LCD-Markt: Grosse Fragezeichen nach Erdbeben in Taiwan

30.09.1999

MÜNCHEN: Durch Preiskrieg und Margenverfall sind die Monitoranbieter auf immer neue technologische Innovationen angewiesen, die den Umsatz ankurbeln sollen. Aber der Endkunde - und damit auch der Fachhandel - akzeptiert neue, teurere Produkte nur zögernd. Denn letztendlich dreht sich, wie immer bei der Hardware, alles um den Preis.Im Monitorangebot mangelt es nicht an Ideen und technologischen Visionen, nur am Gespür für den Markt scheint es den Herstellern seit einiger Zeit zu fehlen: Im vergangenen Jahr setzten die Anbieter auf einen Durchbruch der 19-Zöller. Der läßt aber bis heute noch auf sich warten. In diesem Jahr steht alles im Zeichen von "kurz und flach": verkürzte Bildröhren (Shortnecks) und plane CRT-Bildschirmoberflächen. Ausgefeilte Technologie, die den Endkunden mehr kostet - und Herstellern und Handel höhere Margen sichern soll.

Shortnecks laufen nur schleppend an

Das Problem: Endanwender und damit auch der Fachhandel akzeptieren diese Innovationen von der Herstellerfront nur verhalten. "Wir beobachten einen klaren Fokus auf Billigmonitore. Das Interesse an High-End-Geräten ist drastisch gesunken. "50 Prozent unserer Kunden ist die Qualität des Bildschirms egal; Hauptsache er ist günstig. 30 Prozent zahlen gerne 100 Mark mehr für entsprechende Leistungen und gerade mal 20 Prozent achten auf Qualität", faßt Bernd Gretscher, Geschäftsführer von GHL Computer in Mönchengladbach, die Situation an der Verkaufsfront zusammen. Auch so manchem Hersteller ist das klar: "Der Trend zum Low-End-Monitor steigt. Alle High-End-Anbieter haben laut GFK Marktanteile verloren", stellt Stefan Dammer, Marketing-

manager bei Mitsubishi Electric in Ratingen, fest.

Von der verkürzten Bildröhre für den 17- und 19-Zoll-Bereich hatten sich die Hersteller einiges versprochen. Liegen doch die Verkaufsargumente scheinbar auf der Hand: platzsparend, energiebewußt und ergonomische Vorteile für den Anwender. Zwei Argumente sprechen aber gegen einen reißenden Absatz im Consumer-Segment wie auch im Projektgeschäft .

"Anfragen zu den verkürzten CRTs sind bei uns noch äußerst gering. Die Geräte sind im Schnitt 30 bis 40 Prozent teurer als die normalen Bildschirme", sagt Gretscher von GHL Computer. Aber auch Unternehmenskunden üben sich in Zurückhaltung: "Drei Zentimeter mehr oder weniger spielen auf deutschen Schreibtischen keine Rolle. Hat ein Kunde wirklich in seinen Büros Platzprobleme, dann kauft er gleich LCD-Monitore", meint Axel Janßen, Geschäftsführer der Iiyama GmbH. "Wir bieten Shortnecks nur für 19-Zöller an. Zehn Prozent der verkauften Geräte in dieser Größe mit kürzerer Bildröhre sind Shortnecks. Und der Kundenkreis setzt sich fast ausschließlich aus Großkunden zusammen", beschreibt auch Olaf Lietzau, Senior Director IT bei der Samsung GmbH, die nicht gerade rosige Absatzlage.

Andere Hersteller halten sich aufgrund "technischer Probleme der asiatischen Lieferanten" in diesem Segment noch zurück: "Wir haben die Shortneck-Produkte Ende letzten Jahres wieder aus dem Programm

genommen, weil sie technisch noch nicht ausgereift sind", erklärt

Thomas Müller, Einkaufsleiter und verantwortlich für das Produktmanagement bei Maxdata. "Bei den verkürzten Röhren gibt es immer noch Fokusprobleme in den Bildschirmecken. Wir bieten diese Produkte daher noch gar nicht an", konkretisiert Gerhard Hundt, Vertriebsleiter für Eizo-Monitore bei Raab Karcher.

