkt gerade nicht entnommen werden". Für den Bürger ergebe sich aus dem Wortlaut der Norm, dass das Telefonieren dann erlaubt ist, wenn das Fahrzeug steht und ausgeschaltet ist. Das Aufstellen weiterer Voraussetzungen durch die Rechtsprechung sei nicht mehr vorhersehbar und daher unzulässig.

Schließlich sei bei ausgeschaltetem Motor auch keine Beeinträchtigung des Fahrers bei den Fahraufgaben zu befürchten, da das Fahrzeug ja zunächst durch Motoranlassen wieder in Gang gesetzt werden müsse, bevor die Fahrt überhaupt fortgesetzt werden könne. Ein Verbot der Handynutzung sei in solchen Fällen nicht erforderlich. Beschluss des OLG Bamberg, Az. 3 Ss OWi 1050/06. Quelle: Anwaltseiten24.de (mf)

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