LG Electronics nimmt die Händler unter die eigenen Fittiche

04.03.1998

WILLICH: Nach einem ziemlich verkorksten Jahr backt die LG Electronics Deutschland GmbH 1998 kleinere Brötchen. Weil angekündigte Produkte immer wieder ausbleiben, muß jetzt der Vertrieb ran und die Scharte auswetzen.Die Cebit war der letzte Auftritt von Michael Badke als Vertriebs- und Marketingdirektor der LG Electronics Deutschland GmbH in Willich. Ab Mai steht er bei Quelle Schickedanz in Nürnberg auf der Payroll. Er übernimmt als Senior Product Manager mit Gesamtprokura die Verantwortung für den gesamten Elektronikbereich. Das Produktspektrum reicht von der weißen über die braune Ware bis hin zu Telekommunikation und Informationstechnik. Schickedanz (Quelle, Karstadt) setzt mit diesem Sortiment nach Angaben von Badke rund drei Milliarden Mark um. Dabei soll es nicht bleiben. Badke will den Umsatz mittelfristig auf fünf Milliarden Mark nach oben drücken. Die Position des Marketing- und Vertriebsdirektors soll bei LG Electronics nicht wieder besetzt werden. Einer der Gründe: Es gibt keinen "fertigen" Manager, der sich in allen Bereichen, die LG abdeckt, auskennt. Die Aufgaben von Badke teilen sich mehrere Ressortchefs als Vertriebsleiter. Für den Bereich Informationstechnik ist dies Steffen John, der vor kurzem von ADI Kulkoni nach Willich umzog und gleich noch ein paar Mitarbeiter von seinem früheren Arbeitgeber mitbrachte.

Umsatzziel weit verfehlt

Daß für den Ex-McKinsey-Mann Badke das Angebot von Quelle Schickedanz gerade zur rechten Zeit kam, will man gerne glauben. Denn das letzte Jahr war für die LG Electronics Deutschland nicht gerade ein Highlight in der Unternehmensgeschichte. Das ist am Umsatz deutlich abzulesen: Statt der geplanten Ausweitung auf 350 bis 400 Millionen Mark (siehe ComputerPartner Nr. 6/97, S. 26f.) blieb LG Electronics bei 290 Millionen Mark hängen. Nur zehn Millionen Mark mehr als 1996. Auch das Absatzziel von 150.000 bis 170.000 Monitoren blieb unerreicht. Inklusive der No-Brand-Produkte schafften es die Willicher gerade mal, "nahe an die 150.000" (Badke) zu kommen.

Die Gründe für die Zielverfehlung sind schnell erzählt:

- der bereits auf der Cebit 1997 vorgestellte und für den Herbst letzten Jahres angekündigte Handheld-PC läßt bis heute auf sich warten. Die Markteinführung ist um ein Jahr verschoben - die für das Weihnachtsgeschäft 1997 angekündigten Notebooks werden "auf Sicht" (John) nicht kommen. Erst wenn LG es geschafft hat, mit dem Handheld zehn Prozent Marktanteil zu erreichen, wollen sie es mit dem Notebook versuchen.

- der Hoffnungsträger aus dem letzten Jahr im Monitor-Bereich, der Flatron-Bildschirm, ist ebenfalls nicht verfügbar. "Der Flatron-Monitor ist wie eine Fata Morgana. Man darf nicht zu nah ran gehen, dann verschwindet er", erklärt ein Insider. Mit dem Eintreffen dieses Monitors aus Korea rechnet man in Willich nicht vor Oktober/November dieses Jahres

- darüber hinaus ist das sogenannte "Re-Branding" von Goldstar auf LG Electronics nicht so vorangekommen wie gewünscht. Es standen nicht genug Finanzmittel zu Verfügung.

"Wir hatten im letzten Jahr kein Highlight", ärgert sich Badke. Man muß abwarten, ob sich die Lage in diesem Jahr bessert. Mit einem

15,1 Zoll-TFT-Monitor, der auch verfügbar sein soll, steht zwar ein zukunftsweisendes Produkt bereit, doch ist dieses Marktsegment noch in der Aufbereitungsphase. Recht gut sieht es dagegen nach Angaben von Vertriebsleiter John bei CD-ROM- und DVD-Laufwerken aus.

Direktbelieferung von 350 Vertriebspartnern

Mit einer verstärkten Hinwendung zum Fachhandel will John in diesem Jahr mehr Druck machen. Push statt Pull lautet die Devise. Dazu zählt in erster Linie, daß LG jetzt dazu übergeht, Händler direkt zu beliefern, vor allem in den Regionen, wo das Unternehmen bisher nur schwach vertreten ist (zum Beispiel Ostdeutschland). Davon erwartet John unter anderem auch eine besser Marge für LG. Rund 300 Händler und 50 Systemhäuser will er unter die eigenen Fittiche nehmen. Ein weiteres Ziel: John will zwei oder drei der großen Industrieprojekte gewinnen.

Den Umsatz will der LG-Vertriebsleiter in seinem Ressort Informationstechnik bei 140 bis 150 Millionen Mark in etwa auf Vorjahresniveau halten. Dafür muß er den Absatz um etwa 20 Prozent ausweiten. (sic)

Kein leichtes Amt übernommen: Steffen John, Vertriebsleiter

bei LG Electronics.

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