Trotz dieses trägen Markteinstiegs glaubt Darius Zwacka, Einkaufsleiter bei der Handelskette Atelco, an die neuen Produkte: "Die Hersteller haben bisher zu wenig Marketing für die neuen Technologien betrieben. Daher sind sie beim Endkunden kaum bekannt. Wenn im Herbst auch andere Anbieter wie Nokia und CTX Shortnecks und Monitore mit planer Bildschirmoberfläche auf den Markt bringen, werden sie sich auch langfristig etablieren."

17-Zoll-Monitore mit planer Bildschirmoberfläche, "Flatrons", konnte der Fachhandel - seit dem Frühjahr - nur von der LG Electronics GmbH beziehen. "Bisher haben die Kunden die Flatrons nur zögerlich angenommen: Die neue Technologie ist im Markt noch zu wenig bekannt. Wir glauben aber, daß sich das im nächsten Jahr ändern wird", meint Steffen John, Vertriebsleiter Deutschland bei LG in Willich.

CRT-Markt im Überblick

Der Hauptabsatz - und daran wird sich auch in nächster Zeit nicht viel ändern - liegt nach wie vor im 17-Zoll-Markt (siehe Grafik auf Seite 58). Im vergangenen Jahr hatten die Hersteller zwar das neue 19-Zoll-Format eingeführt, aber eine ähnliche Entwicklung wie vor einigen Jahren, als die deutschen Kunden von 15- auf 17-Zöller umstiegen, ist bis heute ausgeblieben. Wo der 19-Zoll-Markt trotz massiver Preissenkungen in diesem Jahr zwischen 10 und 20 Prozent hingeht, bleibt bei Herstellern und Handel umstritten.

"Wir verzeichnen zwar im 19-Zoll-Geschäft ein leichtes Wachstum, aber man kann mit Sicherheit nicht von einem Durchbruch reden. 19-Zöller werden eine Zwischengröße für spezielle Zielgruppen bleiben: Engagierte Spieler zum Beispiel greifen beim Retailer zu diesem Format und sind auch bereit, für bessere Bildqualität mehr zu bezahlen", meint Florian Schwarzer, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing bei der Miro Display.

Andere Anbieter gehen nach wie vor von einer Größenverschiebung nach oben aus: "Wann die 19-Zoll-Geräte in Deutschland Standard werden, ist nur noch eine Frage des Preises: Wenn die Preise noch mal um 30 Prozent sinken, wird der Markt von 17 auf 19 Zoll umsteigen", sagt Jan Stapelfeldt, Senior-Sales-Manager bei Hitachi in Düsseldorf. "Seit die Preisschwelle von 770 Mark für die 19-Zoll-Geräte erreicht ist, haben wir eine immense Nachfrage in dem Bereich. Monatlich verkaufen wir jetzt 800 bis 900 Stück", bestätigt dann auch Darius Zwacka von Atelco.

Hersteller gehen in Q4 von stabilen Preisen aus

Nach der Preisschlacht 1998 - die GFK errechnete Preissenkungen

zwischen 30 und 35 Prozent für das 17-Zoll-Segment - soll der CRT-

Bereich bis Jahresende stabil blei-ben, wie fast alle Hersteller einstimmig gegenüber ComputerPartner aussagten. Für das vierte Quartal rechnet man noch bei den High-End-Monitoren mit Nachlässen von fünf Prozent. "Allgemein geht der Markt von einer berechenbaren Situation aus. Das einzige, was die Preise für CRTs nach oben beeinflussen könnte, ist ein steigender Dollar-Kurs", so Alfred Steinecker-Nehls, Compaq-Manager für die Monitor-Division. Auch Produzenten aus Südkorea wie Samsung und LG, im letzten

Jahr am Preisverfall nicht unschuldig, setzen auf eine dem Markt angepaßte Preispolitik: "Hersteller und große PC-/Monitor-OEMs werden keinen Preiskampf mehr anzetteln", meint ein Marktbeobachter.

