Hermes-Studie

Lebensmittel-Einzelhandel drohen Einbußen durch Online-Handel

24.01.2022
Der Kreditversicherer Euler Hermes nennt es die "Online-Falle" des Lebensmittel-Einzelhandels. Denn je mehr er im Internet verkauft, desto mehr Gewinn geht demnach flöten. Geraten wird zu Partnerschaften mit Lieferprofis.
Derzeit werden Lebensmittel in Deutschland kaum online bestellt, doch der Trend zeigt nach oben. Die Zuwachsraten bei Lieferdiensten wie Gorillas, Flink und Bring deuten darauf hin.
Derzeit werden Lebensmittel in Deutschland kaum online bestellt, doch der Trend zeigt nach oben. Die Zuwachsraten bei Lieferdiensten wie Gorillas, Flink und Bring deuten darauf hin.
Foto: Maxx-Studio - shutterstock.com

Dem Lebensmittel-Einzelhandel drohen mit der Verlagerung des Geschäfts ins Internet laut einer Studie erhebliche Gewinneinbrüche. Anders als im stationären Handel sei der Online-Verkauf von Lebensmitteln derzeit unabhängig von der Art der Zustellung mit Verlusten verbunden, heißt es in einer der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Untersuchung des Kreditversicherers Euler Hermes. Da ein Teil der Wertschöpfungskette - Kommissionierung und Lieferung - quasi vom Kunden an den Einzelhändler zurückverlagert wird, stiegen die Kosten.

Die Folge: Bei einem durchschnittlichen Betriebsergebnis von 3,7 Prozent für den Lebensmitteleinzelhandel in Europa geht die Studie davon aus, dass jedes Prozent der Lebensmittelverkäufe, das online getätigt wird, einen Gewinn von mindestens 500 Millionen Euro bedroht - sofern die Margen im Online-Lebensmittelhandel bei null liegen, was schon optimistisch sei. Im schlimmsten Fall - bei einer Marge von minus zehn Prozent - könnten die Einbußen auf bis zu 1,9 Milliarden Euro steigen. Euler Hermes untersuchte nach eigenen Angaben die Märkte in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien.

"Der Lebensmitteleinzelhandel gehört ganz eindeutig zu den Krisengewinnern", sagte Branchenexperte für den Einzelhandel bei Euler Hermes, Aurélien Duthoit, mit Blick auf das Umsatzplus des vergangenen Jahres von 5,3 Prozent im europäischen und 7,9 Prozent im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel. Doch sei nicht alles Gold, was glänzt. "Denn die Zunahme beim Onlinehandel drückt auf die Margen und hinterlässt einen bitteren digitalen Beigeschmack." Derzeit liege der E-Commerce-Anteil in Deutschland bei drei, in Großbritannien bei elf Prozent - Tendenz steigend.

Die deutschen Lebensmittel-Einzelhändler seien bislang relativ zögerlich beim Ausbau ihrer Online-Angebote, so dass sich negative Margen im E-Commerce bisher weniger stark auswirkten, sagte Duthoit. "Aber: Jedes Prozent der Einkäufe, das sich ins Internet verschiebt, gefährdet auch in Deutschland immerhin rund 2,4 Milliarden Euro an Umsätzen und Gewinne zwischen 87 und 324 Millionen EUR." Die Zurückhaltung lasse zudem die Tür weit offen für neue Anbieter. "Diese könnten künftig genau in die kaum besetzte Online-Lücke stoßen und den etablierten Marktteilnehmern das Wasser abgraben."

Aus Sicht von Euler Hermes sollten Lebensmittel-Einzelhändler sich darauf konzentrieren, ihren Ladenmix anzupassen, digital aufzurüsten und Partnerschaften mit Playern einzugehen, die voll auf digitale Modelle setzten. "Da ist aktuell Musik drin", sagte Duthoit unter Verweis auf Lieferspezialisten wie Deliveroo, Delivery Hero oder Gorillas. (dpa/rw)

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