Leserbriefe

22.05.1998

Was eine Kooperation leisten mußZu unserer Berichterstattung über Kooperationen im Computerhandel

(Nr. 5/98, Seite 88ff.):

Zu Ihrer Untersuchung über das Verhalten von PC-Fachhändlern gegenüber Kooperationen scheint mir einiges nicht so zwingend, wie von Ihnen dargestellt: Der Zwang, in eine Kooperation einzutreten, ist relativ. Zumindest im Vergleich zu den Kooperationen der UE. Nur solange die Kooperation folgende Kriterien erfüllt, kann sie für den PC-Fachhändler interessant sein:

- gesicherte bessere (mindestens gleiche) Margen pro Produktlinie,

- geringeres Risiko der Lagerobsolescence,

- schnelles und gezieltes Reduzieren von lokalen Know-how-Schwächen,

- zusatznutzen aus imagemäßig gut positionierter "Über"-Marke,

- gegebenenfalls regionale Exklusivitäten bei gesuchten Innovationen,

- keine Verschlechterung der Lieferfähigkeit - eher Verbesserung,

- Entlastung in Administration und Lobby-Fragen.

Diese Liste ist ein Muß! Denn der PC-Händler hat es im wesentlichen mit einer anderen Zielgruppe und Kaufmotiven bei seiner Käuferschaft zu tun. Während zum Beispiel in der UE der Abverkauf sehr stark markenorientiert (Familienkauf) und nur teilweise feature-gebunden abläuft, ist im PC-Markt die Marke von beschränkter Stärke (wenn überhaupt). Zum zweiten spielen technische Eigenschaften eine viel größere - und wirklich bedeutendere - Rolle beim PC-Kauf. Dies fordert wirkliche Fachkompetenz, sowohl bei Verkäufer als auch beim Käufer. Oder, wenn der Käufer diese nicht hat, viel höhere Fachkompetenz (und Glaubhaftigkeit) des Händlers als in der UE.

Der PC-Fachhändler wird in dieser Herausforderung vom Kooperationspartner heute noch kaum unterstützt (siehe den Erfahrungsbericht und das Niveau der aufgetretenen Probleme).

Eine weitere Herausforderung sind die Preisverläufe im PC-Geschäft. Sie wissen, wie schnell die Preise verfallen. Jedes "Zwischenglied" zwischen Markt und Hersteller verlängert (potentiell) die Durchlaufzeit der Preise und bedroht somit die lokale Wettbewerbsstärke. Nur wenn Kooperationen das sichere Gefühl vermitteln können, daß der Partner hier nicht zu Schaden - zu später Preise - kommt, werden sie interessant. Wie wird das gehen? Lagergutschriften? Von den Unterschieden im individuellen Kaufverhalten des PC-Käufers zum UE-Käufer ganz zu schweigen. Oder kennen Sie einen Fernsehkäufer, der sich gegebenenfalls seinen Fernseher selbst zusammenbaut, der ein aktuelles BIOS für seinen Videorekorder sucht oder ständig neue Treiber braucht?

Long story short! Kooperationen im PC-Geschäft müssen sicher sehr anders funktionieren als im UE-Bereich. Nicht nur müssen sie den oben genannten Katalog erfüllen, sie müssen vor allem die - sicher deutlich beschreibbaren - Defizite des lokalen PC-Händlers deutlich (und margenattraktiv) ergänzen, nur dann werden sie angenommen werden.

Rainer-Lionel d'Arcy, Prinzipal der Unternehmensberatung Triconsult in Kelkheim

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