LC-Displays statt Monitore - Ansichtssachen zu einem Markt

28.06.1996
MÜNCHEN Die Zukunft ist mal wieder heute - aber keiner will sie haben. Die Nachfrage nach hochwertigen LC-Displays als Ersatz eines konventionellen Monitors ist enorm - allerdings nicht zu den geforderten Preisen. Erleben wir die Revolution noch dieses Jahrtausend?Schalten Sie den Fernseher an und wagen Sie einen Blick in die Zukunft: Fester Bestandteil nahezu jedes Science-Fiction-Opus sind Display-Technologien, die flache Schirme und eine nachgerade super-realistische Farbechtheit ermöglichen. Ganz zu schweigen vom Wand-füllenden Schirm auf der Brücke des Raumschiffs Enterprise, von dem heute jeder Audio-Video-Enthusiast nur träumen kann.

MÜNCHEN Die Zukunft ist mal wieder heute - aber keiner will sie haben. Die Nachfrage nach hochwertigen LC-Displays als Ersatz eines konventionellen Monitors ist enorm - allerdings nicht zu den geforderten Preisen. Erleben wir die Revolution noch dieses Jahrtausend?Schalten Sie den Fernseher an und wagen Sie einen Blick in die Zukunft: Fester Bestandteil nahezu jedes Science-Fiction-Opus sind Display-Technologien, die flache Schirme und eine nachgerade super-realistische Farbechtheit ermöglichen. Ganz zu schweigen vom Wand-füllenden Schirm auf der Brücke des Raumschiffs Enterprise, von dem heute jeder Audio-Video-Enthusiast nur träumen kann.

Mit einem Blick auf den Notebook-Markt drängt sich zunächst der Verdacht auf, daß die Preisentwicklung der weiten Verbreitung von LCD-Technologien (Liquid Crystal Display oder Flüssigkristall-Anzeige) enge Grenzen setzt. Im Moment sind bei High-end-Notebooks die TFT- oder Aktiv-Matrix-Displays für die Hälfte der Kosten verantwortlich. Doch das wird sich - glaubt man den Herstellern - ändern.

Die einhellige Meinung faßt Horst Strohbender, Product Manager Monitore bei Samsung, so zusammen:

"Wenn wir die Kathodenstrahlröhre komplett durch TF-Technologie

(Thin Film oder Dünnfilm) ersetzen können, werden die Displays genauso viel kosten wie Monitore - eher weniger." Schiere Euphorie soll dann wegen den möglichen Leistungen des Monitor-Ersatzes ausbrechen. Aber dazu muß man ein wenig weiter ausholen.

Neben den Vorteilen der herkömmlichen Monitore wie dem Einsatz konventioneller - im wesentlichen analogen - Technologien, strotzen die Flimmerkisten nur so von Nachteilen.

Zunächst einmal sind sie sperrig und verbrauchen eine Menge Strom. Die Bildgeometrie ist schwer in den Griff zu bekommen, da die Braun'sche Röhre - die Mutter aller Monitore - prinzipbedingt nur für eine Kugel-förmige Projektion optimal ist. Die stereoskopische Sicht unserer Sehorgane in Verbindung mit einer festen Arbeitsposition vor dem PC und die Analogie des Blattes Papier, auf der praktisch alle Anwendungen basieren, erfordern jedoch eine möglichst ebene - eher noch konkave - Darstellung.

Um die zu erreichen müssen reichlich Tricks und Kniffe angewendet werden. Die sorgen jedoch für reichlich neue Probleme bei der Konstruktion eines Monitors. Da läuft dann die Bildgeometrie in den Ecken aus dem Ruder, und als weitere Folge stellen sich Farbverfälschungen ein. Auch die kann man korrigieren, aber letztendlich nicht lösen.

