Foto: Lenovo
Im vergangenen Jahr hat Infinidat (erneut) sein Partnerprogramm erweitert und dabei unter anderem eine zusätzliche Hierarchieebene auf DACH-Ebene installiert, die mit Richard Connolly besetzt wurde (früher Palo Alto Networks, Hitachi Vantara). Jetzt hat bei dem von Analysten schon länger gelobten Anbieter Lenovo zugeschlagen: Das Unternehmen will damit sein eigenes Storage-Angebot diversifizieren.
"Dieser Schritt wird Lenovos Enterprise-Speicherangebot weltweit weiter stärken und unterstreicht das Engagement, innovative Speicherlösungen bereitzustellen, die den sich entwickelnden Anforderungen moderner Rechenzentren gerecht werden", teilt der Käufer mit. "Mit den starken Speicherlösungen und Forschungs- und Entwicklungskapazitäten von Infinidat wird die Transaktion strategische Synergien mit dem Infrastrukturlösungsgeschäft und den Enterprise-Speicherkapazitäten der Gruppe schaffen."
Was Lenovo mit Infinidat vorhat
Infinidat ist vor allem bei hochgradig leistungsfähigen, geschäftskritischen, sehr skalierbaren und resilienten Speicher-Produkten gut aufgestellt und kann auf viele Eigenentwicklungen zurückgreifen. Dass es damit vom selben Schicksal ereilt wird, wie viele andere High-End-Storage-Spezialisten zuvor, und von einem breiter aufgestellten Anbieter gekauft wird, ist nicht erstaunlich.
Lenovo sieht die Infinidat-Produkte als Ergänzung seiner Speicherlösungen der Einstiegs- und Mittelklasse für Unternehmen nach oben. Man habe nun ein umfassendes Portfolio an Flash- und Hybrid-Arrays, hyperkonvergenter Infrastruktur (HCI), softwaredefiniertem Speicher (SDS) und Datenverwaltungslösungen (Lenovo TruScale).
Wie Infinidat bisher positioniert war
Wie üblich, hatte Infinidat sich seine Marktnische auch mit dem Versprechen erkämpft, deutlich günstiger zu sein als etablierte Anbieter. Das ist immer einfach, wenn man keine installierte Basis zu verlieren und keine Vorgeschichte hat. Als Distributoren unterstützten dabei bisher ADN, Arrow und Exklusive Networks - von denen bisher nur Arrow auch eine direkte Beziehung zu Lenovo hat.
Ob unter dem Lenovo-Dach der gesamte Kostenvorteil erhalten bleiben wird, ist deshalb nicht sicher - ebensowenig wie die bisherigen Vertriebswege. Für Infinidat könnten sich sicher auch die bisherigen Lebnovo-Distributoren TIM AG, Bytec oder Also und TD Synnex interessieren.
Positiv für Infinidat ist, das jetzt schnell die bewährte und breit aufgestellte Lenovo-Vertriebsmaschinerie und -Partnerlandschaft zur Verfügung steht. Damit kann der Schritt von der recht selektiven Channel-Erweiterung hin zu einem deutlich breiteren Angebot und damit mehr Präsenz im Markt sicher deutlich schneller bewältigt werden. Außerdem hat Lenovo bereits Zugang zu Kunden, die sich bisher auf Spezialisten wie Infinidat nicht einlassen wollten.
Für Lenovo dürften neben den Storage-Fähigkeiten auch die zuletzt mehrfach gestärkte Ausrichtung von Infinidat auf Datensicherheit und Cyberresilienz interessant sein. Diese Aspekt speilt neben dem Rennen um größere, schnellere und günstigere Storage-Kapazitäten eine immer wichtigere Rolle.
Infinidat als ein Verlierer der Marktneuordnung
Aber auch aus Sicht von Infinidat kommt der Kauf zum rechten Zeitpunkt. Das mehrere Jahre auch von Gartner als "Leader" im Magic Quadrant für Primärstorage (in dem Lenovo übrigens bisher nicht auftauchte) eingestufte Anbieter, rutschte im vergangenen Jahr in die "Herausforderer"-Kategorie ab, weil Gartner die Messlatten für seine Bewertung neu ausgerichtet hatte.
Den Analysten ging es dabei darum, den von ihnen erkannten Trend einzubeziehen, wonach es künftig nicht mehr ausreicht, Hard- und Software für On-Premises Block Storage Arrays anzubieten, sondern auch der Betrieb in den gängigen Public Clouds, eine nutzungsabhängige Abrechnung und durchgängige Cyberresilienz von den Kunden erwartet wird - gerade im oberen Marktsegment.
Fahrplan und Volumen der Transaktion
Die Transaktion muss jetzt noch von den zuständigen Behörden genehmigt werden. Da es sich um ein israelisch-amerikanisches Unternehmen handelt und der Käufer eine chinesische Firma ist, könnte die mit dem neuen US-Präsidenten noch interessant werden - auch wenn von der Marktposition der beiden Akteure her nicht gegen einen Zusammenschluss spricht.
Finanzielle Details der Transaktion wurden nicht bekannt gegeben. Wie viel Lenovo zahlen muss, ist schwer abzuschätzen. Nach einer Serie-C-Finanzierungsrunde im Jahr 2017 wurde Infinidat mit 1,6 Milliarden Dollar bewertet. Es hatte bis dahin von Investoren 325 Millionen Dollar eingesammelt. Bei der bisher letzten Finanzierungsrunde im November 2020 wurden weder zu der Höhe des neuen Investments (großteils durch bestehende Investoren) noch der neuen Bewertung Angaben gemacht. Allerdings entwickelte sich der Umsatz des Unternehmens in den vergangenen Jahren durchaus positiv. Ein Preis über einer Milliarde Dollar ist also durchaus wahrscheinlich.
Infinidat erneuert und erweitert sein Partnerprogramm