Leserbrief

06.10.1998

Zum Leserbrief "Wer ruiniert den Handel?" von Peter Stempner inComputerPartner Nr. 11/98 erreichte uns folgende Zuschrift:

Seit ich Ihren Leserbrief las, geht mir ein Gedanke nicht mehr aus dem Kopf: Sind es nicht genau Ihre Ansichten, die den PC-Handel "ruinieren"? Ich möchte hier einen Ihrer Sätze zitieren, der mir richtig Sorgen macht: "Schuld ist ein Überangebot von Schraubern und kleinen Computerläden, die in Konkurrenz zu den größeren und etablierten Firmen auf Marge verzichten und Dienstleistungen gar umsonst angeboten haben". Ihr Leserbrief treibt mir im ersten Moment zwar ein Grinsen ins Gesicht, aber näher betrachtet, macht es mir angst, denke ich nur an die Folgen, wenn derartiges in Publikation wie der Computerbild veröffentlicht würde.

Wir arbeiten in einem Geschäft, das von geringen Margen und jeder Menge Arbeit bei geringer Entlohnung strotzt. Aber: Wir haben es so gewollt. Und wir müssen damit leben. Wir müssen uns anpassen, auf Gepflogenheiten und Margen, wie sie uns Dis-counter Media Markt und jetzt eben auch Aldi und Lidl vorleben. Wenn Sie das nicht beherrschen, dann arbeiten sie in der falschen Branche.

Nicht die von Ihnen beschimpften "Schrauber und Kleinunternehmer" sind schuld. Nein, es sind Leute wie Sie, die meinen, die Preise mit hohen Margen und Stundensätzen für simple Serviceaufträge halten zu können. Doch Sie vergessen da ein kleines Detail: Kein Kunde ist blöd. Und dank bunter Zeitschriften wie PC-Welt und Co. lernt doch jetzt schon jede Sekretärin mal flugs nebenbei, wie man

einen Rechner baut.

Und das Problem daran ist, daß Service die Daseinsberechtigung für unser Geschäft ist. Und: Service heißt Dienstleistung, und zwar FÜR den Kunden. Und der muß nicht immer Geld kosten. Denn den Discount haben wir, wie Sie richtig ausführen, schon verloren. Unsere Aufgabe ist jetzt, den Kunden durch perfekten Service und perfekte Technik vom Fachmann zu überzeugen. Um auf Ihren Satz zurückzukommen, stellen sich dem aufmerksamen Leser natürlich folgende Fragen: Wie zum Teufel überleben diese Leute ohne Marge und Servicestunden? Und was zum Geier ist ein Schrauber? Lassen Sie mich raten: Alles unter einer GmbH? Um es auf den Punkt zu bringen: Ich halte Ihren Standpunkt für ausgemachten Schwachsinn. Jeder Marktforscher wird Ihnen zeigen, daß die zunehmende Aufklärung diese Gefügeveränderungen verursachen. So war es auch schon bei Foto und Hifi. Nur liegt das schon länger zurück. Und wenn sie das nun den Assemblierern in die Schuhe schieben, stellt sich mir die Frage: was mach ich eigentlich hier? Und mir als Assemblierer fällt dabei noch auf, daß gerade die "etablierten Firmen" den Preisverfall forciert haben. Wenn ich jede Woche die bunten Offerten der Mailorder-Unternehmen sehe, deren Preise sich wieder mal bei meinen HEK eingepegelt haben, überkommt mich permanent die Mutlosigkeit. Und nun erläutern Sie mir mal, wie ich meinen aufgeklärten Kunden erkläre, warum die Aufrüstung des Arbeitsplatzes mehr kostet als die Einzelteile die sie sich logischerweise vorher in der Zeitung zusammengesucht haben? Und da wollen Sie erzählen, daß wir die Kunden so erzogen haben.

Was mich verwundert: Wieso reden Sie als Vertreter einer "etablierten" Firma so beeindruckt von den Food-Discount-Aktionen? Reden wir doch mal in Zahlen: Wie groß war die Einbuße, und was bedeutet das für Ihr Unternehmen? Und jetzt setzen wir mal die vielen "Schrauber" dagegen, die jedes Quartal scheitern, um letztendlich am Sommerloch zu verrecken. Wir sind es, die von diesen Aktionen betroffen sind: die Assemblierer, die Sie so herablassend als Schrauber bezeichnen. Wachen Sie auf! Die Erde ist keine Scheibe, und unser Geschäft wird nicht besser, wenn Leute wie Sie die Kollegen aus der eigenen Branche als Sündenböcke für ihre eigenen Versäumnisse mißbrauchen.

Andreas Günther, Geschäftsführer der CTS Informationssysteme

(guenther.cts@t-online.de)

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