Lenovo: Jetzt geht’s endlich los!

18.03.2005
Zum Start der CeBIT bekam Lenovo endlich grünes Licht aus den USA für den Kauf der IBM-PC-Sparte. Marc Fischer, Deutschland-Chef der bisherigen PSG und neuen Lenovo, erörterte im ComputerPartner-Gespräch die nächsten Schritte.

Von Ulrike Goreßen

Marc Fischer, alter und neuer Deutschland-Chef, war spürbar erleichtert über das offizielle "Go" aus Amerika für den Verkauf der PC-Sparte von IBM an Lenovo. Interessanter Nebeneffekt der intensiven Nachverhandlungen:Das alte/neue Topmanagement hat im Zuge dieser Aktion sehr gute Kontakte zu Keyplayern in der amerikanischen Regierung bekommen.

Im ersten Schritt wird die PSG aus der IBM gelöst und als Lenovo und somit eigenständige Firma auf die Reise geschickt. Die Überführung der Mitarbeiter in die neue Firma wird in Wellen geschehen, wobei Deutschland zur ersten Welle gehört. Schweiz und Österreich kommen später.

Start am 1. Mai

"Da wir immer davon ausgegangen sind, dass der Deal klappt, gab es bei den Vorbereitungen keinerlei Verzögerungen", so Fischer. Dennoch seien jetzt Tausende Dinge zu tun, um wie geplant im zweiten Quartal zu starten. Momentan deute alles für Deutschland auf den 1. Mai hin.

In Deutschland und der Schweiz werden eigene GmbHs gegründet, in Österreich nur eine Unterabteilung. Anfangs wird Lenovo noch in den Räumlichkeiten der IBM bleiben, da der Kooperationsvertrag eine Übergangszeit von zwölf Monaten vorsieht. Da IBM gerade in der Schweiz einen neuen Tower baut, ist es sehr wahrscheinlich, dass Lenovo dort auf Dauer eine eigene Etage mit eigenem Eingang bezieht.

"Durch den Kooperationsvertrag werden wir einerseits ein IBM-Kunde, und auf der anderen Seite sind wir ein strategisch wichtiger Lieferant für IBM. Der Übergang in eine eigene Firma wird darum deutlich reibungsloser verlaufen als alle bisherigen Fusionen oder Aufkäufe", ist sich Fischer sicher. Dadurch würden Lenovo und IBM bei weitem nicht so massiv mit sich selbst beschäftigt sein, wie andere in der Vergangenheit. Dennoch hoffen die Wettbewerber darauf, in der Anfangsphase Marktanteile zu ergattern. Auf dem Weltwirtschaftsforum kürzlich formulierte etwa Michael Dell öffentlich, dass Dell massiv davon profitieren werde.

Fischer ist sich sicher, dass es so nicht sein wird. "Jetzt ist jeder gefordert, alles zu tun, damit der Wechsel so reibungslos wie möglich über die Bühne geht." Auf jeden Mitarbeiter käme anfangs Mehrarbeit zu. Immerhin würde eine neue Firma entstehen. "Und zwar eine Firma, die momentan noch kein eigenes Gesicht hat. Was nun entsteht, machen wir - und kein anderer. Und das ist die Botschaft an die Mitarbeiter."

Vor drei Wochen einigten sich Lenovo und IBM bezüglich der Mitbestimmung, also wie die neuen Mitarbeiterverträge aussehen werden. Vor der CeBIT wurden dann neue beziehungsweise Übergangsverträge an die Mitarbeiter geschickt, die sich nun bis Mitte April entscheiden müssen, ob sie mitgehen wollen. Fischer erwartet, dass rund 80 Prozent der Mitarbeiter zu Lenovo wechseln werden.

Lenovo Deutschland mit über 100 Mitarbeitern

Lenovo wird hingegen mit 20.000 Mitarbeitern weltweit ein Global Player sein. "In Deutschland und Österreich sind wir jedoch ein Mittelständler, hier zu Lande rechne ich mit 100 bis 130 Mitarbeitern. Sie dürfen sich aber nicht mehr in der Masse verstecken und müssen mit allen Kollegen auskommen. Da kommen bei manchen Ängste hoch. Andere hingegen sehen die Chance, sich als Leistungsträger zu profilieren. Fehler, Faulheit oder schwache Leistungen des Einzelnen fallen sofort dem Team auf. Das alles ist für mich auch mittelständisch."

Noch nicht endgültig geklärt ist die Standortfrage. Als Business-Unit des IBM-Konzerns war die PSG an 19 verschiedenen Standorten in Deutschland vertreten. Alle Mitarbeiter bekamen auf der Basis der oben genannten Verträge Angebote, die sie bei Lenovo nicht schlechter stellen als zuvor. Erst im Laufe der Zeit wird sich wohl herauskristallisieren, welche bleiben und welche ausgebaut werden. Sowohl IBM als auch Lenovo behalten jedoch das Headquarter in Stuttgart Vaihingen. Und Mainz/Frankfurt sowie Düsseldorf und Hamburg sind laut Fischer bereits heute starke Standorte. An anderen für ihn wichtigen Standorten, etwa München, sei Lenovo momentan jedoch unterrepräsentiert.

Nun komme es darauf an, wie sich die Mitarbeiter entscheiden, damit im zweiten Schritt bei Bedarf neue Leute eingestellt werden können. Als Beweis, dass Lenovo auf dem richtigen Weg sei, auch wenn es die Firma noch gar nicht offiziell gäbe, sieht Fischer in den Bewerbungen externer Leute von Konkurrenzunternehmen.

Die Frage der Ausweitung des Lenovo-Angebots, etwa mit Produkten für den Soho- oder Consumer-Markt, stellt sich für Fischer frühestens nächstes Jahr. Und dann sehr vorsichtig, denn die Erfahrungen von IBM in der Vergangenheit in diesem Segment waren ja nicht sehr gut.

Das sei auch der Grund, warum er das Thema Retail ganz weit zurückstellt, obwohl viele Distributoren, mit denen Fischer bereits die zukünftige Zusammenarbeit besprochen habe, auf einen baldigen Start drängen.

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