Leasing: In Deutschland werden die Miet-PCs nur zögerlich akzeptiert

22.05.1998

MÜNCHEN: Leasing stellt bei Projektgeschäften eine Alternative bei der Finanzierung für Systemhäuser und ihre Kunden dar. In den nächsten Jahren werden Zuwachsraten von 30 bis 40 Prozent prognostiziert. Der Markt wäre zwar vorhanden - daß Nutzung über Eigentum geht, hat sich in Deutschland noch nicht durchgesetzt.Nach Einschätzung von Marktexperten beträgt die LeasingQuote bei Projektgeschäften - ausgenommen Großrechner - in Frankreich über 30 Prozent, in den USA über 45 Prozent. In Deutschland dagegen sind es gerade mal fünf Prozent. Begründung der Leasing-Anbieter: "In Deutschland setzt sich der Gedanke, daß die Nutzung und nicht das Eigentum den Gewinn bringt, nur langsam durch. Computer sind zum Beispiel für die Amerikaner nur Mittel zum Zweck und nicht Selbstzweck", meint Michael Hartwich, Prokurist bei der Alpha Leasing GmbH in Hamburg.

Allgemein wird Leasing als "mietähnliche Beschaffungsmethode" bezeichnet. Der Kunde schließt einen Finanzierungsvertrag ab und zahlt einen bestimmten Betrag an. Der eigentliche Anschaffungspreis muß während der Leasing-Dauer aber nicht "abbezahlt" werden. Die monatlichen Leasing-Raten bestimmt die vertraglich vereinbarte Laufzeit. Als Laufzeit-Durchschnittswerte geben die Leasing-Anbieter für die IT-Branche 24 bis 36 Monate für sogenannte Komplettpakete an. "Die Laufzeiten richten sich - im gesetzlichen Rahmen - nach den technischen Innovationszyklen der jeweiligen Branche. Im EDV-Bereich werden sie immer kürzer", vermutet Hartwich. Das Serviceangebot wird ebenfalls vertraglich geregelt: Zum Beispiel enthalten die meisten Komplettpakete, die die Leasing-Firmen der EDV-Hersteller anbieten, Hardware, Software, Dienstleistungselemente wie Wartung, Austauschoptionen und Entsorgung. Systemhaus, Kunde und Leasing-Anbieter gehen bei Vertragsabschluß "ein Dreiecksverhältnis" ein. Der Kunde schließt seinen Vertrag mit der jeweiligen Leasing-Gesellschaft ab; das Systemhaus übernimmt dann Beratung und Dienstleistungselemente wie zum Beispiel Support.

In den neuen Bundesländern fällt der Blick in erster Linie auf den Finanzierungsvorteil im Projektgeschäft: "Was für Leasing spricht, ist die geregelte Finanzierung und die immer kürzeren Innovationszyklen der Hersteller. Außerdem braucht der Kunde seine Kapitalreserven nicht anzugreifen, die er vielleicht für andere Investitionen dringend gebrauchen könnte", sagt Jutta Trzaskowski von

B & K Computersysteme, einem Systemhaus in Leipzig. Ihr Unternehmen arbeitet bereits seit 1991 mit Leasing als Finanzierungsalternative. Trotzdem wickle sie höchstens fünf Prozent ihres Projektgeschäfts über Leasing ab. "In den neuen Bundesländern wurde früher auf etwas bestimmtes gespart und dann erst gekauft. Diese Mentalität hat sich bis heute gehalten. Interessiert am Leasing-Geschäft sind in der Hauptsache nur Firmen, die nach der Wende gegründet wurden", schränkt sie ein.

Ein anderes Argument für das Leasing-Geschäft ist das wachsende Interesse der Kunden: "Wir bieten Leasing von Komplett-Systemen seit Anfang des Jahres an, weil wir auf die Wünsche unserer Kunden reagieren mußten. Die Anfragen wurden immer mehr", erzählt Gregor Handschuch, Geschäftsführer eines Berliner Systemhauses. Weiter habe ihn die einfache Abwicklung überzeugt. Das Systemhaus überläßt die Bonitätsüberprüfung der Kunden heute der Leasing-Gesellschaft. Handschuch beschreibt seine Erfahrungen mit dem Mietgeschäft als "positiv". "Zehn bis 15 Prozent unserer Geschäfte laufen bereits über Leasing. Tendenz steigend", berichtet der Geschäftsführer.

