Leserbrief

05.09.1997
Zum Gastkommentar von Hans Knürr in ComputerPartner 7/97, S. 8.Anscheinend hat die Knürr AG seit kurzem einen Betriebsrat oder ist gerade einer Einigungsstelle unterlegen, anders ist die wüste Gewerkschaftsschelte ihres Vorstandsvorsitzenden nicht zu erklären.

Zum Gastkommentar von Hans Knürr in ComputerPartner 7/97, S. 8.Anscheinend hat die Knürr AG seit kurzem einen Betriebsrat oder ist gerade einer Einigungsstelle unterlegen, anders ist die wüste Gewerkschaftsschelte ihres Vorstandsvorsitzenden nicht zu erklären.

Ich stimme durchaus zu, daß Kohls Kenntnisse der Volks- und Betriebswirtschaft mit denen mancher Funktionäre vergleichbar sind, ebenfalls wäre ich erfreut, wenn wir nur 4,6 Millionen Arbeitslose hätten, anstatt 4,6 Millionen Arbeitslosengeldempfänger, wie es richtigerweise heißen müßte, aber daß die Gewerkschaften Schuld an der "Investitionsmüdigkeit" der deutschen Unternehmer sind, ist für mich der größte Unfug seit der Standortdiskussion. Müdigkeit und Trägheit entsteht meines Erachtens durch die langjährige Dickfütterung freidemokratischer und christlicher Arbeitsplatzvernichter. Erst durch die Arbeitslosigkeit sinkt die Kaufkraft, steigen die Gewinne der Konzerne und Banken und gleichzeitig die Verschuldung des Bundes, der Länder und Gemeinden.

Arbeitslosigkeit entsteht nicht durch die 35-Stunden-Woche oder Einkommenssteigerungen auf Inflationsniveau, sondern durch die Perversität der Kapitalgesellschaften, Gewinne immer wieder steigern zu müssen. Wenn dann die in Deutschland erworbenen Gelder, mangels Verantwortung und Raffgier ins Ausland geschafft oder mit zweifelhaften finanztechnischen Kraftakten versteckt werden, soll das die Investitionsmüdigkeit sein?

Außer der Wiedereinführung der Leibeigenschaft sehe ich im Kommentar des Herrn Knürr keine weiteren Vorschläge zur Verbesserung des Gesamten, wobei das Vernichten von Gewerkschaften sicherlich nicht zur Belebung der Binnenkonjunktur geeignet ist. Andererseits, bei einer annähernden Vollbeschäftigung und entsprechenden Einkommenssteuereinnahmen haben Städte und Gemeinden wieder eine Chance, hochwertige und hochpreisige Produkte wie die unseren kaufen zu dürfen.

Es ist die Politik, Herr Knürr, die unseren Binnenmarkt vergeigt, nicht die Gewerkschaften und es ist die sogenannte christliche und freidemokratische, denn diese Damen und Herren tragen die Verantwortung für die derzeitige Misere.

Dem Binnenmarkt helfen nur Arbeitsplätze, die entstehen durch Nachfrage und die wiederum durch Kaufkraft.

Wer kein Geld verdient, kann keines ausgeben, aber wer Gewinne nicht reinvestiert, sollte über 70 Prozent Steuern zahlen und das möglichst überall auf der Welt, damit dieser Kapitaltourismus endlich beendet wird, und das Geld da bleibt, wo es erarbeitet wurde. Ob nun von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern oder nicht. Dies wäre mein Vorschlag zur Verbesserung der volkswirtschaftlichen und soziologischen Situation.

Karl-Erich Weber ist Inhaber des Computerlädches in Bühl-Iggelheim.

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