LCD-Kriterien, die dem Fachhandel Einkauf und Beratung erleichtern

07.09.1998

BRAUNSCHWEIG: Unternehmen beginnen langsam die Flachbildschirme bei ihren Neuinvestitionen zu berücksichtigen. Dennoch ist es beim Umstieg oft nicht mit einem simplen Bildschirmtausch getan. Denn es bestehen feine Unterschiede zwischen CRT- und LCD-Technologie, die auch der Fachhandel in die Beratung einbeziehen sollte. Björn Lorenz* von Quatrographic weist auf Vor- und Nachteile der Flachbildschirme hin.Bei der Zollgrößen-Berechnung werden sich Fachhandel und Kunde in Zukunft umstellen müssen: Während bei den Standardmonitoren die gesamte Glasfäche in die Berechnung einbezogen wird - also auch Bereiche, die eigentlich ungenutzt bleiben - bezieht sich die Angabe bei den LCD-Schirmen konkret auf die tatsächlich genutzte Bildfläche. Auf den Nenner gebracht, entspricht ein 15-Zoll-Flachbildschirm somit in etwa der Größe einer 17-Zoll CRT-Röhre.

Problematisch ist hingegen die Inflexibilität der Flachen, denn die LCD-Technik bedeutet faktisch einen Rückschritt in die gute alte Festfrequenzzeit. Die technisch bedingte feste Verdrahtung der einzelnen Pixel auf der Bildfläche bietet keine Möglichkeit, eine höhere Auflösung zu fahren, als die von der Hardwareseite vorgegebene. Auch bei unteren Bereichen bedient man sich lediglich eines Tricks: Hier erfolgt die Anpassung durch Herunterrechnen der fest installierten Bildpunktmatrix, indem einzelne Pixel einfach ausgeschaltet bleiben. Kennzeichnend für den sogenannten Interpolationsmodus sind ein fetter Trauerrand und eine entsprechend schwache Bildqualität. Es macht deshalb kaum Sinn, in einer anderen Auflösung als der fest vorgegebenen zu arbeiten.

Verbindung mit dem Rechner: Grafikkarte

Bei einer kompetenten Kundenberatung sollte neben der erforderlichen Auflösung auch die zu verwendende Grafikkarte ein Thema sein. Da die meisten LCDs lediglich einen Teil des horizontalen Frequenzgangs abdecken, ist die Kompatibilität von Grafikkarte und LCD nicht automatisch gewährleistet. Tappt man beim Timing im Dunkeln, empfiehlt sich der Rückgriff auf ein Gerät mit einer horizontalen Frequenz von mindestens 30-60 Kiloherz, da diese von den meisten Grafikkarten neuerer Bauart unterstützt wird. Abgesehen von dieser Einschränkung, lassen sich jedoch grundsätzlich alle gängigen Kartentypen verwenden, obwohl Grafikkarte und LCD ein äußerst ungleiches Paar sind: Die Hauptaufgabe einer Grafikkarte ist neben der Beschleunigung des Bildaufbaus vor allem die Umwandlung des digitalen Rechnersignals in ein - von herkömmlichen Monitoren lesbares - analoges. Die LCD-Technik basiert ihrerseits jedoch ebenfalls auf einem rein digitalen Ansatz, weshalb die analogen Informationen der Grafikkarte erneut in digitale Form gebracht werden müssen. Die Doppeltransformation ist nicht nur teuer (die entsprechenden Chips sind zumeist die teuersten Teile einer Grafikkarte), die entstehenden Redundanzen sorgen zudem für einen erheblichen Qualitätsverlust. Zahlreiche Grafikkartenhersteller erkannten den Trend und kündigten noch für dieses Jahr preiswertere digitale Grafikkarten an. Bis es soweit ist, gibt es jedoch keine Alternative zum analogen LCD-Schirm. Der Anschluß der Flachmän

ner unterscheidet sich hingegen kaum vom gewohnten Ablauf. Die Verbindung zwischen Grafikkarte und Rechner wird in der Regel über eine HD15-Steckverbindung realisiert. Alle erforderlichen Kabel sollten sich im Lieferumfang des Gerätes befinden. Software ist - außer bei dreh- und schwenkbaren Modelle - nicht erforderlich.

Aktive und Passive LC-Displays

Zwei unterschiedliche Ansätze hat die LCD-Technik derzeit zu bieten. Nicht nur hinsichtlich des Preises liegen Welten zwischen den passiven und aktiven LCDs. Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal ist die Ansprechzeit der einzelnen Bildpunkte. Während die Responsezeit der aktiven Variante bei zirka 80-30 ms liegt, fallen die passiven Displays im Vergleich deutlich zurück. Sie bieten derzeit lediglich Werte um die 300-150 Millisekunden und sind damit nicht in der Lage, Bewegungsabläufe, wie zum Beispiel Filme oder interaktive Präsentationen, angemessen darzustellen. Jedoch bleibt auch hier die Entwicklung nicht stehen. So haben die Hersteller für Jahresende passive Bildschirme mit einer Ansprechzeit von unter 100 Millisekunden angekündigt.