Ein weiterer Punkt sind Kontrast und Farbechtheit der Kathodenstrahlröhre. Der Elektronenstrahl an sich wäre zunächst nämlich nicht sichtbar und erzeugt nur dann sichtbares Licht, wenn er auf eine phosphoriszierende Schicht auftrifft. Die Eigenfärbung dieser Beschichtung ist jedoch relativ hell und mindert den Kontrast. Also wird die Röhre dunkel eingefärbt, um vom Elektronenstrahl nicht erfaßte Bereiche (also schwarze oder dunkle Bildbereiche) auch wirklich dunkel erscheinen zu lassen. Diese Einfärbung jedoch wirkt sich wegen der unterschiedlichen Wellenlängen verschiedenfarbigen Lichtes unterschiedlich auf die einzelnen Farbanteile aus. Ergebnis: Es sind weitere Korrekturen für die drei Grundfarben notwendig, um diesen Mangel an Farbechtheit auszumerzen.

Der Elektronenstrahl hat einen weiteren Nachteil: Er ist nicht beliebig bündelbar und hat damit beim Auftreffen auf die phosporiszierende Schicht einen bestimmten Durchmesser - den Fokus. Die Fokussierung setzt der Auflösung wiederum enge Grenzen, ist sie doch bereits häufig höher als die Auflösung der Lochmaske. Damit leuchten benachbarte Bildpunkte leicht mit und die Bildschärfe leidet.

Aber es kommt noch dicker: Kathodenstrahlröhre, Hochspannungsteile und reichlich analoge Elektronik verbinden sich zu einem wahren Leuchtfeuer im ganzen Spektrum elektro-magnetischer Strahlung. Zu der Minimierung sind dann wiederum zusätzliche konstruktive Maßnahmen notwendig. Zudem sind Monitore nur unter enormen Aufwand zu entsorgen oder zu recyclen - die Bleikristallglas-Röhre mitsamt ihren Beschichtungen stellt ein brisantes Gemisch dar. Fazit: Eigentlich ist der konventinelle Monitor ein anachronistisches Monstrum - aber eben das einzige seiner Art.

Sturm der Bastille: Dünnfilm-Technologie macht den besseren Monitor

LC-Displays räumen mit diesen Nachteilen seit Einführung der TF- Technologie auf. Sie hat den LC-Displays die optischen Eigenschaften verpaßt, die die eigentlich Konkurrenzfähigkeit gegenüber herkömmlichen Monitoren darstellt, wie hohe Lichtstärke, gute Kontrastverhältnisse oder Farbechtheit. Die Berechtigung herkömmlicher Displays besteht eigentlich nur in ihrem geringeren Preis. Und dieser Vorteil wird verschwinden, denn das Bessere ist des Guten Feind.

Dazu kommen nun die prinzipbedingten Vorteile von LC-Displays. Das Aufbringen von Kristallen, Transistoren und Farbfilter auf eine Glasplatte bringt mehr oder weniger zwangsläufig eine perfekte Bildgeometrie mit sich. Zudem sind die einzelnen Bildpunkte rechteckig und exakt ausgerichtet - Fokussierung und Geometriekorrekturen sind nicht notwendig. Damit ergibt sich auch eine optimale Bildschärfe.

Die Farbechtheit läßt sich durch geeignete Auswahl der Farbfilter und der Lichtquelle zu nahezu 100 Prozent kontrollieren. Die leidige Ergonomie-Diskussion um Bildwiederholfrequenzen ist ebenfalls obsolet, da Pixel im LC-Display eben solange in ihrem Zustand bleiben, bis sich dieser ändert. Ganz zu schweigen von der Ökologie: Die Leistungsaufnahme ist weitaus niedriger als bei Monitoren und der zu entsorgende Elektronikschrott ebenfalls. Technologisch sollte damit klargestellt sein, warum TFT-Displays die Kathodenstrahlröhren über kurz oder lang ablösen müssen. Es gibt ja schon Bereiche, wo Monitore bereits verdrängt sind: Im industriellen Bereich etwa treten häufig so hohe elektromagnetische Felder auf, innerhalb derer kein Monitor funktionsfähig ist. Die Motoren etwa von CNC-Fräsmaschinen oder Lokomotiven dulden keine Kathodenstrahlröhre in ihrem näheren Umfeld.

