In einem für die Praxis sehr wichtigen Grundsatzurteil stellt der Bundesgerichtshof (BGH) fest, dass vorübergehend auftretende Liquiditätslücken einer Kapitalgesellschaft (zum Beispiel GmbH) noch keine ausreichenden Gründe für einen Geschäftsführer sind, den Insolvenzantrag stellen zu müssen.
Zahlungsstockungen sind - so der BGH - noch nicht mit einer Zahlungsunfähigkeit gleichzusetzen (Urteil vom 24.05.2005, Az. IX ZR 123/04). Von einer Zahlungsstockung sei auszugehen, wenn die GmbH nicht mehr als drei Wochen benötigt, um sich die finanziell erforderlichen Mittel zu beschaffen. Stellt der Geschäftsführer der GmbH keinen Insolvenzantrag, haftet er in solchen Fällen noch nicht wegen so genannter "Insolvenzverschleppung".
Die Höhe des Fehlbetrages ist entscheidend
Möglicherweise kann die Liquiditätslücke nicht immer innerhalb dieser Frist geschlossen werden. Doch auch hier kommt der BGH den Unternehmensleitern entgegen: Umfasst sie nämlich nicht mehr als zehn Prozent der Gesamtverbindlichkeiten, so ist dies unabhängig von irgendwelchen Fristen unschädlich - es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Liquiditätslücke wachsen wird.
Dann ist regelmäßig Zahlungsunfähigkeit anzunehmen. Auch hier gibt es eine Ausnahme, wenn sich eine nahezu vollständige Beseitigung des Engpasses abzeichnet.
Mit diesem Urteil werden Geschäftsführern und Vorständen vom BGH endlich konkrete Vorgaben für das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit an die Hand gegeben. Dies ist zu begrüßen, denn die Folgen einer falschen Einschätzung können für diese Personen persönlich verheerende Folgen haben.
Wer hier Fehler macht, muss nämlich damit rechnen, den Gläubigern, die nach dem Zeitpunkt des tatsächlichen Vorliegens der Zahlungsunfähigkeit in Geschäftskontakt zu dem Unternehmen getreten sind, den vollen Schaden ersetzen zu müssen - und das aus dem Privatvermögen! Altgläubigern ist immerhin noch der Quotenschaden zu ersetzen, der sich aus der durch die Insolvenzverschleppung eingetretenen Verminderung des Gesellschaftsvermögens errechnet.