Ein weiterer Schwachpunkt der passiven Kollegen ist der eingeschränkte Blickwinkel auf die Bilddarstellung. Während aktive Displays mittlerweile bei einem Radius von bis zu 160 Grad eine konstante Bildqualität bieten, fällt bei den passiven jede noch so kleine Änderung der Sitzposition ins Gewicht.

Der große Vorteil der passiven Displays liegt in der bereits erreichten Marktreife. So werden die hohen Ausschußraten der aktiven Flachbildschirme von rund 20 Prozent bei weitem unterschritten. Dies bleibt natürlich nicht ohne Auswirkung auf den Preis: Derzeit liegen passive 15-Zoll-LCDs bei durchschnittlich 1.500 Mark (Fachhandels-einkaufspreis), während für die aktive Version im Schnitt immerhin noch gut 1.000 Mark mehr hinzulegen sind. Einzige Ausnahme sind die Einführungsaktionen neuer Geräte.

Lebensdauer der Flachbildschirme

Schärfe, Geometrie und Farbbrillanz der LCDs nehmen im Gegensatz zu den Standardmonitoren nicht im Zeitverlauf ab. Zudem kommt die neue Technik mit deutlich weniger Verschleißteilen aus. Bei welcher Lebensdauer man aber letztendlich landet, wird wohl erst in fünf bis zehn Jahren klar sein. Die Achillesferse der Flachmänner scheint die Hintergrundbeleuchtung zu sein. Insofern hier profane Leuchtstoff-röhren mit einer sehr begrenzten Haltbarkeit zum Einsatz kommen, muß man wohl oder übel schon in den ersten zwei Jahren mit einem Tausch rechnen. Insgesamt gesehen, darf man jedoch davon ausgehen, daß LCDs eher aufgrund gestiegener Ansprüche in den Ruhestand gehen werden als

aufgrund technischer Defekte.

LCDs kommen für Massenmarkt nur langsam in Fahrt

Obwohl die Perspektiven für Flachbildschirme hervorragend sind, ist es noch übertrieben, von einem Durchbruch auf breiter Front zu sprechen. So existieren weiterhin Anwendungsgebiete, bei denen der Einsatz von LCD-Schirmen völlig abwegig ist. So wird jeder Anwender, der auf Farbtreue Wert legt, sofort Probleme mit den veränderten Farbwerten bei unterschiedlichen Blickwinkeln bekommen. Eine leicht veränderte Sitzposition des Operators hätte trotz konstanter guter Bildqualität fatale Folgen für die Repro. Auch der Multimedia-Sektor dürfte mit der zumeist spärlichen Qualität der 640 x 480 Bildauflösung so seine Probleme bekommen. Gleiches gilt für die traditionellen Einsatzgebiete von Großbildschirmen, wie Layout und CAD. Von der technischen Seite betrachtet, sind Flachbildschirme für derartige Arbeiten zwar geradezu prädestiniert, doch eine hohe Ausschußrate und geringe Konkurrenz werden nach aller Wahrscheinlichkeit auch weiterhin dafür sorgen, daß die Größen jenseits der 15-Zoll für Normalsterbliche unerschwinglich bleiben.

Trotz des Preisverfalls im unteren Marktsegment ist abzusehen, daß der Zug des Massenmarktes auch weiterhin nur langsam an Fahrt gewinnt. Da die meisten SOHO-Anwender mittlerweile über volle Multimediafunktionalität verfügen, würden ihnen die preiswerteren Passiv-Matrix-Modelle nicht viel weiter helfen. Angesichts aktueller Rechnerpreise von rund 1.500 Mark schlägt eine aktives LCD dann mit mehr als dem Doppelten zu Buche. Für die meisten Interessenten eine zu hohe Hemmschwelle.

Bei den LCDs kann man zudem getrost den Preis zum obersten Kaufkriterium befördern, denn in Sachen Qualität existieren bei weitem nicht solch gravierende Unterschiede, wie es bei den Standardmonitoren der Fall ist. Dem Fachhandel sei dringend der Einstieg in die neue Technik angeraten. Noch besteht die Chance, Kompetenz aufzubauen, bevor der Zug in Richtung Massenmarkt richtig ins Rollen kommt.

Kaufkriterien

Die wichtigsten Kriterien für den Handel bei der Beurteilung des Preis/Leistungsverhältnisses der Fachbildschirme und der Kompatibilität zum vorhandenen Systemumfeld des Kunden sind:

- Bilddiagonale

- Auflösung

- Frequenzgang

- Blickwinkel

- Farbtiefe

*Der Autor Björn Lorenz ist Unternehmenssprecher der Quatrographic AG in Braunschweig.

Die ComputerPartner-Händlerbefragung ergab, daß die Wiederverkäufer langfristig an eine Ablösung der CRTs durch LC-Displays glauben.

Quelle: TechConsult Kassel ComputerPartner

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