Es gibt nur einen einzigen Punkt, der verhindert, daß dieser Prozeß nicht schon lange auf Hochtouren läuft: die Ausschußquote und damit der Preis. Die Fertigung der Displays wird zwar theoretisch beherrscht, in der Praxis treten jedoch Schwierigkeiten auf, die das Preisniveau derzeit unerbittlich hoch halten. Beim Aufbringen der Transistoren auf den Glasträger schleichen sich reichlich Fehler ein. Ein einfaches Rechenexempel: Ein Display mit 800 x 600 Bildpunkten besteht aus insgesamt 1.440.000 Pixeln. Sind nur einige dieser Pixel fehlerhaft wird das ganze Display unbrauchbar. Wer möchte schon einen Bildpunkt, der etwa gnadenlos rot leuchtet, auch wenn er eigentlich schwarz sein sollte?

Die Beseitigung dieser Fehler über eine verbesserte Produktion ist ein langwieriger Prozeß, und die Hersteller müssen - je nach Prozeß und Fertigungsstraße - damit rechnen, von zehn Displays bis zu neun Stück wegwerfen zu müssen. Wer ein Display kauft, zahlt neun unbrauchbare mit.

Diese Ausschußquote ist je nach Displaytyp unterschiedlich. Bei den einfachsten Displays - geringe Auflösung und Pixeldichte - ist sie gering (10,4-Zoll-Displays mit 640 x 480 Punkten um die 20 Prozent), während sie bei neuen, hochauflösenden Typen zum Teil extrem hoch ist. NEC bietet eine Serie von TFT-Displays für Desktop-PCs an (Preise zwischen 5.880 und 8.800 Mark), deren Lieferzeit um die fünf Monate beträgt.

Diese (Warte-)Zeit kommt durch eine gängige Fertigungs-Methode zustande: Die Hersteller produzieren auf doppelt oder viermal so großen Glasträgern wie eigentlich für das gewünschte Panel gebraucht würden. Die fertigen Panels werden getestet. Liegen zwei brauchbare Panels nebeneinander, werden die als Übergröße aussortiert. Das ist jedoch relativ selten der Fall, und so kommt die benötigte Stückzahl eben erst unter Umständen nach Monaten zusammen. Der Rest wird halbiert oder geviertelt und dann nach brauchbar und unbrauchbar sortiert.

Um den Markt dennoch anzuschieben, beackern die Hersteller wie Sharp oder Samsung zunächst ein anderes Marktsegment. Große LC-Displays mit geringer Auflösung sind im Moment machbarer und sollen im Video- beziehungsweise Präsentationsbereich die Wende einläuten. Die notwendigen Auflösungen beschränken sich hier auf 640 x 480 Punkte. Sharp etwa setzt zwei 21-Zoll-Displays zu einem 28-Zoll-Display zusammen - das größte derzeit verfügbare TFT-Display.

Dieses Verfahren optimiert vermutlich auch den Ausschuß - ist ein Pixel fehlerhaft, ist praktisch nur ein halbes Display verloren. Samsung hingegen geht aufs Ganze und stellte auf der Cebit ein 22-Zoll-Display auf einem Glasträger vor. Auch hier sind 640 x 480 Bildpunkte das Maß der Dinge - allerdings mit Verdopplung der Pixel. Die eigentliche Auflösung beträgt 1280 x 480 Pixel, wobei jedes Pixel doppelt vorhanden ist. Als Ausreißer stellt sich NEC dar: Ein 32-Zoll-Plasma-Display (demnächst auch mit 40 Zoll) soll hier den Durchbruch bringen. Technologie und damit auch die Eigenschaften ähneln den TFT-Displays. Die drei verbinden nicht nur die optischen Qualitäten - sie heben sich damit weit von den bereits seit geraumer Zeit erhältlichen Rückprojektions-Schirmen ab. Diese nämlich verschenken einen guten Teil der technologischen Vorteile durch die Projektion, durch ein kleineres Display auf eine "Leinwand". Die begrenzte Hitzebeständigkeit der LC-Displays, die geometrischen Schwierigkeiten bei der Projektion und die Leinwand selber rauben der Bildqualität Schärfe, Helligkeit und Kontrast.