Der Grund für die Einigkeit ist klar: Bei Preisen unter 400 Mark für

einen durchschnittlichen 17-Zoll-Bildschirm muß sich so mancher

Anbieter Gedanken machen, wie er eigentlich die Produktionskosten wieder reinholt.

Projektgeschäft: gnadenloser Preiskampf

Auch in der Zielgruppenwertung hat sich das Blatt gewendet: Bisher wurde das Consumer-Segment mit Hauptabsatz im Retailkanal als- was den Preiskampf angeht - gnadenlos bezeichnet und das Projektgeschäft lange Zeit als umsatzträchtiger Bereich angesehen. "Mittlerweile haben wir im Consumer-Geschäft eine relativ stabile Preissituation mit hohen Absätzen. Im Umgang mit Unternehmenskunden herrscht dagegen Krieg: Letztes Jahr verkauften Hersteller wie Maxdata und Macom Monitore unter ihrem eigenen Einkaufspreis. Das hat allen geschadet", resümiert ein Anbieter die Situation.

Auch Edelschmiede Sony, jetzt schon stark an der Retailfront vertreten, setzt weiter auf den Endanwender: "Im UE-Bereich findet derzeit ein Wechsel statt, der sich stark auf den IT-Consumer-Markt auswirkt. Dieser Bereich macht bereits 35 Prozent vom deutschen IT-Geschäft aus und der Trend wird weiter steigen", sagt Leo Bonengl, Direktor Marketing und Vertrieb bei Sony in Köln. Wohl nicht umsonst stellte Sony auf der IFA seine neue CRT-Einsteiger-linie vor.

Obwohl der CRT-Absatz in Deutschland laut Marktforschern sinkt, während der LCD-Verkauf ansteigt (siehe Grafik rechts), bleibt das Geschäft mit den umsatzträchtigen Flachbildschirmen unberechenbar. Kaum hat sich die Verfügbarkeit im 15-Zoll-Segment gebessert - Hersteller verkündeten bereits einstimmig stabile Preise und Margen für das vierte Quartal - kommt wieder etwas dazwischen: Erdbeben in Taiwan; die Leitungen zu Lieferanten und LCD-Produktionsstätten sind abgeschnitten. Das Beben auf der chinesischen Insel erreichte eine Stärke von 7,6 auf der Richterskala: Die Preise für Computerchips stiegen bereits am nächsten Tag.

Die genauen Ausmaße der Naturkatastrophe waren zwar bei Redaktionsschluß noch nicht bekannt, dafür wird bereits in den deutschen Vertriebsniederlassungen heftig spekuliert: "Wir kaufen zwar noch in anderen asiatischen Ländern ein, aber wenn tatsächlich taiwanische Produktionsstätten ausfallen, werden wir wieder LCD-Preise wie bei der Markteinführung dieser Produkte haben", prognostiziert ein Anbieter, der sich ausschließlich auf die Flachbildschirme spezialisiert hat.

"Man kann dem Handel nur raten, jetzt noch LCDs zu kaufen, denn die erneute Verknappung wird zu einem rasanten Preisanstieg auf dem Weltmarkt führen: Nicht nur für Monitore, auch Notebooks, Organizer - der gesamte Displaybereich ist dann betroffen", meint Ernst Holzmann, Business-Development-Manager bei der NEC Deutschland GmbH in Ismaning.

Zwar verteilt sich das OEM-Geschäft für das LCD-Segment auf ganz Asien, aber die Produktionsanlagen in Japan, China und Südkorea sind bereits bis zum Anschlag für die nächsten Jahre ausgelastet. (ch)

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