Gründe für die prognostizierten Zuwachsraten - Leasing-Firmen sprechen von 30 bis 40 Prozent in den nächsten drei Jahren - liegen eigentlich für IT-Kunden auf der Hand:

- Die Hardware-Preise gehen immer weiter in den Keller; hier will auch der Kunde partizipieren.

- Die Innovationszyklen in der EDV werden immer kürzer. Das heißt, kauft der Kunde heute Hard- und Software als Komplettpaket, gelten diese bereits nach einem Jahr als veraltet.

- Die monatlichen Leasing-Gebühren sind sofort als Betriebskosten absetzbar, während gekaufte PCs derzeit über vier Jahre abgeschrieben werden müssen.

- Die monatlichen Kosten kann zum Beispiel ein mittelständischer Kunde besser verkraften als die Auf-einmal-Ausgabe beim Kauf einer kompletten EDV-Anlage.

- Die Flexibilität des Kunden bei Anpassung seiner EDV an unternehmensinterne Abläufe steigt. Durch diese Verkaufsargumente hellhörig geworden, haben Hardware-Hersteller eigene Leasing-Firmen gegründet: IBM, Compaq, Hewlett-Packard, Siemens, um nur einige zu nennen. Wobei klar gesagt werden muß, daß die Big Player im Leasing-Bereich nicht als Mutter Theresa der deutschen Systemhäuser auftreten. Die Hardwareanbieter wollen - trotz anderslautender Angebote - in erster Linie ihre Produkte an die Kunden bringen: beim Leasing gelten also die gleichen Regeln wie beim Verkaufsgeschäft. Auf den Punkt bringt es Compaq Capital, seit 1. April dieses Jahres im deutschen Leasing-Geschäft tätig: "Am liebsten bringen wir natürlich unsere eigenen Produkte an den Mann und bieten für unsere Hardware auch günstigere Konditionen an", sagt Thorsten Leidag, Financing Sales Manager der Compaq Capital GmbH in München.

Kundenbindung über Leasing-Geschäft verbessert

Diese Aussage trifft genauso gut auf seine Mitbewerber zu. Bei entsprechenden Kundenwünschen zeigt man sich aber flexibel: "Wenn wir Kunden Komplett-Systeme anbieten, sollten sie natürlich auch HP-Produkte enthalten. Das läuft äquivalent zum Kaufgeschäft. Aber Fremprodukte sind auch kein Problem", sichert Peter Dingler vom HP Finanz-Service zu.

Vorgemacht hat diesen Service in Deutschland die IBM Kreditbank, über die auch das Leasing-Geschäft abgewickelt wird: "IBM hat erkannt, daß sie sich im Leasing-Geschäft auch Fremdprodukten öffnen müssen. Sie sind damit auf die Kundenbedürfnisse und Partnerwünsche eingegangen und haben sich stark geändert", beurteilt Big-Blue-Partner Falk Engelmann, Systemhaus-Geschäftsführer von Cenit in Stuttgart, das Unternehmen.

Das Leasing-Geschäft sieht Engelmann nicht als Alternative zur Kreditfinanzierung über Banken im Projektgeschäft, sondern: "Für uns verbessert das Leasing-Geschäft unsere Beziehung zum Kunden. Die Vermittlung findet über uns statt, Dienstleistung und Beratung ebenfalls. Wir kennen so die immer neuen Bedürfnisse unserer Kunden und bleiben so am Ball", meint der Stuttgarter. Auf die Frage, warum ausgerechnet IBM und nicht eine andere Leasing-Gesellschaft, antwortet er pragmatisch: "Erstmal sind die Konditionen in unserem Sinn. Und zweitens verkaufen wir 70 bis 75 Prozent IBM-Hardware, da liegt es auf der Hand, daß wir das Leasing-Geschäft mit diesem Hersteller abwickeln. Außerdem können spezifische Software-Produkte nur vom Anbieter selbst geleast werden." (ch)

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