Die Summe ihrer Vorteile können TFT-Displays vor allem am Desktop-PC ausspielen - und hier ist die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit dann fatalerweise am größten.

Im professionellen Bereich - und nur dort lassen sich Anschaffungskosten von mehreren tausend Mark halbwegs rechtfertigen - sind Monitore unter 17 Zoll und einer maximalen Auflösung von 1024 x 768 Punkten kaum noch an den Mann zu bringen. Die derzeit größten, hochauflösenden TFT-Displays bieten jedoch nur Diagonalen von 13,8 Zoll, wenn auch mit 1024 x 768 Punkten. Erstaunlicherweise gibt es auch ein 11,3-Zoll-Display mit 1280 x 960 Punkten und - gar nicht verwunderlich - eine Menge Versuche, 10,4-Zoll-Displays mit 800 x 600 oder 640 x 480 Punkten im Markt zu etablieren.

Tatsächlich folgt dieses System einer einfachen Logik. Zunächst werden die Displays in Notebooks eingesetzt, dann vielleicht auch als Stand-alone-Displays. Zugute halten muß man den mutmaßlichen Winzlingen, daß die Größenangabe prinzipbedingt die nutzbare beziehungsweise sichtbare Fläche angibt, während bei Monitoren das Röhrenmaß entscheidend ist. Die effektive Diagonale eines Monitors ist meistens jedoch ein Zoll, manchmal auch bis zu zwei Zoll geringer. Damit rückt etwa ein 12,1-Zoll-Display immerhin in die Nähe eines 14-Zoll-Monitors. Aber wer zahlt 8.000 Mark für einen 14-Zoll-Monitor mit 1024 x 768 Bildpunkten?

Der Markt wird mit viel Vorsicht angegangen

Zudem harrt ein weiteres tückisches Problem seiner Lösung. PCs stellen mit ihren vielfältigen Auflösungen LC-Displays auf eine harte Probe: Wie stellt man auf einer fixen Auflösung von zum Beispiel 800 x 600 Punkten die VGA-Modi mit 320 x 200, 320 x 240 (typische Spielemodi) und 640 x 400 (VGA-Textmodus), sowie 640 x 480 (VGA-Grafik) dar? Entweder man läßt die Darstellung auf Miniatur-Größe zusammenschnurren oder man verdoppelt einzelne Bildpunkte, was zu äußerst unschönen Treppchen führt. Dieses praktisch nicht lösbare Dilemma löst sich nur bei grafischen Betriebssystemen auf, die keine anderen Auflösungen kennen wie lange Zeit die Macintosh' von Apple.

Alternativ könnte man den vielen PC-Grafikmodi auch weitere LCD-Modi als Standards hinzufügen - eine Perspektive, die an babylonische Sprachverwirrung grenzt.

In der Praxis heißt das - so unverblümt muß man das wohl derzeit ausdrücken - LC-Displays lassen sich bei PCs nur unter massiven Einschränkungen einsetzen.

Was die nähere Zukunft angeht, sind die Hersteller unisono skeptisch und tasten sich dementsprechend vorsichtig voran. Samsung bringt etwa ein 10,4-Zoll-Display vorerst nur in den USA als Testballon auf den Markt. Andererseits sind in den letzten Monaten reihenweise Hersteller in die Produktion von LC-Displays eingestiegen.

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